Sitzblockade mit Atom-Alarm. Fünf große Traktoren quetschen sich durch die enge Dorotheenstraße. Die Trecker haben Dannenberger Kennzeichen und sind am Morgen aus dem niedersächsischem Wendland nach Berlin gekommen. Direkt hinter den Wendlandtreckern beginnt der Demonstrationszug. Davor stapft Uwe Hiksch.
Fünf große Traktoren quetschen sich durch die enge Dorotheenstraße. Die Trecker haben Dannenberger Kennzeichen und sind am Morgen aus dem niedersächsischem Wendland nach Berlin gekommen. Direkt hinter den Wendlandtreckern beginnt der Demonstrationszug. Davor stapft Uwe Hiksch.
Der Endvierziger von den Naturfreunden Deutschland diskutiert mit dem Einsatzleiter über einem Google-Maps-Ausdruck, wo die ganzen Demonstranten hin sollen, die hinter den beiden auf die Strecke drängen.
'Wir haben der Polizei ja gesagt, dass wir mehr werden, als erwartet. Die haben uns aber nicht geglaubt', sagt Hicksch. Demonstranten, die mit einem der drei Sonderzüge aus Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Würtemberg angereist sind, nennen die Waggons 'überfüllte Sardinendosen'. Mehr als 200 Reisebusse aus dem gesamten Bundesgebiet seien gemeldet worden, sagt Jochen Stay von der Organisation 'ausgestrahlt'.
Etwa 30.000 Demonstranten hatten die Veranstalter angemeldet, mit 50.000 vorab gerechnet. Während die Traktoren bereits zwischen Bundestag und Kanzleramt an der abgesperrten Reichstagswiese vorbeituckern, steht das Ende des Zuges noch vor dem Hauptbahnhof, dem Anfang des gut drei Kilometer langen Rundkurses. Am Ende werden die Veranstalter von 100.000 Demonstrationsteilnehmern sprechen, die Polizei immerhin von 40.000 bis 50.000.
Für Hiksch, der seit den 70er Jahren in der Anti-Kernkraft-Bewegung aktiv arbeitet, ist die Demonstration ein großer Erfolg. 'Es ist eine schöne, große, bunte und lustige Demonstration. Es sind unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen da, so wie wir uns das vorgestellt haben', freut sich der gebürtige Bayer zwischen zwei Gesprächen mit dem ebenfalls bayerischen Einsatzleiter der Bundespolizei. Sogar die Zusage, den Lautsprecherwagen der Polizei nutzen zu können, ringt er dem Polizisten ab. 'Für die gerechte Sache setze ich auch Polizeiwagen ein', sagt er mit Augenzwinkern, bevor er über das Polizeimikrofon die Einkreisung des Kanzleramtes dirigiert.
Hiksch meint, an der Anti-Atom-Bewegung komme niemand in Deutschland politisch vorbei. Neben den Wendländischen Bauern und 68ern sind vor allem junge Menschen an diesem Spätsommersamstag auf der Straße. Die Oppositionsparteien und Gewerkschaften marschieren mit, und am Ende des Zuges haben sich drei Trucks von Berliner Elektro-Clubs angeschlossen. 'Atomstrom wegbassen', haben sie auf Aufkleber und Transparente geschrieben.
Auf die Stille folgt der Alarm
Nach einer Stunde Aufmarsch, Diskussion und Lautsprecheransagen ist es soweit. Die Menschen stehen rund um das Regierungsviertel aufgereiht. Sogar 600 'Umzingler' um das Kanzleramt wurden zugelassen. Dann beginnt eine symbolische Sitzblockade auf nassem Asphalt. Für einige Momente ist es still auf der Brücke über die Spree, direkt neben dem Bundestag, und dem Rest der Strecke. Demonstranten sitzen auf dem Boden, halten sich zum Teil an den Händen. Das Regierungsviertel ist umzingelt. Hiksch schaut zufrieden. Genauso hatte er sich das vorgestellt.
Dann beginnt der 'Atom-Alarm': Eine Minute lang schreien, trillern, pfeifen und tröten die Demonstranten aus vollen Kehlen. Ein ohrenbetäubener Lärm auch von Trommeln und Vuvuzelas tönt über das Regierungsviertel. 'Eine super Aktion', kommentiert Hiksch, 'gute Stimmung und gleichzeitig entschlossen gegen Atomenergie'. Ob allerdings der breite Protest des Tages und die kommenden Demonstrationen in München, Stuttgart und gegen den Castor-Transport nach Gorleben noch etwas ändern werden, bleibt mehr als fraglich.
Quelle: http://www.ad-hoc-news.de/
Dieses Video ist bei YouTube online gestellt worden.
Ein Film von http://www.graswurzel.tv 5.05min
Schnitt: Jonathan Happ, Kamera: Jonathan Happ
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Bericht: Matthias Deiß, RBB [tagesthemen, 22:35 Uhr 18.09.2010] 2min
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