Dienstag, 18. September 2007

Stromwechsel-Kampagnen - das neue Mittel gegen AKW /12.09.07

Ein Bericht aus DIE LINKSZEITUNG von Axel Mayer
Der Energiekonzern Vattenfall hat in den vergangenen Monaten rund 100.000 Stromkunden an andere Anbieter verloren. In den beiden Kernmärkten Berlin und Hamburg seien seit den Unfällen in Brunsbüttel und Krümmel in den vergangenen vier Monaten "etwa 100.000 Kunden" zu Wettbewerbern gewechselt, sagte Vattenfall-Chef Hans-Jürgen Cramer dem Nachrichtenmagazin "Focus". Bei diesen Wettbewerbern handelt es sich sehr häufig um Ökostromanbieter und die Bereitschaft zum Wechsel wächst - weg von den "schmutzigen Vier", wie Atomgegener die Enerigekonzerne EnBW, E.on, Vattenfall und RWE nennen.

Die Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung hat in den Konflikten mit den mächtigen und einflußreichen Atom- und Kohlekonzernen nicht die Druckmittel einer Gewerkschaft, die beispielsweise mit Streiks ihre Ziele erreichen kann. Manche ihrer Aktionsformen wurden und werden von der Atomlobby belächelt.

Ein erfolgreiches Bollwerk gegen die atomaren Gefahren war und ist über die Jahrzehnte hinweg der kreative und gewaltfreie Widerstand der Menschen im Raum Gorleben und wenn in Zukunft der Neubau von Atomreaktoren in Deutschland ansteht, dann könnte das Modell Gorleben bundesweit durchaus Schule machen.

Doch mit noch größerer Sorge schauen die Energiekonzerne auf den stärker werdenden Kundenschwund. Jahrelang hat die Umweltbewegung für den Stromwechsel, hin zu echten Ökostromanbietern, wie EWS Schönau, BUND Regionalstrom oder Greenpeace energy, geworben und lange über den mangelnden Erfolg dieser Kampagen geklagt.

Doch allmählich zeigen sich Erfolge. Das Wissen über die Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln, nimmt bei den Stromkunden zu. Die Störfälle in Brunsbüttel und Krümmel haben Vattenfall ökonomisch schmerzhaft getroffen und 100.000 KundInnen gekostet.

Mit Sorgen denken die Chefs der mächtigsten Konzerne an die ökonomischen Folgen des nächsten Atomunfalls und in den Werbeabteilungen wird das Herunterspielen von Unfällen und deren Folgen inzwischen wohl noch intensiver geplant.

Wenn etwa EnBW irgendwann zwei neue Euroreaktoren in die sensible Ökoregion am Oberrhein nach Fessenheim bauen will, dann plant und organisiert die Umweltbewegung bereits jetzt einen EnBW-Kundenschwund, der die Konzerne am empfindlichsten Körperteil, nämlich am Geldbeutel massiv treffen könnte.

Ein Problem ist nur noch, dass diese neuen, erfolgreichen Druckmittel in den Konzernspitzen der Atomkonzerne und ihren Werbeabteilungen intensiver diskutiert werden als in Teilen der Umweltbewegung. Der KundInnenschwund bei Vattenfall aber wäre ein Grund für Atomgegner, zu feiern und noch mehr in dieser Richtung zu tun.

Axel Mayer ist Geschäftsführer des BUND Südlicher Oberrhein in Freiburg
Bild oben: Mit einer wochenlangen Floßtour hatte Robin Wood auf die Möglichkeit zum Stromwechsel aufmerksam gemacht. Allmählich zeigen solche Kampagnen Wirkung. Foto: ROBIN WOOD
http://linkszeitung.de/content/view/143274/1/