LENZEN/GORLEBEN - Wie riskant wäre ein atomares Endlager in Gorleben für Lenzen und die gesamte Prignitz? Die Bundestagsfraktion der Linken hält es für nicht kalkulierbar und warnt. Dabei beruft sie sich auf Recherchen des "Gorleben Untersuchungsausschuss des Bundestages" (UA) in dem ihre Abgeordnete Dorotheé Menzner mitarbeitet. Die größte Gefahr für ein mögliches Endlager gehe von einem Erdgasvorkommen unter dem Salzstock aus.
Dieses wurde bereits von der DDR in den 60er Jahren erkundet, denn der Salzstock erstrecke sich bis weit in die Prignitz hinein. Die Ergebnisse einschließlich einer Bohrturmexplosion am 25. Juli 1969 bei Lenzen seien als geheime Verschlusssache über Jahrzehnte hinweg der Öffentlichkeit vorenthalten worden - auch nach dem Mauerfall. Erst der Untersuchungsausschuss konnte einiges Enthüllen, sagt Dieter Schaarschmidt, Referent der Linkspartei für den UA.
"Auf jeden Fall dürfen die Arbeiten in Gorleben nicht wieder aufgenommen werden, bevor die Bedeutung der geheimen DDR-Akten für die Eignung Gorlebens nicht restlos geklärt ist", fordert Dorotheé Menzner. Sie habe mit ihrer Nachfrage zum Bohrunglück beim Bergamt Stralsund den Stein ins Rolle gebracht. Dass diese Akten noch heute, nach über 40 Jahren, geheim gehalten werden, habe selbst sie verblüfft, so Schaarschmidt, der die Unterlagen einsehen konnte.
Knackpunkt der bisherigen Recherchen sei die Bohrakte E-Rambow 12/69 von Stralsund. Über die Gasexplosion 1969, ihre Ursache und Folgen stehe in diesem Bericht zwar kein Wort, sagt der Referent und vermutet, dies sei den Stasi-Akten vorbehalten, denn neben der geheimen Rohstoffsuche befand sich der Bohrturm zusätzlich im Grenz-Sperrgebiet, nur etwa einen Kilometer von der Elbe entfernt. Dafür seien in der Akte alle geologischen und bohrtechnischen Daten festgehalten: 92 Meter vor der geplanten Endteufe wurde in 3347,7 Meter Tiefe das Carbonat, der Gas-Laugen-Horizont angebohrt. Mit einem Druck von über 600 bar schoss das Gas-Gasolin-Laugengemisch nach oben und führte zur Eruption.
Der Geologe Prof. Klaus Duphorn kenne die Aktenlage seit längerer Zeit und warne ebenfalls vor den Gefahren. Nach seiner Zeugenaussage im UA habe Dieter Schaarschmidt mit ihm sprechen können: "Wenn bereits in 3300 Meter Tiefe im Salzstock größere Gas-Gasolin-Gemische anstanden, dann bedeutet dies für ein Atommülllager in diesem Salzstock den Todesstoß, sagte er mir." Die Bohrprotokolle würden belegen dass im geplanten Einlagerungshorizont zwischen 800 und 1200 Meter Tiefe, als auch im Bereich bis über 3000 Meter Tiefe, zerklüftete Anhydritschichten für eine Durchlässigkeit von Wasser und Lauge, als auch Gasen und flüssigen Kohlenwasserstoffen sorgen könnten. Damit sei das geplante Atommülllager durch Gebirgsschlag gefährdet.
Quelle:http://www.svz.de