Sonntag, 8. November 2009

Castor bleibt im Wartungsraum /2.11.09

Defekter Druckschalter offenbar Ursache für Störfall im Zwischenlager Gorleben - Aufklärung gefordert

Ein defekter Druckschalter war die Ursache für die Störung im Behälter-Überwachungssystem im Atommüll-Zwischenlager Gorleben am Wochenende. Das erklärte gestern der Sprecher der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), Jürgen Auer, auf Nachfrage der EJZ.

Danach sei noch am Sonntag nach der zweiten Fehlermeldung des Systems der entsprechende Behälter einer »eingehenden Untersuchung unterzogen» worden, wobei man den Druckschalter als Quelle der Störung ausgemacht habe, nachdem zuvor von einem defekten Kabel oder Stecker ausgegangen war.

Der Transportbehälter vom Typ HAW 20/28 CG steht jetzt, so Auer, im Wartungsbereich der Lagerhalle und soll in den kommenden Tagen von Experten weiter untersucht werden. Man wolle herausfinden, warum der Druckschalter kaputt gegangen sei, betonte Auer. Diese Untersuchungen könnten in dem Wartungsraum vorgenommen werden, ein Transport in die benachbarte Pilot-Konditionierungsanlage (PKA) sei nicht vorgesehen. Auer stellte erneut heraus, dass es sich bei dem Vorfall um ein Ereignis der »Kategorie Null» gehandelt habe, also der niedrigsten Stufe. Zu keinem Zeitpunkt habe die Gefahr bestanden, dass Radioaktivität austrete. »Der Druck zwischen den beiden Deckeln, den der Schalter überwacht, ist praktisch gleich geblieben», erklärte Auer.

Bei der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) bleibt man nach dem Störfall weniger gelassen. Es sei eine »absurde Argumentation», wenn die Zwischenlager-Betreiberin das jetzt Geschehene als Nachweis für die Sicherheit des Überwachungssystems heranführe. Das erinnere an die »hilflose Informationspolitik des Krümmel-Betreibers Vattenfall», betont BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: »Dort wie in Gorleben wird von der Störanfälligkeit der Nukleartechnologie abgelenkt und das Funktionieren des Sicherheitssystems selbst dann noch gelobt, wenn gleich nach einer Reparatur der gleiche Störfall noch einmal eintritt.» Es sei Glück, dass nur das Überwachungssystem bei einem Castor-Behälter defekt sei und nicht die Deckeldichtung, betont man bei der BI. Doch auch wenn »keine zusätzliche Radioaktivität freigesetzt» werde, würde nun doch zumindest das Personal bei der Reparatur »zusätzlicher Strahlung exponiert».

Der Störfall in Gorleben zeige, »wie schnell angeblich sichere Technik ausfallen kann», stellte Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation »Ausgestrahlt», heraus. Die Überwachung habe keine vier Jahre nach der Einlagerung des Behälters im Gorlebener Zwischenlager versagt, so Stay. Dabei sei die jetzt im Zwischenlager betroffene Überwachungstechnik »gegenüber dem, was es in Atomkraftwerken wie Krümmel oder Biblis zu beherrschen gilt», noch recht einfach.

Die Grünen im Niedersächsischen Landtag fordern unterdessen »eine umfassende Untersuchung» der Ursache. »Es ist wenig Vertrauen erweckend, dass der Zwischenfall nach Ersatz des defekten Kabels wiederholt aufgetreten ist», stellt die Lüchow-Dannenberger Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte heraus. »Wir fordern die Atomaufsicht in Hannover auf, hier genaust möglich aufzuklären.» Man wolle wissen, ob sich der Defekt auch an den anderen 91 Transportbehältern, die im Zwischenlager Gorleben lagern, wiederholen kann, so Staudte.

Auch die SPD-Landtagsabgeordnete Andrea Schröder-Ehlers will die Vorgänge im Zwischenlager untersucht wissen. Es seien noch viele Fragen offen, und »wir erwarten umfassendere Informationen darüber, wie der genaue Ablauf war und welche Folgen der Defekt für die künftige Arbeit im Zwischenlager mit sich bringt. Zudem müssten nun alle Castoren überprüft werden, forderte die SPD-Frau.

Das gleiche Problem wie am Wochenende war vor gut einem halben Jahr schon einmal an einem Castor-Behälter im Gorlebener Zwischenlager aufgetreten. Auch damals musste ein defekter Druckschalter ersetzt werden.

Bild: Ein defekter Druckschalter zwischen den Deckeln eines Castor-Behälters ist laut GNS die Ursache für den Störfall im Zwischenlager Gorleben. Der Schalter werde ausgetauscht, die Fehlerursache untersucht. Gleiches war vor einem halben Jahr schon einmal passiert. Auch damals musste ein Schalter ausgewechselt werden.
Quelle: ELBE-JEETZEL-ZEITUNG

Wieder peinliche Atom-Panne, Cadarache /26.10.09

Nach Plutonium jetzt auch angereichertes Uran in französischer Atomanlage Cadarache vergessen.

Marseille - Schon wieder ein Paukenschlag beim Abbau einer Atomanlage im französischen Cadarache: Jetzt wurde dort ein Lager mit zehn Kilogramm angereichertem Uran entdeckt, das in den Büchern nicht verzeichnet war.

Erst Mitte Oktober waren in derselben Anlage plötzlich 39 Kilogramm Plutoniumstaub aufgetaucht, von dem offiziell niemand wusste. Diese Menge hätte nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace für fünf Atombomben ausgereicht. Der Fund hat auch international für Aufsehen gesorgt, die französische Staatsanwaltschaft ermittelt bereits.

Nicht atomwaffenfähig

Das jetzt entdeckte Uran war niedrig angereichert und könnte nicht für den Bau von Atombomben verwendet werden. Möglich wäre aber der Einsatz in einer „schmutzigen Bombe", bei der zwar keine Kernreaktion in Gang gesetzt, aber strahlendes Material mit Hilfe einer konventionellen Explosion freigesetzt wird. Sicherheitsexperten vermuten, dass Terrororganisationen versuchen, an Nuklearmaterial für den Bau einer schmutzigen Bombe zu kommen.

Im französischen Cadarache fehlte dieses ebenso brisante wie gefährliche Material nicht nur in den Büchern. Sondern die gefundene Menge lag mit zehn Kilogramm auch zweieinhalb Mal über der erlaubten Höchstgrenze.
Nach Angaben des staatlichen Atomenergiekommissariats CEA diente die abgekapselte Zelle zwischen 1994 und 2006 dazu, rund 20 Tonnen Brennmaterial aus neun Reaktoren aufzubereiten. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für das Personal in Cadarache, für Bewohner oder die Umwelt dargestellt.

Es drohen Erdbeben

Das Atomzentrum Cadarache liegt in den französischen Alpen etwa 60 Kilometer nordöstlich von Marseille. Wegen mangelnder Erdbebensicherheit wurde der kommerzielle Betrieb nach mehr als vier Jahrzehnten eingestellt. Seit März des heurigen Jahres wird jene Anlage abgebaut, in der so genannte MOX-Brennelemente für Kernkraftwerke hergestellt worden waren. Dabei tauchte das Plutonium und jetzt auch das angereicherte Uran auf.

Weiter betrieben werden jedoch verschiedene Forschungsreaktoren. Cadarache ist auch der Standort des internationalen Kernfusionsreaktors ITER, den die EU, die USA, China, Russland und Japan derzeit gemeinsam errichten.
Quelle: TT.com

Atom-Gegner kritisieren "Rechtsbruch" /20.10.09

Union und FDP wollen das Atomgesetz im nächsten Sommer ändern. Atomkraftgegner werfen der kommenden Bundesregierung geplanten Rechtsbruch vor.
VON MALTE KREUTZFELDT

BERLIN taz | Atomkraftgegner haben der kommenden Bundesregierung vorgeworfen, bei der geplanten Verlängerung von AKW-Laufzeiten rechtswidrig vorzugehen. Denn Union und FDP wollen das Atomgesetz frühestens im nächsten Sommer ändern, wenn sie einen Gesamtenergieplan erstellt haben - und die Wahlen in Nordrhein-Westfalen vorbei sind. Bis dahin hätten die Alt-Reaktoren Biblis A und Neckarwestheim, die Strommenge, die ihnen laut Atomgesetz noch zusteht, aber bereits aufgebraucht.

In der taz vom 15.10. hatte die Unions-Umweltpolitikerin Tanja Gönner die Betreiber darum aufgefordert, Anträge auf Strommengenübertragung zu stellen: "Das Atomgesetz bietet die Möglichkeit, Strom von neuen auf ältere Anlagen zu übertragen", hatte sie erklärt.

Erlaubt sind solche Übertragungen aber als Ausnahme - und nur, wenn die betroffene Alt-Anlage genauso sicher ist wie die neuere, erklärte nun Jochen Stay von der Initiative Ausgestrahlt. Auch Union und FDP hätten in den vergangnen Wochen immer wieder öffentlich erklärt, dass die alten AKWs weniger sicher seien, sagte Stay. "Wenn die Stromkonzerne jetzt trotzdem zu einem Übertragungs-Antrag ermuntert werden und eine Bewilligung schon in Aussicht gestellt werde, dann entspricht dies einem angekündigten Rechtsbruch."
Quelle: taz.de

Präventive polizeiliche Überwachung einer Antiatom-Aktivistin war rechtswidrig/ 20.10.09

November 2006, vor dem Castortransport nach Gorleben. Zwei Wochen lang folgten die Beamten verschiedener MEK-Einheiten (Mobiles Einsatz Kommando) der Lüneburger Kletteraktivistin Cécile Lecomte rund um die Uhr auf Schritt und Tritt. Ob sie mit dem Ein- oder Zweirad zur Arbeit fuhr oder ob sie auf einer Demonstration einen Redebeitrag hielt, wurde sorgfältig von den Beamten protokolliert. Ihr Umfeld wurde ebenfalls ausspioniert: Wen sie besuchte, mit wem sie sich unterhielt... Dabei ging es der Polizei nicht um die Aufdeckung schwerer Straftaten. Es handelte sich viel mehr um eine reine präventive polizeiliche Observation mit dem verdeckten Einsatz von „besonderen technischen Mitteln“ nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetzt (SOG). Die Polizei fürchtete die fantasievollen (Kletter)aktionen vom Eichhörnchen, wie der Spitzname der Aktivistin lautet, am Tag X wenn der Castor über Lüneburg fährt.

Zwei Jahre nach dem Vorfall wurde nun die Maßnahme für rechtswidrig erklärt und die Daten aus den Polizeiakten endlich gelöscht.

Am 12. November 2006 wurden drei RadfahrerInnen im Lüneburger Stadtgebiet von dutzende Beamten einer Beweis- und Festnahmeeinheit der Bundespolizei überfallen und in Gewahrsam genommen. Zu diesem Zeitpunkt wurde ihnen bereits klar, dass sie möglicherweise von Zivilkräften observiert worden waren. Ein Monat später kam dann die Bestätigung, als die Polizei Cécile über die erfolgte polizeiliche Observation ihrer Person schriftlich benachrichtigte.

Ein Jahr später, durfte die Betroffene dann endlich in die aus diesem Anlass gefertigte Akte hineinschauen. Cécile Lecomte reichte daraufhin umgehend Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Observation ein. Gerügt wurde insbesondere die Sammelwut der Behörde, die jede Lappalie in ihrer Datei speichert. Die Anordnung der Observation und die Gefahrenprognose basierten nämlich nicht auf realen Tatsachen, sondern nur auf ungeprüften polizeilichen Erkenntnissen von vorher eingeleiteten eingestellten Ermittlungsverfahren zu Bagatelldelikten. Das Gesetz darf nur im Zusammenhang mit Straftaten von erheblicher Bedeutung nach §2 Abs.10 SOG angewendet werden. Ob Baumklettern eine Straftat erheblicher Bedeutung darstellt, ob Straßentheater vor dem Zwischenlager Gorleben als „bandenmäßige“ Aktion im juristischen Sinne bewertet werden kann, sei dahingestellt.

Um die Klage abzuwenden hat die Behörde am 31.01.2008 selbst die Rechtswidrigkeit der polizeilichen Observationsmaßnahme schriftlich anerkannt.

Obwohl die Daten rechtswidrig erhoben wurden, kam die Polizei ihrer Verpflichtung die Daten von Amt wegen zu löschen jedoch nicht nach ! Einen Hinweis auf die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen trug sie in der Datei auch nicht ein. Viel mehr benutzte sie die rechtswidrig gewonnenen Daten weiter um weitere präventiven Maßnahmen – wie der präventive Langzeitgewahrsam von 4 Tagen beim Castor 2008 zu begründen.

Weil die Polizei die Daten von Amts wegen nicht löschte, forderte sie Cécile Lecomte mit Schreiben vom 28. August 2009 die Behörde auf, die Daten bis zum 30. September zu löschen - verbunden mit der Androhung einer Klage vor Gericht, wenn sie der Aufforderung nicht nachkommt.
Anfang Oktober 2009 wurde ihr seitens der Polizeidirektion Lüneburg nun mitgeteilt, dass die Daten nun gelöscht worden seien.

Eine bittere Erfahrung, die ihre Spuren hinterlässt, sei das Ganze schon gewesen, erklärte Cécile „ Das war ein schwerwiegender Eingriff in meiner Privatsphäre, was zum Beispiel auf meine damalige berufliche Situation einen Einfluss gehabt hat. Die Erfahrung hat mich aber auch in meiner Überzeugung gestärkt. Politik wird auf de Strasse/Schiene gemacht! Wenn Regierungen zu Veränderungen bereit sind und einlenken, das ist vor allem das Ergebnis vom Protest von Unten – nicht von Wahlen. Dass die Polizei die Observation ausgerechnet gegen meine Person durchführte, betrachte ich als ein Zeichen für die Effektivität meines politischen Engagements! Sie kann mit den vielen kreativen (Kletter)aktionen einfach nicht umgehen. Fantasie ist eine Waffe. “
Eichhörnchen

Quelle: Scharf Links

„Ab nach Russland mit dem radioaktiven Müll“ /16.10.09

Von Michael Ludwig, Moskau
16. Oktober 2009 Es sei niemals Atommüll nach Russland gebracht worden, und dabei werde es auch bleiben - so reagierte Sergej Totschlin, der stellvertretende Gouverneur des Gebietes Tomsk in Sibirien, auf Berichte westlicher Medien über illegale Atommülltransporte nach Russland. In den Berichten war davon die Rede, dass beispielsweise Frankreich und Deutschland radioaktives Material - abgereichertes Uranhexafluorid - nach Russland bringen. Auch von der Urananreicherungsanlage im nordrhein-westfälischen Gronau, die zum Urenco-Konsortium gehört, wurden zwischen 1996 und 2008 von dem Material 27.300 Tonnen nach Russland gebracht. Dies bestätigte eine deutsche Sprecherin des Unternehmens, das zu drei gleichen Teilen im Besitz des britischen und niederländischen Staates und der Uranit GmbH ist . Diese gehört wiederum zu gleichen Teilen den großen deutschen Energiekonzernen Eon und RWE. Die Urenco betreibt außerdem Anlagen im britischen Capenhurst und dem niederländischen Almelo.

Von dem nach Sibirien gelieferten Material, werde nur ein kleiner Teil wieder angereichert und kehre als Brennstoff für Atommeiler in die Ursprungsländer zurück. Bis zu 90 Prozent des zumindest vorerst nicht mehr verwertbaren Restes verblieben in Russland, genauer: im Freien und in rostenden Stahlbehältern, etwa im „Sibirischen Chemischen Kombinat“ bei der geschlossenen Stadt Serwersk (Tomsk-7) nahe Tomsk, deren Existenz von der Sowjetunion erst 1989 zugegeben worden war. Ähnliche Lagerstätten bestehen bei spezialisierten Chemiewerken in Swerdlowsk (Swerdlowsk-44), Krasnojarsk (Krasnojarsk-45) und in Angarsk.

Nicht als Atommüll deklariert

Aber das, was nach Russland gebracht wird und in diesen Lagern bleibt, wird weder in den Ursprungsländern noch in Russland als Atommüll deklariert. Totschlin betrieb die verbale Konversion des möglicherweise gefährlichen Stoffs also nach der gleichen Methode, die offenbar auch in den Ursprungsländern üblich ist. Der Stoff, um den es gehe, enthalte siebenmal weniger Uran als Natururan, sagte Totschlin. Was von dem angelieferten Uranhexafluorid als nicht mehr verwertbar übrig bleibe, führte Totschlin weiter aus, werde absolut sicher gelagert. Wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass die Fässer leck würden, kristallisiere sich der Stoff unter Einwirkung der Luftfeuchtigkeit.

In westlichen Berichten war davor gewarnt worden, dass unter dem Einfluss von Feuchtigkeit eine hochgiftige Säure entstehe. Doch leckende Fässer seien noch nie entdeckt worden, sagte Totschlin. Dem pflichtete eine Organisation bei, die sich „Ökologischer Kongress“ nennt. Dessen Präsident Sergej Baranowskij sagte, es seien weder seiner Organisation noch dem „Grünen Kreuz“ Zwischenfälle bei dem Transport oder der Lagerung des abgereicherten Urans gemeldet worden. Und der Pressesprecher der Atombehörde Rosatom, Sergej Nowikow, sagte, der Umgang mit besagtem Stoff entspreche den von der Internationalen Atomenergiebehörde vorgegebenen Regeln. Alles werde strengstens kontrolliert.

Urenco-Sprecherin weist Vorwürfe zurück

Auch die Sprecherin der Urenco Deutschland GmbH in Gronau, Antje Evers, wies die jüngsten Vorwürfe zurück. Sowohl Transport als auch Lagerung seien an Verträge mit der russischen Firma Tenex gekoppelt und völlig legal, sagte am Donnerstag die Sprecherin des Unternehmens Urenco in Gronau, Antje Evers. Zum Vorwurf, die Fässer mit dem radioaktiven Uranhexafluorid würden unter freiem Himmel gelagert und rosteten vor sich hin, sagte die Sprecherin, eigene Mitarbeiter hätten sich von der Lagerung in Russland ein Bild gemacht: Sie hätten keine rostenden Behälter gesehen.

Die Anti-Atom-Bewegung „Ausgestrahlt“, die Mittwoch von einer illegalen Lagerung gesprochen hatte, erneuerte am Donnerstag ihre Kritik und verwies auf Aufnahmen des Fernsehsenders ZDF, die rostende Fässer einer Lagerstätte im sibirischen Sewersk zeigten. „Urenco lügt, wenn sie sagt, Atommüllbehälter in Sibirien rosten nicht“, hieß es in einer Mitteilung. Urenco-Sprecherin Evers sagte hingegen: „Das ist eine nach deutschem Standard übliche Lagerung in dickwandigen Behältern unter freiem Himmel - wie in Gronau auch.“ Grundsätzlich sei die russische Firma dafür zuständig. Sie wisse nicht, woher die Aufnahmen stammen, es sind immer die gleichen Bilder.“

Auch ein Sprecher des Bundesumweltministeriums hatte am Mittwoch in Berlin gesagt, es sei auszuschließen, dass deutscher Atommüll in Russland lagere. Bei dem geschilderten Fall handele es sich nicht um Atommüll oder eine illegale Entsorgung, sondern um abgereichertes Uran, das auf der Grundlage von Verträgen exportiert worden sei. Entsprechende Transporte sind bereits in einer Bundestagsdrucksache aus dem Jahr 2007 dokumentiert. Jochen Stay, Sprecher von „ausgestrahlt“, sagte demgegenüber: „Die deutschen Stromkonzerne entsorgen ihren Atommüll seit Jahren illegal in Sibirien.“

Kritiker: „Eine riesige Atommüllkippe“

Die russische Sektion von Greenpeace schließt sich dieser Sichtweisean. Die Einfuhr des abgereicherten Uranhexafluorids zum Zweck der Wiederanreicherung sei im Grunde nichts anderes als der Versuch westlicher Firmen, ihren Atommüll loszuwerden und Kosten zu sparen. Der sogenannte Reststoff, ein „wieder nutzbares Altprodukt“, der nach Russland gebracht werde und in Sewersk und an anderen Orten lagere, falle unter die Kategorie radioaktiver Substanzen. Deren Einfuhr sei nach russischem Gesetz bis 2007 verboten gewesen. Im Grunde sei es jedoch möglich, auch jene 90 Prozent des angelieferten Materials zu nutzen, die in Russland verbleiben, und zwar für die Gewinnung von Brennstoff für den „Schnellen Brüter“.

Im Westen werde diese Technologie aber nicht genutzt, also heiße es: „Ab nach Russland mit dem radioaktiven Müll.“ Die russische Atombehörde „Rosatom“ wiederum deklariere das Westeuropa nach Russland gebrachte abgereicherte Uranhexafluorid als „wertvollen Rohstoff“, um Kollisionen mit dem Regelwerk zu vermeiden. Das ist nicht ganz falsch, weil in Russland das Vorhaben besteht, nach 2030 die Technologie des „Schnellen Brüters“ für die Gewinnung von Atomkraft zu nutzen. Bis dahin werde aus Russland, wo bereits neben den „Importen“ von rund 127.000 Tonnen Uranhexafluorid aus dem westlichen Ausland auch etwa 700.000 Tonnen lagern, die die heimische Atomenergiewirtschaft angehäuft hat, eine riesige Atommüllkippe, sagen die Atomkraftgegner.

Russland verfüge nicht die Technik, das giftige Material in chemisch stabileres und damit größere Sicherheit bietendes Uranoxid umzuwandeln, heißt es bei Greenpeace. Diese Technik müsse es im Westen kaufen. Wieso sich der Kreislauf für Russland dennoch offenbar rechnet, müsste aus den Verträgen für die Abnahme von Uranhexafluorid und die teilweise Wiederanreicherung zu ersehen sein. Aber die sind Geschäftsgeheimnis.
Quelle: FAZ.NET


ZDF Frontal Video zum Thema

BI:"Gorleben nicht in vier Jahren realisiert" / 12.10.09

Wolfgang Ehmke 12.10.2009 11:16
BI Umweltschutz: "Gorleben wird nicht in vier Jahren realisiert" - Schwarz-Gelb fährt die Endlagersuche gegen die Wand

Die Aufhebung des Gorleben-Moratoriums und der geplante Weiterbau des atomaren Endlagers, wie es von einer künftigen CDU/FDP - Koalition anvisiert wird, muss rechtliche und politische Hürden nehmen. "Wir werden die Durchzocker zu Fall bringen", sind sich die Gorleben-Gegner sicher.
Die erste Hürde: "Wird das Moratorium aufgekündigt, demonstrieren wir nicht nur vor den Toren des Schwarzbaus. Es wird eine Klage geben, denn Gorleben wurde nachweislich schon zu Teilen als Atommülldeponie ausgebaut, ohne Genehmigungsverfahren", kündigt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) an.

Die zweite Hürde: der Rahmenbetriebsplan für das Gorleben-Projekt läuft am 30. September 2010 aus. "Sollte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als Antragsteller beim Bergamt Celle erneut wieder nur die Verlängerung des Rahmenbetriebsplans vom 9. September 1983 (sic!) vorschlagen, wird auch dieser Schritt beklagt."

Der Rahmenbetriebsplan sei vollständig überholt.1983 wurde noch von einem sog. Ein-Endlagerkonzept ausgegangen, d.h. alle Arten radioaktiver Abfälle sollten in Gorleben gelagert werden, heute aber strebt der Bund die Inbetriebnahme des Schachts Konrad an. Allein hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung - bisher wurde nur die Nord-Ost-Flanke untertägig erschlossen - , veränderter Volumina und Konditionierungsverfahren gebe es erhebliche Veränderungen gegenüber dem Ursprungsprojekt. Wörtlich heißt es in dem Rahmenbetriebsplan aus 1983: "Die untertägige Erkundung soll durch Auffahren von Strecken, Kernbohrungen in unterschiedlichen Richtungen und geophysikalisch Messungen erfolgen. Sie erstreckt sich über eine Fläche von rund 18 Km3. Die streichende Länge beträgt 9,4 Km und querschlägige Breite 1,85 Km im westlichen und 2,0 km im östlichen Erkundungsbereich." Der Kern, das Atommüllendlager, sollte nach den Planungen aus 1983 immerhin 5,4 Km3 umfassen, ursprünglich sollte der Ausbau 1992 (sic!) abgeschlossen sein.

"Gorleben wird ohnehin nicht in den nächsten vier Jahren realisiert", ist sich die BI sicher. "Schwarz-Gelb kann die juristischen Hürden nehmen oder reißen, jede Verzögerung bringt uns der endgültigen Verhinderung einen Schritt näher, denn das Wissen um die Vorfestlegung auf Gorleben, die mit der Standortwahl ihren Ausgang nahm und in die Weisung des Innenministeriums 1983 mündete, Gorleben trotz der erheblichen geologischen Zweifel zu realisieren, lässt sich nicht mehr zurückdrehen."

Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06


Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow - Dannenberg e.V.
Rosenstr. 20
29439 Lüchow
http://www.bi-luechow-dannenberg.de
Büro: Tel: 05841-4684 Fax: -3197
buero@bi-luechow-dannenberg.de


Quelle: INDYMEDIA