Hochrangige Beamte kritisieren, der Polizeieinsatz bei den Protesten gegen den Castor sei völlig unkoordiniert verlaufen. Offenbar wusste die Landespolizei nichts vom Besuch der Kollegen aus Frankreich - und die Bundespolizei nicht, dass kroatische Beamte mitmischten.
Beim Castor-Einsatz der Polizei im Wendland gab es offenbar gravierende Abstimmungsprobleme zwischen der Einsatzleitung der Bundes- und der Länderpolizei. Im Gegensatz zu früheren Einsätzen sei diesmal die Befehlshoheit über die verschiedenen Kräfte zwischen Bundes- und Landespolizei getrennt organisiert gewesen, berichten gut informierte Polizeikreise. Diese Trennung der Befehlsgewalt habe während des Castor-Einsatzes zu vielfältigen gravierenden Kommunikations- und Koordinationsproblemen geführt. Der Lüneburger Polizeipräsident Friedrich Niehörster habe intern bereits seiner Verärgerung Luft gemacht.
„Das können wir nicht bestätigen“, sagt dagegen eine Sprecherin der Polizeidirektion Lüneburg. „Es gibt nichts, was das Gesamtverhältnis als Ganzes trübt.“ Landes- und Bundespolizeieinheiten hätten „in enger Abstimmung miteinander parallele Einsätze“ durchgeführt. Doch hochrangige Polizisten berichten von katastrophalen Zuständen. So hätten Einheiten bis zu 30 Stunden auf Verpflegung und Ablösung warten müssen, dies habe unmittelbar mit der getrennten Kommandostruktur zu tun.
Das Kommando-Chaos sei auch der Grund für die unzureichenden Informationen zum Einsatz ausländischer Beamter im Wendland, heißt es aus Polizeikreisen: Das niedersächsische Innenministerium habe schlicht nicht gewusst, dass die Bundespolizei französische Polizisten in ihren Reihen hatte. Und den Bundespolizisten war offenbar unbekannt, dass in Begleitung der Bereitschaftspolizei Niedersachsen auch eine Delegation der kroatischen Bereitschaftspolizei am Castor-Einsatz teilnahm. Den sechs Beamten, die jeweils den Anorak und das Barett der kroatischen Polizei trugen, sollten „die Möglichkeiten der Deeskalation und Kooperation im Einsatzgeschehen dargestellt werden“, heißt es in einem internen Papier des niedersächsischen Innenministeriums.
Handgreiflich weitab der Grenze
Ob der zupackende Einsatz des französischen Beamten rechtens war, ist weiter umstritten. Das Bundesinnenministerium verweist auf den sogenannten Prümer Vertrag, der grenzüberschreitende Polizeiarbeit regelt. Handgreifliche Aktionen bei Demonstrationen weitab der Grenze seien davon aber nicht gedeckt, heißt es vonseiten der Opposition. „Dieser Einsatz war rechtswidrig“, sagt der grüne Innenpolitiker Wolfgang Wieland. Die niedersächsische Polizeiführung habe im Innenausschuss des Bundestages zugegeben, von dem Einsatz der Franzosen nichts gewusst zu haben. „Der französische Beamte war als Beobachter da und wollte mitmischen“, so Wieland, „das ist gegen das Gesetz.“
Im Einklang mit den Gesetzen seien jedoch, dass die deutschen Polizisten unterschiedliche Uniformen trugen und verschiedene Knüppel dabei hatten, sagen Experten. Jedes Bundesland könne die Farbe der Uniform und die Knüppelvarianten selbst auswählen. „Das ist ein Irrsinn des Föderalismus“, sagt ein Insider. In keinem anderen Land gebe es schwarze, grüne und blaue Uniformen für Einheiten mit denselben Aufgaben. „Im Wendland zeigt die Trachtengruppe dann ihre volle Pracht“, heißt es intern.
Quelle: http://www.fr-online.de/