Freitag, 29. August 2008

Video: Tag X /27.08.2008

gefunden bei YouTube

Das Video zeigt auf humorvolle Weise, wie es im Wendland zugeht, wenn der Castor kommt. 4:05min
Bundesweite Demo
am 08. November 2008 in Gorleben.
Wer kann, der kommt.

Montag, 25. August 2008

Jochen Stay: Das Desaster von Asse II kann sich wiederholen /21.08.08

Strahlenkatzenjammer
Das Desaster von Asse II kann sich wiederholen: Denn das undichte Endlager für Atommüll ist nur eine Versuchsstätte für den großen Stollen in Gorleben.
von Jochen Stay

Die Leserinnen und Leser brauchen starken Nerven: In dem Buch »Warnungen an die ferne Zukunft« sind die Beiträge eines Wettbewerbs unter Semiotikern veröffentlicht. Semiotiker sind die Wissenschaftler, die sich mit Zeichen beschäftigen. Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs war: Welche Kommuni­ka­tionsmethoden sind geeignet, unsere Nachkommen noch in 10 000 Jahren wissen zu lassen, wo radioaktiver Atommüll lagert und welche Orte man deshalb besser meidet?

Riesige Monumente wie in Stonehenge werden vorgeschlagen, wobei so etwas bekanntlich Schatz­gräber eher anlockt als abstößt. Genma­nipulierte Katzen sollen bei Strahlung ihre Fellfarbe ändern, und ein Märchen soll dann die ­Botschaft von der »Strahlenkatze« über die Zeit retten. Einer schlägt gar die Gründung einer »Atompriesterschaft« vor, da in politisch instabilen Zeiten wie z. B. dem Mittelalter allein in Klöstern altes Wissen bewahrt werden konnte.

Die Gedankenspiele der Semiotiker machen nicht den Eindruck, als sei das Problem vernünftig lösbar. Im letzten Kapitel des Buchs zieht ­Su­sanne Hauser vom Frauenforschungszentrum Berlin ein ernüchterndes Resümee: »Der Müll steckt längst in uns.« Es habe keinen Sinn, über die langfristige Kennzeichnung von Lagerstätten für Atommüll zu diskutieren, wenn große Mengen strahlender Stoffe bereits heutzutage in die Bio­sphäre entwichen.

Ganz ähnlich mutet die derzeitige Diskussion um die Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Bundesrepublik an. Umweltminister Sigmar Ga­briel (SPD) lässt verkünden, der Atommüll müsse für eine Million Jahre sicher gelagert werden. Andererseits erfahren wir seit Monaten immer mehr darüber, dass es im so genannten »Versuchsendlager« Asse II in der Nähe von Wolfenbüttel noch nicht einmal vier Jahrzehnte lang möglich war, das Bergwerk dicht zu halten. Stattdessen zeigt sich Murphys Gesetz in mustergültiger Form: Ein­sturzgefahr, Wasser dringt ein, radioaktive Laugen treten aus, Grenzwerte werden nicht eingehalten, außer dem genehmigten schwachaktiven Müll wurden auch Kernbrennstoffe eingelagert. Die Fortsetzung folgt.

All dies war den Betreibern und Behörden jahre­lang bekannt, wurde aber vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Es ist eigentlich höchste Zeit, den Versuch, ein »Versuchsendlager« zu betreiben, abzubrechen. Aber mehr als 12 000 Fässer voller Atommüll wurden so ins Salzbergwerk gekippt, dass eine Rückholung äußerst teuer wäre und nebenbei auch hochriskant für die mit ihr befass­ten Arbeiter.

Die Aufarbeitung des Desasters in Asse II wird uns wohl noch Jahre beschäftigen. Doch das ist nur das Vorspiel für den eigentlichen Konflikt: Schließlich wurde das Bergwerk bei Wolfenbüttel von der Atomlobby immer als leuchtendes Vorbild für das eigentliche, große »Atomklo« im Salz­stock von Gorleben gepriesen.

In Gorleben wurden bisher mehr als 1,5 Milliar­den Euro ausgegeben, um zwei 800 Meter tiefe Schächte und einige Stollen ins Salz zu treiben. Atommüll befindet sich dort unten noch nicht. Er wird oberirdisch in Castor-Behältern in einer gewöhnlichen Lagerhalle aufbewahrt. Seit dem Jahr 2000 gibt es einen Baustopp im Bergwerk. Die rot-grüne Bundesregierung vereinbarte im »Atomkonsens« mit den Stromkonzernen ein zehn­jähriges Moratorium, um in dieser Zeit nach Alternativen zum Gorlebener Endlager zu suchen. Nun sind die zehn Jahre Pause bald vorüber, und nichts ist passiert, außer dass täglich in den AKW weiterer Atommüll anfällt.

Zudem scheint sich die Geschichte von Asse II zu wiederholen Sigmar Gabriel hat die aus dem Jahr 1979 stammenden Sicherheitskriterien für ein zukünftiges Atommüll-Endlager aktualisieren lassen. Mit ihnen will er sich nun auf die Suche nach einem geeigneten Ort machen. Bisher galt das »Mehrbarrierenprinzip«: Grundvoraussetzung war, dass sich über dem eigentlichen Salzgestein ein wasserdichtes Deckgebirge befinden musste. Diese Bedingung wurde nun gestrichen. Wie es der Zufall will, fehlt dieser schützende Deckel gerade in Gorleben. Der dortige Salz­stock hat direkten Kontakt zum Grundwasser.
Quelle:
Jungle World

Sonntag, 24. August 2008

Doch hochaktiver Müll in Asse? 23.08.08

Vor 30 Jahren wurden abgebrannte Brennelemente eingelagert
Von Reimar Paul

Im niedersächsischen Atommüllendlager Asse liegt entgegen offiziellen Beteuerungen doch hochradioaktiver Abfall. Diesen Vorwurf erheben Bürgerinitiativen, atomkritische Wissenschaftler und Politiker der LINKEN. Gleichzeitig wurde bestätigt, dass die radioaktiv belastete Lauge im Bergwerk aus korrodierenden Atommüllfässern stammt.

Dokumente, deren Kopien dem ND vorliegen, zeigen, dass zwischen 1973 und 1976 mindestens 94 Fässer mit kugelförmigen Brennelementen aus einem Versuchsreaktor im Kernforschungszentrum Jülich in die Asse gebracht wurden. Die Fraktion der LINKEN im Niedersächsischen Landtag spricht sogar von »mehreren hundert Fässern mit hochradioaktivem Atommüll« in der Asse. Zwar deklarieren die Begleitpapiere die radioaktiven Kugeln als schwach aktiven Müll, doch der Göttinger Chemie-Professor Rolf Bertram sagt: »Die Grafitkugeln sind bestrahlte Brennelemente und fallen natürlich unter die Rubrik hochradioaktiv.«

Die in Beton eingegossenen Grafitkugeln aus dem Versuchsreaktor enthalten den Papieren aus Jülich zufolge unter anderem die radioaktiven Stoffe Cäsium-134, Scandium-46, Europium-154, Ruthenium-155, Antimon-124 sowie das radioaktive Kohlenstoff-Isotop C-14. Bertram wies gestern zudem daraufhin, dass sich im Endlager Asse rund ein Kilogramm des hochradioaktiven Stoffes Americium-241 befindet. »Americium ist ein Zerfallsprodukt von Plutonium und der stärkste Alpha-Strahler, den es überhaupt gibt«, so der Wissenschaftler. Bertram ist einer von drei Experten, die den Landkreis Wolfenbüttel zum Thema Asse fachlich beraten.

Die Grafitkugeln stammen aus einem von 1959 bis 1966 in Jülich gebauten Prototypen für den später in Hamm errichteten Hochtemperaturreaktor (HTR). Hochtemperaturreaktoren werden mit Gas statt mit Wasser gekühlt. Sowohl der Versuchsreaktor in Jülich als auch der Leistungsreaktor in Hamm wurden nach etlichen Pannen stillgelegt.

Unterdessen bestätigen neue Untersuchungen, dass die bislang ungeklärte radioaktive Vermischung von Salzlauge in der Asse von verrostenden oder undichten Atommüllfässern in mindestens einer Lagerkammer herrührt. Nach dem vom Umweltministerium in Hannover vorgestellten Gutachten der Technischen Universität Clausthal und des Forschungszentrums Jülich hat die Lösung Kontakt mit dem Atommüll gehabt. Die mit Cäsium-137 und anderen radioaktiven Stoffen verstrahlte Lauge tritt seit Jahren in 750 Metern Tiefe auf. Grenzwerte wurden zum Teil um das Zehnfache überschritten. Laugenzuflüsse gibt es zudem in höheren Bereichen des Endlagers, dort dringen täglich etwa zwölf Kubikmeter Flüssigkeit in das Bergwerk ein.

Der Landrat von Wolfenbüttel, Jörg Röhmann (SPD), wirft dem Betreiber des Bergwerkes Versäumnisse vor. Den Umgang mit radioaktiv belasteter Lauge bezeichnete Röhmann als »undifferenziert und planlos«. Er sagte: »Das sind Bergleute, die verstehen bis heute nicht, dass es um hoch gefährliche Atomabfälle geht.«

Die Grünen-Landtagsfraktion sieht sich in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt. »Ganz offenbar lecken die Fässer schon nach 30 Jahren«, sagt Fraktionschef Stefan Wenzel. Zugleich kritisierte er, die Öffentlichkeit werde nur scheibchenweise informiert.
Quelle:
Neues Deutschland

Saubere Energie statt Kohle und Atom! /22.08.08

Seit dem 25.7. ist ein ganz besonderes Gefährt auf Elbe-Tour: das Holzfloß ROBINA WALD.
Gebaut haben es AktivistInnen von ROBIN WOOD. Sie wollen damit auf der Elbe bis nach Hamburg reisen und entlang der Strecke Menschen dazu bewegen, sparsamer mit Energie umzugehen und zu einem Ökostromanbieter zu wechseln.

Die Tour steht unter dem Motto "Saubere Energie statt Kohle und Atom" und richtet sich insbesondere gegen die vier Energieriesen E.ON, EnBW, RWE und Vattenfall. Denn diese Konzerne wollen den dringend notwendigen Atomausstieg verhindern und planen den Bau von mindestens 20 neuen Kohlekraftwerken, die auf Jahrzehnte das Klima mit riesigen Mengen CO2 belasten werden.

ROBIN WOOD fordert hingegen eine konsequente Energiewende und informiert alle FloßbesucherInnen darüber, wie sie selbst Energie sparen, den Stromanbieter wechseln und politisch aktiv werden können.

Wir laden alle recht herzlich dazu ein, uns auf dem Floß zu besuchen!

Besuchszeit ist täglich von 11 bis 20 Uhr. An Bord gibt es aktuelle Infos rund ums Thema Energie, Stromsparen und Ökostrom.

Den Tourplan und weitere aktuelle Infos zum Floß gibt's unter:
www.flosstour.de

Atomkraftgegnerin soll wegen 5 Euro Bußgeld ins Gefängnis /20.08.08

gelesen bei RedGlobe
Weil sie sich im Jahr 2006 an einer Demonstration gegen den damals bevorstehenden Castortransport auf der Schiene im Wendland beteiligt hatte, wurde eine Lüneburger Atomkraftgegnerin am 14. November 2007 zu einem Bußgeld in Höhe von 5 (fünf!) Euro Bußgeld verurteilt. Da sich die Betroffene weigert, dieses Bußgeld zu zahlen, soll sie nun einen Tag ins Gefängnis. Die Richterin am Amtsgericht Hannover, Busch, verhängte Erzwingungshaft gegen die 26-jährige. Spätestens am gestrigen Dienstag, 19. August 2008, hätte die wegen ihrer spektakulären Kletteraktionen auch als "das unbeugsame Eichhörnchen" bekannte Cécile Lecomte die Haft in der Justizvollzugsanstalt Vechta, Abt. Hildesheim, antreten müssen.

Kurz vor Ablauf der Frist teilte die junge Frau jedoch mit, dies nicht zu tun und richtete einen offenen Brief an das Gericht, indem sie ihre Beweggründe erklärt. "Gehorsam kann man nicht erzwingen", so die in Lüneburgerin. "Ich weiß wofür ich stehe. Ich halte den gewaltfreien Protest gegen eine menschenverachtende Technologie wie die Atomernergie für legitim und notwendig - auch wenn nicht legal." Die junge Frau ist bereits wegen zahlreicher politischer (Kletter-)Aktionen bekannt und nimmt die Folgen dieser gewaltfreien Proteste bewusst in Kauf, aber nicht ohne sich dagegen zu wehren: "Nicht bezahlen, nicht freiwillig kommen, das ist mein Weg, meine Handlung politisch zu verteidigen, dazu zu stehen."

Wann die Aktivistin von der Polizei verhaftet und nach Hildesheim gebracht wird, ist unklar. Ein Haftbefehl soll vermutlich in den kommenden Tagen erlassen werden.

30 Gruppen und Organisationen sowie über 90 Personen aus mehreren Ländern haben sich mit dem Vorgehen der aus Frankreich stammenden Aktivistin solidarisch erklärt und Protestschreiben an das Gericht verschickt. Das "Eichhörnchen" hatt ausserdem wegen der Unverhältnismäßigkeit der Erzwingungshaft für 5 Euro Bußgeld Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Nachstehend dokumentieren wir den offenen Brief im Wortlaut.

Von
Cécile Lecomte (Eichhörnchen), Lüneburg
Unterstützt durch zahlreichen Menschen und Organisationen (Siehe unten)

An
das Amtsgericht Hannover
(Richterin Busch)
das Landgericht Hannover
(RichterInnen Rümke, Ullrich, Bürger)
Staatsanwaltschaft Hannover

Und zur Kenntnis, Veröffentlichung und zum Weitersagen
an die Presse,
an die Öffentlichkeit,
an alle wachsamen umweltbewußten BürgerInnen

Lüneburg, 19. August 2008

Aktenzeichen: 260 Owi 1161 Js 77716/07 (488/07) – Castor-Protest

Betreff: Erzwingungshaft - Gehorsam kann man nicht erzwingen

Offener Brief an das Amtsgericht Hannover

Madame, Monsieur,

Am 14. November 07 wurde ich zu einem Bußgeld in Höhe von 5 Euro verurteilt, weil ich mich im Oktober 2006 an einer Schienen-Demonstration mit etwa 150 weiteren Personen beteiligt habe, um gegen die Atompolitik und den bevorstehenden Castor-Transport ins Wendland zu protestieren.

Vor Gericht habe ich damals 3 Stunden lang meine tief verwurzelten Beweggründe erläutert.

Dieses Bußgeld weigere ich mich heute und für immer zu bezahlen. Aus diesem Grund haben Sie einen Tag Erzwingungshaft gegen mich verhängt. Erzwingungshaft ist ein Beugemittel, was mich dazu zwingen soll, dieses Bußgeld zu bezahlen. Das ist also kein Strafmittel im Sinne vom Strafgesetzbuch – es geht um Ordnungswidrigkeit. Doch Gehorsam kann man nicht erzwingen, Erzwingungshaft ist also zwecklos.

Am 14. August 08 habe ich die Ladung zum Haftantritt in der JVA Vechta, Abteilung Hildesheim (160 Km entfernt von meinem Wohnsitz!!) innerhalb einer Woche erhalten. Ich werde aber nicht kommen – nicht freiwillig.

Die Verhängung von einem Tag Erzwingungshaft für 5 Euro halte ich für verfassungswidrig. Wo ist die Verhältnismäßigkeit ? Das ist ein klarer Verstoß gegen das Übermaßverbot. Daher habe ich eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht formuliert. Der Aufwand, der hier betrieben wird, verdutzt mich. Dass es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung kam, hat damit zu tun, dass es um politischen Protest geht. Bagatellsachen dieser Art werden ansonsten eingestellt. Polit-Zuschlag also. Und der Staat bleibt hart dabei, egal was es ihn kostet (die Kosten für Erzwingungshaft samt Verhaftung übersteigen mit Sicherheit bei weitem die 5 Euro Bußgeld). Es geht schlicht um Repression, und NICHT um Gerechtigkeit oder um das Wohl der Allgemeinheit. Die Justiz ist hier ein Macht-Instrument was dazu dient, das herrschende System am Leben zu erhalten.

Ich weiß wofür ich stehe. Ich halte Protest gegen eine menschenverachtende Technologie wie die Atomenergie in der Form von kreativen gewaltfreien Aktionen für legitim und notwendig. Für eine Pflicht, sogar. Das Absaufen der Asse und die ungelöste Frage der Entsorgung von Atommüll, die tägliche Freisetzung von Radioaktivität durch Atomanlagen, und die ständige Gefahr eines atomaren Unfalls wie in Tschernobyl oder wie neulich im französischen Tricastin gehen uns alle an. Es betrifft die jetzigen und die zukünftigen Generationen. Das ist meine, unsere, Ihre Verantwortung. Radioaktivität tötet uns alle – auch PolitzistInnen, RichterInnen, StaatsanwältInnen, AtomlobbyistInnen, PolitikerInnen, ...

Atompolitik und Menschenrechte sind unvereinbar. Das juristische Nachspiel von politischem Protest gehört zum Konzept des zivilen Ungehorsams. Ich weiß, dass meine Handlung von der (In)Justiz als Ordnungswidrigkeit angesehen werden kann. Diese Handlung verteidige ich aber trotzdem. Nicht bezahlen, nicht freiwillig kommen, das ist mein Weg, meine Handlung politisch zu verteidigen, dazu zu stehen. Flüchten werde ich nicht, weil ich -zwar ohne zu Kooperieren- die Folgen meiner Handlungen in Kauf nehme – auch wenn es Gefängnis sein muß. Dies lasse ich aber nicht ohne Widerstand, ohne Worte auf mich ergehen. Denn ich bin ein freier Mensch und es ist meine Verantwortung NEIN zu sagen. Ich empfehle Ihnen diesbezüglich die Werke vom französischen Philosoph Jean-Paul Sartre.

Was ist denn das, für eine Demokratie, wenn Menschen nicht wegen ihrer Tat, sondern wegen „anders Denken“ eingesperrt werden? Das nenne ich Demokratur. Allein die Tatsache, dass Menschen andere Menschen überhaupt einsperren, finde ich seltsam. Ich kämpfe für das Leben und schon gar nicht gegen Menschen.

Sie können mich verhaften lassen, meine Gedanken bleiben aber frei. Aus diesem Grund ist Erzwingungshaft zwecklos.

Salutations anti-nucléaires
Cécile Lecomte, das unbeugsame Eichhörnchen

Zahlreiche Menschen, Organisationen und Gruppen zeigen sich solidarisch:

Gruppen:
Lüneburger Initiative gegen Atomanlagen (LIgA), contratom, Antiatom Szene Oberösterreich, Systemoppositionelle Atomkraft Nein Danke Gruppe Hamburg (SAND), X- tausendmalquer Hamburg, Sofortiger Atomausstieg (SOFA) Münster, BI Ahaus, Jusos in der SPD (Ahaus-Gronau), kölner Gegenstrom gegen Atomanlagen, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, MegA Waltrop, Atomplenum Hannover, Les amis de la terre France, Kaktus - Grüne Jugend Münster, Anti-Atom-Gruppe an der TU Berlin, politische Jugendgruppe "Telgte - links ab!, CEDRA Collectif contre l'enfouissement des déchets radioactifs, Sortir du Nucléaire Lot, Groupe brivadois Sortir du nucléaire, Sortir du Nucléaire TARN, Sortir du Nucléaire Tarn 81, Promouvoir les Energies Renouvelables, Aku Gronau, Robin Wosd-Floß-Crew, Jugendzeitung Utopia, Konzertgruppe Infocafé Anna und Arthur, Chiche! , Chiche! Lille, Sortir du nucléaire 31, KA Footprints for Peace (Australien).

Quelle: RedGlobe

Freitag, 22. August 2008

Atomstrom ist nicht billig WOLFGANG EHMKE / 22.08.08

Quelle: taz.de
Ein Kommentar von Wolfgang Ehmke
Die Atomlobby verbreitet Optimismus und proklamiert ihre Renaissance. Der mediale Hype dauert an: Mal mutiert Atomstrom zu Ökostrom, mal soll das Atom als Billigstrom davongaloppierende Energiepreise zügeln. Die CDU/CSU macht sich für eine Laufzeitverlängerung der 17 verbliebenen Atomkraftwerke stark, sogar Neubauten fordern einige Konservative. Beim Wahlvolk soll ankommen: Wenn ein Liter Benzin 1,60 Euro kosten, dann hilft nur die Atomkraft.

Was die Protagonisten der Atomkraft verschweigen: Sie kommt teuer. Nehmen wir das Vorzeigeobjekt, das finnische Atomkraftwerk Olkiluoto. Zum Festpreis von 3,2 Milliarden Euro wollten Siemens und Framatome das erste Kraftwerk der "neuen Reaktorgeneration" errichten. Start der Stromproduktion sollte das Jahr 2009 sein. Jetzt werden Mehrkosten von 1,5 Milliarden Euro fällig. Zudem ist das Kraftwerk nicht fertig; vor 2012 wird das AKW keinen Strom liefern. Die sogenannte Lead Time - Planung, Antrag, erster Spatenstich bis hin zur Stromproduktion - beträgt im Schnitt 17 Jahre. Von den 34 Atomkraftwerken, die weltweit neu errichtet werden, sind 12 Altmeiler, die schon seit über 20 Jahren in Bau sind. 439 Atomkraftwerke werden im Jahr 2008 gezählt, fünf weniger als im Jahr 2002. Das ist gut zu wissen, wenn von der angeblichen Renaissance der Atomkraft die Rede ist. Ebenso sollte nicht aus dem Blick geraten, dass inzwischen auch der Uranpreis für 1 Pfund (lb) von 7 US-Dollar im Jahr 2000 auf 36 US-Dollar 2006 angezogen hat.
Der Spotpreis an der Leipziger Energiebörse beträgt für die Grundlast 5,64 Cent pro Kilowattstunde. Die Stromkonzerne beziffern die Produktionskosten für Atomstrom mit 3 bis 4 Eurocent. Da scheint die Atomkraft profitabel und kostengünstig. Kostengünstig? Nicht für den Verbraucher. Lutz Mez von der Forschungsstelle Umweltpolitik der FU Berlin erklärt: Der Börsenpreis wird nach den Produktionskosten des teuersten Kraftwerks ermittelt, das am Netz ist.

Das ist äußerst profitabel. Abgeschriebene Atomkraftwerke spülen so den Konzernen einen Extragewinn von 200 bis 300 Millionen Euro jährlich in die Kasse, denn Strom aus den Altreaktoren ist in der Tat billiger als Strom aus Kohle, Gas oder Wind. Dies gilt allerdings nur, weil implizite Begünstigungen nicht mitgerechnet werden. So profitieren die AKW-Betreiber seit Jahrzehnten davon, dass fossile Brennstoffe besteuert werden, während Kernbrennstoffe befreit sind. Niemand hat bislang den Versuch unternommen, diesen Kostenvorteil zu berechnen. Zudem durften die Konzerne rund 30 Milliarden Euro für den Rückbau von Atomanlagen und die Endlagerung zurückstellen. Auf diese Teile ihres Gewinns mussten sie niemals Steuern zahlen.

Andere Begünstigungen sind nicht implizit, sondern schlicht in Haushaltstiteln verschiedener Ressorts versteckt. Staatliche und stattliche Summen fließen immer noch in die Forschung. 3,1 Milliarden Euro sind es zwischen 2007 und 2011 für die Euratom. Für den Bau von Forschungsreaktoren zahlten die Steuerzahler in Deutschland etwa 20 Milliarden Euro; der öffentliche Finanzierungsanteil an gescheiterten Projekten wie dem Schnellen Brüter Kalkar, der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) Wackersdorf, der WAA Karlsruhe oder dem Kugelhaufenreaktor in Hamm-Uentrop beläuft sich auf rund 9 Milliarden Euro. Die Sanierung des Urantageabbaugebiets Wismut kostete 6,2 Milliarden Euro. Mit 0,5 Milliarden Euro fällt der Abriss des Versuchsreaktors Jülich noch bescheiden aus.

Die Summe derartiger direkt berechenbarer Begünstigungen für den Zeitraum 1956 bis 2006 beträgt nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 45,2 Milliarden Euro. Überschlägt man die Forschungsausgaben der Bundesländer und der EU, so lagen die öffentlichen Ausgaben für die Atomenergie in diesem Zeitraum bei etwa 50 Milliarden Euro. Das DIW hat die öffentlichen Ausgaben - bezogen auf eine kumulierte atomare Stromerzeugung von rund 4.100 Terra Wattstunden bis Ende 2006 - auf eine Kilowattstunde Atomstrom umgerechnet: Es ergibt sich ein Subventionsbetrag von 1,2 Eurocent pro Kilowattstunde.

Nicht eingerechnet wurden die anstehenden Ausgaben für die havarierten Atommüllendlager. In der Asse II bei Wolfenbüttel wurden in den 60er-Jahren von der Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) 124.494 Fässer mit schwachaktivem und 1.293 Fässer mit mittelaktivem Müll gestapelt und in Bergwerken eingelagert. Diese Deponie galt als Versuchsfeld, als Pilotanlage für Gorleben, und sie säuft jetzt ab. Die Kosten für die Sanierung der Asse II, sollte das überhaupt noch möglich sein, gibt die GSF - heute Helmholtz Zentrum - mit 2 bis 3 Milliarden Euro an.

Das zweite atomare Endlager, die Kaligrube Morsleben, drohte ebenfalls einzustürzen und wurde eilig dichtgemacht. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat gerade die Ausschreibung veröffentlicht; für 1,2 Milliarden Euro soll die Kaligrube stabilisiert werden.

Nahe der Atommeiler oder auch in Ahaus und Gorleben warten derweil in luftigen Hallen hochradioaktive Abfälle. In Gorleben sind bisher 80 Castoren auf 420 Stellplätze verteilt. Die Kosten für die Polizei, die die Castortransporte "sichert", summieren sich übrigens auch schon auf 3 Milliarden Euro. Okay, das liegt am Widerstand - der hat eben auch seinen Preis.

Die verheerendsten externen Kosten lasse ich mal außen vor, nämlich die volkswirtschaftlichen Kosten für einen Super-GAU, die nach Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums bei 5.000 Milliarden Euro liegen. 2001 wurde die Deckungsvorsorge für Reaktorunfälle auf nur 2,5 Milliarden Euro erhöht. Würde hingegen das volle Risiko versichert, würde sich eine Kilowattstunde Atomstrom um 5 Eurocent erhöhen. Wolfgang Irrek vom Wuppertal Institut sieht vor allem in der Haftpflicht einen entscheidenden Hebel zur Herstellung von Kostengerechtigkeit. Auch er verweist auf die Rückstellungsmilliarden.

Atomstrom ist also nicht billig, wie sich auch bei den Reaktorneubauten zeigt. So verweist Lutz Mez von der FU Berlin darauf, dass bei den EPR-Neubauplänen in Finnland und Frankreich die Produktionskosten einer Kilowattstunde bei 10 Cent liegen, wenn man realistische 6,3 Milliarden Euro Investitionskosten annimmt. Bei einem modernen Gaskraftwerk (GuD) beläuft sich der Produktionspreis nur noch auf 3,5 Cent. Auch die Produktionskosten für Windenergie im Inland liegen nur noch bei 6 bis 10 Cent, Strom aus Wasserkraft kostet zwischen 3 und 10 Cent.

Ohne direkte und indirekte Subventionierung gehen die Kostenvorteile des Atomstroms gegen null. Hinzu kommt, dass die Atomkraft eine Risikotechnologie ist. Die Gefahr eines GAUs, die mögliche Nutzung der Technologie für militärische Zwecke sowie das Atommülldesaster können Schäden hinterlassen, die in Euros nicht mehr auszudrücken sind.
Bild oben: Wolfgang Ehmke, fotografiert von Wolfgang Korall
Quelle:
taz.de

Montag, 18. August 2008

Programm des Endlager-Symposiums im Herbst in Berlin /16.08.08

Die Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen ist nicht nur ein technisches Problem. Sie ist vor allem ein gesellschaftliches Streitthema.

Wie können Öffentlichkeit und anwohnende Bevölkerung Vertrauen in das Auswahlverfahren gewinnen? Schon bei der Eröffnung der Anhörung des Bundesumweltministeriums (BMU) im Herbst, vom 30. Oktober bis 1. November, stehen diese Fragen im Mittelpunkt. Für das Symposium hat das BMU jetzt das Programm vorgelegt. Nach der Eröffnungsrede von Minister Gabriel am 30. Oktober geht es sofort um die gesellschaftlichen Erwartungen an die Endlagerung. An der Podiumsdiskussion ist neben E.ON-Chef Walter Hohlefelder und Professor Günther Altner, Mitbegründer des Öko-Instituts, auch der Vertreter der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke, beteiligt. Am folgenden Freitag werden die internationalen Standards für eine Endlagersuche Gegenstand der Diskussion sein. Beispiele kommen aus der Schweiz, aus Großbritannien oder Frankreich.

Am Freitagnachmittag steht Gorleben mit seiner Auswahl- und Erkundungsgeschichte im Mittelpunkt. Warum sollte in Gorleben weitererkundet werden? Warum sollte vorher ein anderer Standort mindestens auf die gleiche Erkundungsstufe gebracht werden, damit ein Vergleich von Standorten möglich wird? Nachmittags stehen ethische und politische Fragen im Vordergrund. Arbeitsgruppen über Transparenz und Glaubwürdigkeit oder über Wirtsgesteine begleiten das Symposium. Der neueste Stand bei Sicherheitsaspekten für eine Endlagerung wird am Abschlusstag erörtert. Dann kommen auch die vom BMU gerade vorgelegten neuen Sicherheitsanforderungen zur Sprache.

Das Symposium ist öffentlich;
Anmeldungen unter
"Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit"
Quelle: ELBE-JEETZEL-ZEITUNG

Endlager-Suche: Offenbar kein politisches Interesse an einvernehmlichen Lösungen /16.08.08

Der Weg des Atomstandortes Gorleben ist mit Anhörungen gepflastert. 1979 lud Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) internationale Wissenschaftler zum ersten Mal ein, über Sicherheitskonzepte und Auswahlkriterien zu diskutieren.

1992 ließ sich die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) in Braunschweig über neuere Entwicklungen in der Endlagerforschung unterrichten. Im Herbst 2008 will nun Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) den bisher letzten Stand der Dinge erörtern lassen. Dazwischen liegen unzählige Expertenrunden, ob in Hitzacker, Bonn oder Gartow. Die Vorstellungen darüber, wie ein über lange Zeiträume sicheres Endlager für hochradioaktiven Abfall aussehen sollte, änderten sich. Was am Ende immer blieb, war der Standort Gorleben.

Mit der Auswahl dieses Salzstockes an der Elbe hatte sich die Politik 1977 festgelegt: Atommüll sollte in Salz gelagert werden. Das würde Uran, Plutonium, Americium und Co. für eine ausreichend lange Zeit einschließen und davon abhalten, in höhere Erdschichten zu gelangen. Ansonsten gäbe es die Gefahr, dass die radioaktiven Isotope in den Bereich tierischen und menschlichen Lebens gelangten, mit tödlichen Folgen. Die Vorstellungen, wie diese Sicherheit zu erreichen wäre und ob Gorleben diese Anforderungen erfüllen könnte, änderten sich im Laufe der Zeit. Zweifel an der Eignung des Salzstockes Gorleben hatte es schon früh gegeben. Sie begannen schon bei der Auswahl. In einem Auswahlverfahren des Bundes kam Gorleben auf den vorderen Plätzen gar nicht vor. Erst ein weiteres Auswahlverfahren, diesmal vom Land Niedersachsen, rückte Gorleben in die Reihe der in Frage kommenden Standorte. Die Entscheidung für Gorleben sei schließlich politisch gefallen, berichtete Professor Gerd Lüttig, der an den Auswahlverfahren in den 70er-Jahren beteiligt war. Zweifel gab es auch später. Professor Duphorn machte auf das Fehlen eines Deckgebirges aufmerksam, dass den Salzstock gegen Grundwasserkontakt schützen könnte. Selbst die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die für den Bund die Endlagersuche betrieb, hatte Zweifel. 1983, noch bevor ein Bergwerkschacht abgetäuft wurde, fasste sie die Ergebnisse der obertägigen Erkundung zusammen. Ihre Zwischenbilanz enthielt eine für wissenschaftliche Äußerungen deutliche Aufforderung, neben Gorleben auch andere Standorte zu erkunden. Doch so durfte die Bilanz nicht veröffentlicht werden. Nach politischer Weisung enthielt der Schlusstext nur noch eine vage Formulierung.

Die Gegenseite beharrte darauf, dass es keine Erkenntnisse gebe, die gegen eine Eignung von Gorleben sprächen. So schrieb es die rot-grüne Bundesregierung in den Atomkonsens mit der Energiewirtschaft. Gleichzeitig entwarf ein Arbeitskreis, besetzt mit Wissenschaftlern aus allen Lagern des Streitthemas Atomenergie, ein gemeinsames Konzept für eine neue Endlagersuche. Schließlich hätten sich die Anforderungen an eine solche Suche gegenüber 1977 verändert. Gabriel möchte mit dem Symposion im Herbst nicht zuletzt dafür sorgen, einem neuen Anlauf zu einer Endlagersuche öffentlich Gehör zu verschaffen. Gegen einen solchen Anlauf haben sich CDU und FDP ausgesprochen. Da war man schon einmal weiter. Am 18. Juni 1994 erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Kurt-Dieter Grill in einem Interview der EJZ, dass man innerhalb von 18 Monaten einen Konsens über eine vergleichende alternative Standortsuche vereinbaren könnte. »Das heißt (...), dass alle Endlagerstandorte, sprich auch Gorleben, miteinander verglichen werden», erklärte Grill damals. Dann könnte man sagen: »An der Stelle untersuchen wir mal, ob es eine Alternative zu Gorleben gibt.» Schließlich sei es eine »Tatsache, dass in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und FDP der letzten Legislaturperiode vereinbart ist, Alternativen zum Standort Gorleben zu untersuchen». Das schließe ein zehnjähriges Moratorium für Gorleben ein, meinte der energiepolitische Sprecher der CDU damals. Vorangegangen war die Bitte von zwei Stromkonzernen an die Bundesregierung, die Atomenergie und ihre Entsorgung aus dem gesellschaftlichen Streit herauszuholen. Der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) hatte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) schon einmal eine Liste möglicher Alternativstandorte anfertigen lassen. Aber dieser Energiekonsens scheiterte. Seidem ist das politische Interesse an einem einvernehmlichen Verfahren nicht größer geworden.
Quelle:
ELBE-JEETZEL-ZEITUNG

Donnerstag, 14. August 2008

BMU will Endlagerkriterium Mehrbarrierensystem fallenlassen /14.08.08

Entwurf: Bundesumweltministerium will Endlager-Sicherheitskriterium Mehrbarrierensystem fallenlassen.
Das bisher geforderte geologische Mehrbarrierensystem des Deckgebirges über einem atomaren Endlager wird als Kriterium womöglich fallengelassen. Dies ergibt sich aus dem jetzt vorliegenden Entwurf des Bundesumweltministeriums (BMU) für »Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle».

Die Diskussion über Sicherheitskriterien wird damit neu eröffnet. Denn bisher war das fehlende Mehrbarrierensystem über dem Salzstock in Gorleben immer ein wichtiges Argument gegen das Gorleben-Projekt. Grundlage des BMU-Entwurfs sind Stellungnahmen der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) sowie der Reaktorsicherheits- und Strahlenschutzkommission (RSK und SSK). Das BMU bezeichnet die in seinem Entwurf skizzierten Sicherheitsanforderungen als »streng» -es würden »neue Maßstäbe» gesetzt, die den Stand von Wissenschaft und Technik konkretisierten. Bewusst keine Aussagen macht der Entwurf über das Wirtsgestein, in dem eines Tages hochradioaktiver Atommüll eingelagert werden soll. Auf dem Endlager-Symposium in Berlin sollen die Sicherheitskriterien am 1. November vertieft werden. Das BMU sieht den Entwurf als eine Diskussionsgrundlage.

Das BMU fordert in seinem Entwurf vor allem dreierlei:
» Ein Endlager müsse die radioaktiven Abfälle für eine Million Jahre sicher einschließen
» Die Abfallbehälter müssten so stabil sein, dass die Abfälle für mindestens 500 Jahre in den Behältern verbleiben
» Auch mit dem Blick auf mögliche Terrorattacken müsse dargelegt werden, welche Bereiche um ein Endlager herum vor menschlichen Eingriffen geschützt werden müssten.

Im BMU-Entwurf ist nicht mehr die Rede vom Mehrbarrierensystem des Deckgebirges. Vielmehr heißt es jetzt, ohne Verweis auf das Deckgebirge: »Die Sicherheit des Endlagers (...) ist durch ein gestaffeltes Barrieresystem sicherzustellen, das seine Funktionen passiv und wartungsfrei erfüllt. Der langfristige Einschluss muss im Wesentlichen durch die geotechnischen und geologischen Barrieren sichergestellt werden». Wie die aussehen sollen: keine Angabe.

Orientiert hat sich das BMU dabei offenbar an den Stellungnahmen des BfS und der GRS. Beim BfS ist vieldeutig die Rede von einem »gestaffelten und robusten System mehrerer Sicherheitsfunktionen». Geologische und geotechnische Barrieren spielten dabei eine wichtige Rolle. Wie die aussehen sollen: keine Angabe. Oder die GRS: »Die hydrogeologischen Verhältnisse im Deckgebirge (...) können aufgrund klimatischer Entwicklungen großen Umwälzungen unterliegen, so dass eine wissenschaftlich fundierte Charakterisierung dieses Teilsystems nicht mehr möglich ist.» Das seien »wenig konkrete Anforderungen» an die technischen und natürlichen Barrieren, kritisieren RSK und SSK in ihrer Stellungnahme. Sie fordern eine »Vertiefung der qualitativen Anforderungen an die Barriere». Die ergebe sich auch durch Gesteinsschichten, die außerhalb des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs lägen. Doch auch RSK und SSK plädieren dafür, den Terminus »Mehrbarrierensystem» nicht mehr zu verwenden: Diverse Gesteinsschichten wären gar nicht nötig, wenn denn das Barrieresystem insgesamt »robust» genug wäre. Aus internationalen Empfehlungen ließen sich jedenfalls keine Vorgaben für die Anzahl von technischen und geologischen Barrieren ableiten.
Quelle: ELBE-JEETZEL-ZEITUNG

Lesen Sie hierzu auch die Stellungnahme der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg e.V.:
BI Umweltschutz kritisiert Abrücken vom Mehrbarrierensystem

Mittwoch, 13. August 2008

Endlagersymposion am 30.10.08 in Berlin /13.08.08

Umweltminister Gabriel läd zu einem Endlagersymposion - Lüchow-Dannenberger an Vorbereitung beteiligt

»Perspektiven für die Lösung der Endlagerfrage» in Deutschland soll ein wissenschaftliches Diskussions-forum im Herbst erörtern. »Vorurteilsfrei» und »ergebnisoffen» soll auf Einladung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) der aktuelle Stand der Endlagerforschung diskutiert werden.

Die gesellschaftlichen Erwartungen an eine sichere Endlagerung und die Anforderungen an ein über lange Zeit sicheres Endlager werden am 30. Oktober und 1. November in Berlin thematisiert. An den Vorbereitungen sind Vertreter aus Lüchow-Dannenberg beteiligt. Für den Kreistag nimmt der Vorsitzende des Atomausschusses Martin Donat (GLW) seit Februar an den Vorbereitungsrunden teil. Pastor Eckhard Kruse vertritt die Kirchengemeinde Gartow, die selbst Eigentumsrechte am Gorlebener Salzstock hält. Außerdem sind über ihn der Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg und die Landeskirche beteiligt. Die Abstimmung erfolge bis hinauf zur EKD, erklärt Kruse.

Die verschiedenen Gruppierungen der »Gorleben»-Gegner schließlich sind durch Asta von Oppen vertreten. Sie sind drei von neun Mitgliedern der Programmkommission, die dieses »Symposion» vorbereitet. Weitere 25 Leute seien in Arbeitsgruppen an der Formulierung der Themen, an der Auswahl von Referenten und der Tagesordnung beteiligt, erklären die drei Lüchow-Dannenberger Vertreter. Informationen erhalten zudem der Landkreis und betroffene Kommunen.

»Es ist wichtig festzustellen, dass es sich nicht um ein Gorleben-Hearing handelt», meint Martin Donat. Es gehe um allgemeine Regeln für atomare Endlager, um die Veränderung der Erkenntnisse bei Kriterien und Verfahren. »Es sind laufend neue Erkenntnisse gewonnen worden», meint Donat. Das vor 15 Jahren möglicherweise gültige Wissen habe sich in der Zwischenzeit nicht unwesentlich verändert. Die von Bundesumweltminister Gabriel so bezeichnete
»Katastrophe» im Versuchsendlager Asse gebe dabei den Kritikern recht.

Pastor Kruse hofft, dass mit dem Symposion in Berlin der »Stillstand» in der öffentlichen Diskussion überwunden wird. Die Idee zu einer solchen Anhörung sei stark von Lüchow-Dannenberg ausgegangen. Denn die Region habe ein Interesse daran, auf dem neuesten Stand der Sicherheit zu diskutieren. Schließlich würde in dieser Situation, wo die atomare Endlagerung kein öffentliches Thema mehr ist, der Wiederbeginn der Arbeiten in Gorleben die Festlegung auf diesen Standort bedeuten. »Das Bundesumweltministerium hat ein großes Interesse daran, dass die veränderten Sicherheitskriterien diskutiert werden», meint Kruse.

Diese
neu formulierten Sicherheitskriterien für ein atomares Endlager für hochradioaktive Abfälle sind seit Ende vergangener Woche auf der Internetseite des BMU zu finden. In der Programmkommission sitzen Kritiker und bisherige Befürworter des Standortes nebeneinander. Was sie vorgeschlagen haben, ist Ergebnis eines mehrmonatigen Diskussionsprozesses, an dessen Ende eine Einigung stand. So ist das Land Baden-Württemberg als Vertreter jener Gemeinden beteiligt, die an dem schweizer Verfahren zur Endlagersuche teilnehmen. In diesem Zusammenhang stelle Baden-Württemberg Anforderungen an die Schweiz, die es an das deutsche Verfahren nicht stelle, meint Donat. Aber es gehe bei der Endlagersuche um Glaubwürdigkeit. Kein Land außer Deutschland traue es sich, eine Endlagersuche ohne Beteiligung der Bevölkerung zu betreiben, erklärt Asta von Oppen. Hier sind nur die Anhörungen zu diesem Thema öffentlich. Das gilt auch für das im Herbst angesetzte Symposion in Berlin. Eine direkte Beteiligung der betroffenen Bewohner ist nach aktuellem Stand der Endlagersuche nicht vorgesehen.
Quelle:
ELBE-JEETZEL-ZEITUNG

Link zur Internetseite des "Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit" mit dem Entwurf für Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle. Klick hier

Um die Atomhaftung ist es schlecht bestellt /11.08.08

Quelle: TELEPOLIS, von Annette Hauschild/Helmut Lorscheid 11.08.2008
In den meisten EU-Ländern mit Atomkraftwerken gibt es kaum eine nennenswerte Haftung bei Unfällen

Atomkraftwerke lohnen sich vor allem für die Betreiber (Mehr als ein Sommertheater?). In den meisten europäischen Ländern gibt es nicht einmal eine nennenswerte Haftung für große Unglücksfälle. Dabei verursacht die radioaktive Umweltverschmutzung durch zivile Atomenergie und durch Atomwaffenprogramme weltweit zahlreiche Krankheits- und Todesfälle, vor allem durch Krebs.

Leukämie bei Kleinkindern

Die Kette der Skandale, Vertuschungen und Unfälle in der Atomindustrie ist endlos. Der weiterhin leichtfertige Umgang mit dieser Technologie ist erschreckend. Dabei ist wissenschaftlich belegt, dass etwa Kleinkinder, die näher an deutschen Atomkraftwerken wohnen, häufiger an Krebs und an Leukämie erkranken, als Kleinkinder, die weiter von Atomkraftwerken entfernt wohnen. Die Krebsrate ist um 60% und die Leukämierate um etwa 120% erhöht.

In einem Beitrag zum 20. Jahrestag der Atomkatastrophe von Tschernobyl vor zwei Jahren wies die Grüne Europaabgeordnete der Grünen Hiltrud Breyer auf die Nicht-Haftung der Atomindustrie für die Folgen und Gefahren hin, die durch ihre Anlagen entstehen:

Noch immer trägt die Atomindustrie nicht die Haftung für die Gefahren, die sie verursacht. Noch immer kommt die Atomindustrie nicht für die immensen Umwelt- und Gesundheitsschäden für den laufenden Betrieb auf. Noch immer genießt die Atomenergie massive Privilegien, vom staatlichen Schutz der Castor-Transporte bis hin zu garantierten Atomstrommengen.

Frankreich hat die meisten AKWs und die meisten Störfälle

Kaum eine Woche vergeht ohne ernsthafte Störmeldungen aus europäischen AKWs. Selbst ein GAU ist möglich, doch die Haftung der AKW-Betreiber hält sich meistens in sehr überschaubaren Grenzen. Insgesamt sind in Europa noch 149 Reaktoren in Betrieb, die Mehrzahl davon in Westeuropa (9 von 10 europäischen Reaktoren befinden sich dort). Jährlich wächst der Strahlenmüll um weitere tausend Tonnen. Besonders Frankreich setzt weiterhin auf Atomkraft und produziert mit 59 Reaktoren 45 Prozent aller Atomenergie in Europa. Laut Angaben des Atomwissenschaftlers Mycle Schneider hat es in den vergangenen 20 Jahren mindestens 700 Zwischenfälle in einem einzigen Atomkraftwerk, in Cattenom gegeben.

Auch in diesem Jahr gab es in Frankreich die meisten – bekannt gewordenen – Störfälle. Einige Beispiele: Am 23. Juli wurden bei Wartungsarbeiten im Kraftwerk Tricastin etwa 100 Menschen radioaktiv kontaminiert Am 8. Juli traten in der Urananreicherungsanlage Eurodif 30 Kubikmeter radioaktive Flüssigkeit aus und gelangen teilweise in umliegende Flussläufe. Im Februar 2008 wurden in einem der vier Blöcke des AKW Paluel Fehldispositionen von Isolations-Armaturen vorgefunden, die während mehr als 5 Monaten bestanden. Ebenfalls im Februar 2008 wurde bekannt, dass die in der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague behandelten hochaktiven Substanzen laufend explosiven Wasserstoff freisetzen., der bei Reaktion mit Sauerstoff die Gebäudedichtheit bedroht.

Angesichts der Risiken wirken die in Frankreich geltenden Schadensobergrenzen in der Atomhaftung gerade zu lächerlich. Während in Deutschland und Österreich bei Atomunfällen eine nach oben hin unbegrenzte Haftung besteht, haften die französischen AKW-Betreiber lediglich bis zu einer Summe von 84 Millionen Euro.

Schrottreaktoren in Osteuropa

In der Öffentlichkeit werden aber vornehmlich die Atomanlagen in Osteuropa wegen ihrer mangelnden Sicherheit wahrgenommen. Die "Hoch-Risiko-Reaktoren" in den EU-Ländern Litauen, Tschechien, Ungarn, Slowenien und der Slowakei sind zum Teil nicht nur dem Katastrophen-Typ von Tschernobyl beängstigend ähnlich, sondern weisen auch sonst besonders bedrohliche Defizite auf.

Erst im Juni dieses Jahres wurde nach einem Zwischenfall im Kühlsystem des slowenischen Atomkraftwerks Krsko durch die EU-Kommission europaweiten Alarm ausgelöst. Im Hauptkühlsystem des Atomkraftwerks im Südwesten des Landes war Kühlflüssigkeit ausgetreten.

Das AKW Temelin an der tschechisch-österreichischen Grenze hat z.B. erhebliche Mängel bei der Qualität der eingesetzten Bauteile; das slowenische AKW liegt in einem stark erdbebengefährdeten Gebiet. In den Reaktoren vom Tschernobyl-Typ in Ignalina/Litauen sind die Störanfälligkeit und Sicherheitsmängel besonders groß. Litauen bezieht 80 Prozent seiner Energie aus Atomreaktoren.

Das Sicherheitsproblem ist ungelöst, denn mit dem EU-Beitritt mussten die Länder keinerlei Sicherheitsstandards übernehmen. Lediglich für die Atomreaktoren vom Typ Tschernobyl gibt es einen Stilllegungsplan, der ein Abschalten bis 2009 vorsieht. Litauen plant an der Grenze zu Belarus ein Atom-Endlager – ausgerechnet in der Nachbarschaft eines belarussischen Tourismusgebietes. Die Weißrussen befürchten, dass das Endlager auch von anderen EU-Ländern für ihren Atommüll genutzt werden könnte.

Haftungsobergrenze von 3 Millionen Euro

Denn sichere Endlager gibt es bisher nirgends in Europa. Auch die Haftung bei Atomunfällen ist in Europa alles andere als zufriedenstellend geregelt. Sie reicht von unbegrenzt – in Österreich und Deutschland, über 700 Mio. Euro in Spanien bis zu lediglich rund 3,3 Mio. Euro in Litauen. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu den Störfällen im slowenischen Atomkraftwerk Krsko sowie im Atomkraftwerk Philippsburg (Baden-Württemberg) geht hervor, dass, die Atombetreiber in Belgien, Lettland, Rumänien und Schweden lediglich mit 330 Millionen Euro haften.

Dabei sind auch schwedische AKW keineswegs besonders sicher. Zuletzt war es am 26. Juli 2006 im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark beinahe zur Kernschmelze gekommen (Fast-GAU in Schweden). In den Niederlanden beläuft sie sich die Haftungssumme auf 313 Millionen Euro, in Tschechien auf rund 250 Millionen Euro, in Finnland auf 194 Millionen Euro. In Großbritannien, wo über 40 Jahre alte und somit weltweit die ältesten Reaktoren betrieben werden, beträgt die Haftungsobergrenze wie auch in Polen und Slowenien etwa 165 Millionen Euro. In Ungarn etwa 100 Millionen Euro. In Frankreich beträgt sie rund 84 Millionen Euro, in der Slowakei etwa 82,5 Millionen Euro, in Dänemark rund 66 Millionen Euro und in Bulgarien 16,5 Millionen Euro, in Italien 5,5 Millionen Euro und in die Litauen beläuft sie sich lediglich auf 3,3 Millionen Euro.

Auch die Bundesregierung hält die Höhe dieser Summen für "wenig befriedigend". Sie habe sich deshalb stets dafür eingesetzt, die summenmäßige Begrenzung aufzuheben oder zumindest die Höchstbeträge aufzustocken. Um in Deutschland Geschädigten unabhängig von den im Ausland festgesetzten Haftungssummen eine angemessene Entschädigung zu sichern, habe der Gesetzgeber im Atomgesetz einen Anspruch auf staatlichen Ausgleich bis zu 2,5 Milliarden Euro geschaffen.

Statt also über eine Verlängerung der Laufzeiten zu diskutieren, sollten erst einmal endlich die Atomkraftbetreiber in Europa – und besser noch weltweit - zur unbeschränkten Haftung für die möglichen Folgen von "kleinen" und großen Atomunfällen verpflichtet werden. Eines lässt hoffen, seit Jahren muss man auf den Internetseiten der Betreiber deutscher Atomkraftwerke - E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall Informationen über ihre Atomkraftwerke gezielt suchen. Offensichtlich werden die Atomkraftwerke für diese Betreiberkonzerne als nicht mehr werbewirksam betrachtet.
Quelle:
TELEPOLIS

Sonntag, 10. August 2008

Video: Die Lüge vom billigen Atomstrom /29.07.08

Dieses Video ist bei YouTube online gestellt worden.


Ein TV-Beitrag des ZDF FRONTAL21 vom 29.07.08, 8:44min.
Bericht: Steffen Judzikowksi und Christian Rohde.


Atomstrom sei billig, behaupten die Befürworter von Atomstrom - und lassen dabei milliardenschwere Nebenkosten unberücksichtigt. Die werden auf die Allgemeinheit abgewälzt. Zum Beispiel beim Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) in Sachsen-Anhalt. Die Kosten für den Gesamtverschluss des ehemaligen Salzbergwerks betragen nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) mindestens 2,2 Milliarden Euro. Diese Ausgaben übernimmt der Staat.

Die Energieversorger selbst hätten im Vergleich dazu nur einen sehr geringen Beitrag für die Entsorgung ihres Atommülls gezahlt, stellt der Präsident des BfS, Wolfram König, gegenüber Frontal21 fest.

Von Beginn der Einlagerung 1971 - zu DDR-Zeiten - bis 1991 wurden in dem Lager rund 14.400 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle entsorgt. Dagegen wurden nach der Wiedervereinigung in einer zweiten Einlagerungsphase von 1994 bis 1998 rund 22.300 Kubikmeter Abfälle eingelagert, unter anderem Atommüll aus westdeutschen Kernkraftwerken.

Zur Internetseite des ZDF: Die Lüge vom billigen Atomstrom. Den Beitrag beim ZDF anschauen

Video: Notstand beim Atommüll /08.07.08

Dieses Video ist bei YouTube online gestellt worden.



Ein TV-Beitrag des ZDF FRONTAL21 vom 08.07.08, 8:10min.
Bericht: Andreas Halbach, Christian Rohde und Kersten Schüßler.

Der Klimawandel und der rasche Preisanstieg bei Öl, Gas und Strom haben die Diskussion um den Nutzen von Atomenergie in Deutschland wieder entfacht. Dabei kommt das bisher ungelöste Problem der Endlagerung radioaktiven Abfalls kaum zur Sprache - obwohl Deutschlands Vorzeigeendlager, Asse II, gerade abzusaufen droht.

Eine Million Jahre sollte es halten. Gerade mal etwas über 40 Jahre war Asse II, als das deutsche Versuchslabor für künftige atomare Endlager in Salzstöcken vorzeigbar. Das ehemalige Salzbergwerk im Landkreis Wolfenbüttel bei Braunschweig galt als trocken und vor allem sicher. Bis vor kurzem eine Reihe von Pannen und Lecks bekannt wurden, die es offenbar schon viel länger gab. Doch hatte es der Betreiber, das Helmholtz Zentrum München, versäumt, die Öffentlichkeit rechtzeitig darüber zu informieren.

Seit Jahren schon läuft in die Grube von außen Wasser, bis zu 12.000 Liter täglich. Die Gefahr ist groß, sagen Experten, dass die Salzlauge mit atomaren Abfällen in Berührung kommen und so radioaktiv verseuchte Brühe in die Biosphäre gelangen könnte. Das Problem ist den Betreibern der Grube bereits seit 1988 bekannt, doch erst 2002 erklärte das Helmholtz Zentrum München plötzlich: Das Absaufen des Bergwerks sei unvermeidbar. Bis maximal 2014 könne es noch offen bleiben.

Dr. Hans-Helge Jürgens hatte bereits 1978 in einem Gutachten vor der Gefahr des Eindringens von Grundwasser und folglich dem Absaufen der Schachtanlage gewarnt und deshalb dringend von der Einlagerung schwach- und mittelradioaktiven Atommülls abgeraten.
Zur Internetseite des ZDF: Notstand beim Atommüll. Den Beitrag beim ZDF anschauen

Gorleben kostete bislang rund 1,51 Milliarden Euro /08.08.08

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/VOM) Für das atomare Endlagerprojekt Gorleben (Niedersachsen) sind von 1977 bis Ende 2007 Kosten in Höhe von 1,51 Milliarden Euro entstanden.

Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (16/10077) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (16/9935) mit. Im laufenden Haushaltsjahr seien 27,6 Millionen Euro für das Projekt Gorleben veranschlagt. Die künftigen Kosten hingen vor allem von einer politischen Grundsatzentscheidung zum weiteren Vorgehen bei der Endlagerung hochaktiver, wärmeentwickelnder Abfälle aus Kernkraftwerken ab, so die Regierung. Nach dem Atomgesetz würden die Kosten von den Abfallverursachern in voller Höhe refinanziert. Der Anteil, der von den Einrichtungen der öffentlichen Hand für das Projekt in Gorleben gezahlt werden müsse, beträgt laut Regierung 11,52 Prozent. Ende 2007 sei der tatsächliche Anteil etwas höher gewesen, was mit den Zahlungs- und Abrechnungsmodalitäten zusammenhänge.

Die Kosten, die für das Endlager Morsleben (Sachsen-Anhalt) bis Ende vergangenen Jahres entstanden sind, gibt die Regierung mit 646 Millionen Euro an. Für dieses Jahr seien 61,7 Millionen Euro dafür vorgesehen. Die Gesamtprojektkosten würden auf etwa 2,2 Milliarden Euro geschätzt. Die Kosten der öffentlichen Hand für Rückbau und Endlagerung für die Versuchswiederaufbereitungsanlage Karlsruhe beziffert die Regierung zum Jahresende 2007 mit 571,22 Millionen Euro. Der Mittelansatz für 2008 liege bei 59,43 Millionen Euro. Nach derzeitigem Stand würden die künftigen Kosten mit 920 Millionen Euro veranschlagt. Für das Forschungsbergwerk Asse II (Niedersachsen) hätten sich Kosten der öffentlichen Hand bis Ende 2007 auf 257 Millionen Euro belaufen, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Der Mittelansatz für dieses Jahr liege bei 57 Millionen, die künftigen Kosten würden auf 536 Millionen Euro geschätzt.

2,18 Milliarden Euro haben nach Regierungsangaben die öffentlichen Kosten für den Bau und die Abwicklung des Schnellen Brüters in Kalkar (Nordrhein-Westfalen) betragen. Die Ausgaben für das bis 1995 vollständig rückgebaute Kernkraftwerk in Niederaichbach (Bayern) sowie für die Entsorgung beziffert die Regierung auf 134,5 Millionen Euro. Auf rund 1,78 Milliarden Euro hätten sich die Kosten der öffentlichen Hand für das Kernkraftwerk Hamm-Uentrop (Nordrhein-Westfalen) bis Ende 2007 belaufen. Der Mittelansatz für dieses Jahr liege bei rund 5,78 Millionen Euro, für 2009 bei 6 Millionen Euro. Die zukünftigen Kosten seien hier noch nicht bekannt.

Nach Darstellung der Regierung haben die Energiewerke Nord GmbH (Mecklenburg-Vorpommern) keine Rückstellungen für ihre atomrechtlichen Verpflichtungen bilden können. Daher sei dem Unternehmen, das verantwortlich ist für den Rückbau der ostdeutschen Kernkraftwerke Greifswalde und Rheinsberg, von der Treuhandanstalt eine Finanzierungszusage gegeben worden. Bis Ende 2007 hätten die Energiewerke Nord im Rahmen dieser Zusage rund 2,5 Milliarden Euro erhalten, um ihre atomrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen. In diesem Jahr seien dafür Zuwendungen von 111 Millionen Euro bewilligt worden. Für die Zeit ab 2009 würden nach derzeitiger Einschätzung noch Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt von rund 600 Millionen Euro benötigt, heißt es in der Antwort weiter.
Quelle: Deutscher Bundestag

Entsorgungskommission hält Salzstock in Asse für falschen Atommüll-Lagerort /07.08.08

Deutschlandradio Kultur im Interview
Michael Sailer: Auch in Gorleben wurde jahrelang vor sich hingewurstelt

Michael Sailer im Gespräch mit Marcus Pindur

Der Vorsitzender der Entsorgungskommission und Berater des Bundesumweltministeriums, Michael Sailer, hat eingeräumt, dass es für die Probleme im Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel bisher keine überzeugenden Lösungen gibt. Das frühere Bergwerk sei "sicher der falsche Ort für Atommüll", sagte Sailer.

Marcus Pindur: Je höher die Energiepreise steigen, desto heftiger wird die Debatte um die Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke in Deutschland geführt. Die Gegner weisen allerdings immer wieder darauf hin, dass eines der größten Probleme die nicht gelöste Frage der Endlagerung von Atommüll sei. Aufgeschreckt wurden wir dann auch noch über die Meldung über Wassereinbrüche im Atommülllager Asse II bei Wolfenbüttel, wo bis 1978 gering bis mittel verstrahlter Atommüll gelagert wurde. Und wir sprechen jetzt mit Michael Sailer. Er ist Vorsitzender der Entsorgungskommission des Bundesumweltministeriums. Guten Morgen, Herr Sailer!

Michael Sailer: Ja, guten Morgen!

Pindur: Lassen Sie uns zunächst mal bei Asse II bleiben, was ist denn dort das Problem? Wir hören, dass dort Wasser eindringt.

Sailer: Das Hauptproblem sind zwei Dinge. Die Asse war ja früher ein Kali- und Steinsalzbergwerk. Wir haben sehr große Räume, viele Millionen Kubikmeter ausgehöhlt dort. Und deswegen ist das Bergwerk in sich instabil. Und das hängt wahrscheinlich damit zusammen mit dem zweiten großen Problem, dass seit 1988 permanent Wasser von außerhalb des Salzstocks in den Salzstock kommt. Zurzeit sind es etwa zwölf Kubikmeter pro Tag.

Pindur: Es ist davon die Rede, dass die Betreiberfirma das Bergwerk fluten will und die Lagerstätten mit sogenannten Betonpfropfen verschließen. Ist das ein gangbarer Weg?

Sailer: Das ist eine der Fragen, die die Entsorgungskommission jetzt dieses Jahr prüfen soll. Insofern kann ich Ihnen da natürlich keine abschließende Antwort geben. Die Fragen, die sich eben aus der Öffentlichkeit und aus der Fachwelt stellen, sind eigentlich, kann man wirklich mit Flüssigkeit verfüllen, auf der anderen Seite, wie kann ich das Bergwerk so stabilisieren, dass das Mit-dem-Wasser-Eindringen-von-Außerhalb nicht noch schlimmer wird, denn das könnte auch zu einer katastrophalen Situation führen, wenn sich das vergrößert. Man sitzt also unter Zeitdruck und hat bisher keine Lösungen, die alle überzeugen. Nur man weiß, man muss was machen, weil wenn man nichts macht, kommt es auch zu einer schlimmen Situation.

Pindur: Noch zur Erklärung für unsere Hörer: Die Entsorgungskommission wird vom Bundesumweltministerium berufen, ist aber nicht weisungsgebunden, ein Expertengremium. Auch in Gorleben hat man ja einen Salzstock. Wäre denn Ihrer Ansicht nach Gorleben als deutsches Atommüll-Endlager ein sicheres Lager?

Sailer: Wir haben ja in Norddeutschland eine ganze Reihe von Salzstöcken, nicht nur Gorleben. Und eine der Grundregeln, die man unter Fachleuten hat, ist, dass man ein Endlager im Salzstock nur dann einrichten kann, wenn in dem Salzstock noch nie Bergbau stattgefunden hat.

Eine zweite Grundregel ist, dass man ihn so gut kennt, dass man ausschließen kann, dass Wegsamkeiten für Wasser von außerhalb des Salzstocks in die Kammern, wo dann der Atommüll gelagert wird, reinkommen. Und das muss man in Gorleben prüfen. Das kann und sollte man auch in anderen Salzstöcken prüfen. Aber ein Salzstock wie Asse, in dem ein Bergwerk über viele Jahrzehnte in Betrieb war, ist sicher der falsche Ort für Atommüll.

Pindur: Man prüft in Gorleben jetzt schon seit 30 Jahren. Wann kommt denn das Verfahren mal an ein Ende?

Sailer: Also in Gorleben ist ja, wenn man so sagen will, vor sich hingewurstelt worden. Man hat gewisse Untersuchungspläne gemacht, man hat aber nie politisch ein stabiles Verfahren vereinbart, also zu welchem Zeitpunkt welche Ergebnisse vorliegen sollen, wie die Prüfung stattfinden soll, nach welchem Kriterium wird jetzt festgestellt, ob der Salzstock geeignet ist oder nicht.

Und das sind eben Versäumnisse, die über die 30 Jahre dazu geführt haben, dass wir dort sind, wo wir heute sind, und wir auch vor der Frage stehen, sollen wir Gorleben noch mit anderen Salzstöcken oder anderen Tonsteinformationen vergleichen. Das will ja die eine Regierungspartei, oder die andere Regierungspartei sagt, lass uns bei Gorleben weitermachen, ohne dass dafür bisher belastbare Dokumente zur Verfügung stehen.

Pindur: Kann man denn Ihrer Ansicht nach stark strahlendes, radioaktives Material überhaupt auf Dauer sicher lagern unterirdisch?

Sailer: Es ist die einzige Möglichkeit, die wir haben. Man muss sich nur vorstellen, wenn man stark strahlendes Material über eine Million Jahre oberirdisch lagert, dann wird es garantiert freigesetzt. Unterirdisch, in einer guten Formation, an einer guten Stelle und technisch gut gemacht, haben wir durchaus eine Chance, dass das eine Million Jahre zurückgehalten wird.

Pindur: Vielen Dank für das Gespräch, Michael Sailer, Vorsitzender der Entsorgungskommission des Bundesumweltministeriums.

Das Gespräch als
MP3 Entsorgungskommission hält Salzstock in Asse für falschen Atommüll-Lagerort
Sendezeit: 07.08.2008 07:52
Audiobeitrag Länge: 5:15 min
Quelle:
Deutschlandradio