Mathias Edler prüft Akten, die die Entscheidung für den Endlagerstandort Gorleben dokumentieren. Prüfergebnisse sind verschwunden und es war eine politische Entscheidung, sagt der Atomexperte.
Wie ergebnisoffen war die Standortauswahl zugunsten Gorlebens in den 70er Jahren?
MATHIAS EDLER: Von Anfang an nicht ergebnisoffen. Das haben die Akten deutlich gezeigt. Im ersten Auswahlverfahren, einer Studie der Kewa (Kernbrennstoff-Wiederaufbereitungsgesellschaft) im Auftrag der damaligen Bundesregierung wurden 200 mögliche Standorte für ein nukleares Entsorgungszentrum in ganz Deutschland untersucht. Gorleben war da - aus geologischen Gründen - schon nicht mehr dabei.
Warum?
EDLER: Damals gab es die "Kali-Salz-Kommission". Dort trafen sich ost- und westdeutsche Geologen. Die Ostdeutschen haben zum Atomlager im Salzstock in Gorleben gesagt: ,geht nicht. In den Salzstöcken, die sich von Gorleben aus jenseits der damaligen Grenze fortsetzten, kam es oft zu Einbrüchen.
Wie kam Gorleben trotzdem in die engere Wahl?
EDLER: An den drei von der Kewa-Studie auserkorenen "Siegerstandorten" - alle in Niedersachsen - kam es zu massiven Protesten der Landbevölkerung. Ernst Albrecht führte seit Anfang 1976 in Niedersachsen eine CDU-Minderheitsregierung. Und eine konservative Partie wie die CDU gewinnt gegen das Landvolk in ländlichem Niedersachsen keine Wahl. Mit Einverständnis des Bundes führte das Land dann ein eigenes Auswahlverfahren durch. Nur Ministerien waren beteiligt, keine nachgeordneten Behörden, es war nicht transparent. Geologische Prüfungen spielten nur eine geringe Rolle. Das Verfahren - Auswahl der Standorte, Entwicklung der Standortkriterien und Festlegung der möglichen Standorte dauerte Ende 1976 ganze drei Wochen. Gorleben kam im November 1976 ins Spiel. Am 22. Februar 1977 fiel dann die Entscheidung für den Standort im Wendland. Sie war politisch und willkürlich.
Warum gerade Gorleben?
EDLER: Für Gorleben sprach aus Sicht der Landesregierung die geringe Siedlungsdichte im Wendland, es gab nur einen Landeigentümer im Bereich des Salzstocks und die Region war die strukturschwächste in Westdeutschland, die erwarteten 3000-4000 Arbeitsplätze sind da ein Argument.
Gab es geologische Gründe, ist Gorleben sicherer als andere Standorte?
EDLER: Nein. Bohrungen in den 80er Jahren ergaben, dass die den Salzstock bedeckende Tonschicht nicht dick und nicht wasserdicht genug ist. Die Ergebnisse wurden aber aus Prüfberichten wieder entfernt, um eine erneute Standortdiskussion zu verhindern.
Seit 33 Jahren wird in Gorleben jetzt gebohrt und geforscht, warum gibt es keine Alternativen?
EDLER: Nach der Entscheidung für Gorleben war das Interesse der Energieversorger weg. Um ihre Atomkraftwerke weiter zu betreiben und Genehmigungen für den Bau weiterer zu bekommen, brauchten sie einen Entsorgungsnachweis. Den konnten sie Mitte 1977 führen, da die Antragstellung auf den Bau eines Endlagers dazu ausreichte. Es ergibt sich aus den Akten: die Standortvorauswahl hatte nur das Ziel, den Betreibern den Genehmigungsantrag nach dem Atomgesetz zu ermöglichen. Mit dem Antrag war die Sache juristisch erledigt. Und ergebnisoffen ist es bis heute nicht: Die Schächte und Tunnel werden längst ausgebaut. Eine Anlage zur endlagerfähigen Verpackung steht schon, 91 Castorbehälter stehen in einer Zwischenlagerhalle, direkt über dem Salzstock.
Warum hält Bundesumweltminister Röttgen an Gorleben bis heute fest?
EDLER: Gorleben und die Endlagerung ist die Achillesferse der Atomindustrie. Wer keine Lösung der Endlagerfrage präsentieren kann, kann auch nicht auf gesellschaftliche Akzeptanz für eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken hoffen. 1977 diente Gorleben als Entsorgungsnachweis, heute, 33 Jahre später, soll es eine Lösung der Endlagerfrage vortäuschen.
Quelle: http://www.swp.de
Lesen Sie hierzu auch: Greenpeace: Geheime Akten über Gorleben /13.4.10
Wie ergebnisoffen war die Standortauswahl zugunsten Gorlebens in den 70er Jahren?
MATHIAS EDLER: Von Anfang an nicht ergebnisoffen. Das haben die Akten deutlich gezeigt. Im ersten Auswahlverfahren, einer Studie der Kewa (Kernbrennstoff-Wiederaufbereitungsgesellschaft) im Auftrag der damaligen Bundesregierung wurden 200 mögliche Standorte für ein nukleares Entsorgungszentrum in ganz Deutschland untersucht. Gorleben war da - aus geologischen Gründen - schon nicht mehr dabei.
Warum?
EDLER: Damals gab es die "Kali-Salz-Kommission". Dort trafen sich ost- und westdeutsche Geologen. Die Ostdeutschen haben zum Atomlager im Salzstock in Gorleben gesagt: ,geht nicht. In den Salzstöcken, die sich von Gorleben aus jenseits der damaligen Grenze fortsetzten, kam es oft zu Einbrüchen.
Wie kam Gorleben trotzdem in die engere Wahl?
EDLER: An den drei von der Kewa-Studie auserkorenen "Siegerstandorten" - alle in Niedersachsen - kam es zu massiven Protesten der Landbevölkerung. Ernst Albrecht führte seit Anfang 1976 in Niedersachsen eine CDU-Minderheitsregierung. Und eine konservative Partie wie die CDU gewinnt gegen das Landvolk in ländlichem Niedersachsen keine Wahl. Mit Einverständnis des Bundes führte das Land dann ein eigenes Auswahlverfahren durch. Nur Ministerien waren beteiligt, keine nachgeordneten Behörden, es war nicht transparent. Geologische Prüfungen spielten nur eine geringe Rolle. Das Verfahren - Auswahl der Standorte, Entwicklung der Standortkriterien und Festlegung der möglichen Standorte dauerte Ende 1976 ganze drei Wochen. Gorleben kam im November 1976 ins Spiel. Am 22. Februar 1977 fiel dann die Entscheidung für den Standort im Wendland. Sie war politisch und willkürlich.
Warum gerade Gorleben?
EDLER: Für Gorleben sprach aus Sicht der Landesregierung die geringe Siedlungsdichte im Wendland, es gab nur einen Landeigentümer im Bereich des Salzstocks und die Region war die strukturschwächste in Westdeutschland, die erwarteten 3000-4000 Arbeitsplätze sind da ein Argument.
Gab es geologische Gründe, ist Gorleben sicherer als andere Standorte?
EDLER: Nein. Bohrungen in den 80er Jahren ergaben, dass die den Salzstock bedeckende Tonschicht nicht dick und nicht wasserdicht genug ist. Die Ergebnisse wurden aber aus Prüfberichten wieder entfernt, um eine erneute Standortdiskussion zu verhindern.
Seit 33 Jahren wird in Gorleben jetzt gebohrt und geforscht, warum gibt es keine Alternativen?
EDLER: Nach der Entscheidung für Gorleben war das Interesse der Energieversorger weg. Um ihre Atomkraftwerke weiter zu betreiben und Genehmigungen für den Bau weiterer zu bekommen, brauchten sie einen Entsorgungsnachweis. Den konnten sie Mitte 1977 führen, da die Antragstellung auf den Bau eines Endlagers dazu ausreichte. Es ergibt sich aus den Akten: die Standortvorauswahl hatte nur das Ziel, den Betreibern den Genehmigungsantrag nach dem Atomgesetz zu ermöglichen. Mit dem Antrag war die Sache juristisch erledigt. Und ergebnisoffen ist es bis heute nicht: Die Schächte und Tunnel werden längst ausgebaut. Eine Anlage zur endlagerfähigen Verpackung steht schon, 91 Castorbehälter stehen in einer Zwischenlagerhalle, direkt über dem Salzstock.
Warum hält Bundesumweltminister Röttgen an Gorleben bis heute fest?
EDLER: Gorleben und die Endlagerung ist die Achillesferse der Atomindustrie. Wer keine Lösung der Endlagerfrage präsentieren kann, kann auch nicht auf gesellschaftliche Akzeptanz für eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken hoffen. 1977 diente Gorleben als Entsorgungsnachweis, heute, 33 Jahre später, soll es eine Lösung der Endlagerfrage vortäuschen.
Quelle: http://www.swp.de
Lesen Sie hierzu auch: Greenpeace: Geheime Akten über Gorleben /13.4.10