Samstag, 25. Juni 2011

Video: Endstation Gorleben? Der Streit um den Atommüll /24.06.11

Video eingebettet von schampi.com

3sat, 45min Ein Video vom 14.03.11 wiederholt am 24.06.11

Endstation Gorleben?
Der Streit um den Atommüll
Gorleben ist einer der umstrittensten Orte in Deutschland. Noch immer wird der Salzstock tief unter dem Wendland auf seine Eignung als Endlager für hoch-radioaktiven Atommüll erkundet. Trotz Atom-Ausstieg ist die Frage nach einem Endlager aktueller denn je, denn ein Atomkraftwerk produziert jährlich rund ca. 30 Tonnen hoch-radioaktiven Abfall.
Quelle: 3sat.de

Demo-Überwachung per Mobilfunk. Mal eben ausgespäht /19.06.11

Demo-Überwachung per Mobilfunk
Mal eben ausgespäht

Die Technik ist da, die Polizei hat sie genutzt: Bei Protesten gegen Neonazis wurden in Dresden zehntausende Handydaten erfasst. Betroffene erwägen nun, dagegen zu klagen.
VON PAUL WRUSCH

Die Dresdner Polizei hat bei den Antinaziprotesten im Februar dieses Jahres die Handyverbindungen von tausenden Demonstranten, Anwohnern, Journalisten, Anwälten und Politikern ausgespäht. Wie die Staatsanwaltschaft Dresden der taz bestätigte, wurde am 19. Februar weiträumig eine sogenannte Funkzellenauswertung (FZA) durchgeführt.

Dabei erfasste die Polizei über einen Zeitraum von mindestens viereinhalb Stunden sämtliche Anrufe und SMS-Nachrichten, die bei allen Personen ein- oder ausgingen, die sich in der Südvorstadt aufhielten. Gespeichert wurden auch die exakten Positionen der Telefonnutzer. 12.000 Menschen wohnen in dem überwachten Gebiet, hinzu kamen an diesem Tag tausende Demonstranten, etliche Journalisten, Anwälte und Politiker.

Von ihnen allen liegen den Behörden jetzt die Handyverbindungsdaten vor. Offiziell sollten mit dieser groß angelegten Überwachungsaktion Personen gefunden werden, die zuvor Polizisten angegriffen hatten. In mehreren Fällen wurden die Handydaten aber für andere Ermittlungen zweckentfremdet.

So bei Christian Leye. Der Mitarbeiter der Bochumer Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (Linkspartei) wollte gemeinsam mit 20.000 anderen gegen den Aufmarsch von rund 3.000 Nazis demonstrieren. Gegen 16.00 Uhr nahm die Polizei in der Südvorstadt seine Personalien auf; später nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen ihn wegen Behinderung einer angemeldeten Demonstration auf.

In seiner Ermittlungsakte sind rund 15 Handyverbindungen vom 19. Februar zwischen 13.00 und 17.30 Uhr aufgelistet, versehen mit der genauen Angabe des Orts, wo er sich jeweils befand. Aufgeführt sind auch die Namen der Personen, mit denen er Kontakt hatte. "Es wurde ein genaues Bewegungsprofil erstellt", sagt Leye.

"Das kommt einer Rasterfahndung gleich"

"Tausende Menschen werden da in ihren Grundrechten eingeschränkt, um einen vermeintlichen Landfriedensbruch zu ermitteln. Das kommt einer Rasterfahndung per Handy gleich", meint auch Kristin Pietrzyk, die als Anwältin das Bündnis Dresden Nazifrei vertritt. Das sei nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch rechtlich unhaltbar.

Sie selbst war am Nachmittag des 19. Februar in der Dresdner Südvorstadt und hat von dort mit Mandanten telefoniert. "Die Behörden haben durch die Funkzellenüberwachung das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant verletzt", sagt sie. Mit Kollegen will sie prüfen, ob sie den Fall vor Gericht bringt.

Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele hatte an jenem Nachmittag in Dresden demonstriert und häufig telefoniert. "Mandatsträger sind besonders geschützte Personen. Ihre Daten dürften deshalb nicht gespeichert werden", sagt er. In einer Ermittlungsakte seien Aufenthaltsorte von ihm samt Uhrzeit festgehalten. Woher die Daten stammen, wisse er nicht.

"Die Funkzellenabfrage trifft friedliche Demonstranten und Anwohner. Nach der einschlägigen Rechtsprechung dürfte sie rechtswidrig gewesen sein", sagt Wolfgang Neskovic, der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Linkspartei. Nach den vorliegenden Informationen sei sie nicht geeignet, nicht erforderlich und auch nicht verhältnismäßig gewesen.

Wie häufig solche FZAs im Rahmen von Strafermittlungen vorgenommen werden, ist unklar. Eine Statistik dazu führen weder Bundesjustizministerium noch Provider. Nur wenige Fälle sind in den vergangenen Jahren bekannt geworden. 2008 etwa haben Ermittler in Niedersachsen Handydaten von rund 10.000 Menschen erfasst. Sie wollten den Täter ermitteln, der einen Holzklotz von einer Autobahnbrücke auf ein Auto geworfen hatte, wodurch die Fahrerin starb. Selbst in diesem Fall war die Genehmigung der zuständigen Richterin für die Funkzellenüberwachung im Nachhinein unter Experten umstritten.

Verhältnismäßigkeit kann bezweifelt werden

In Hamburg drängt die Kriminalpolizei seit April dieses Jahres darauf, die Handyverbindungsdaten im Zusammenhang mit nächtlichen Autobrandstiftungen nutzen zu dürfen. Bisher wurde das von den zuständigen Richtern allerdings als "unverhältnismäßig" abgelehnt. Nur wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass durch die FZA Täter ermittelt werden können, sei diese Maßnahme zulässig, so die Begründung.

Dass im Fall der Dresdner Demonstration der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurde, kann bezweifelt werden. Der richterliche Beschluss zur FZA bezog sich auf Ermittlungen wegen eines Angriffs auf Polizisten. "Die Polizei wollte herausfinden, ob bestimmte Personen, von denen Handynummern bekannt sind, sich am fraglichen Ort aufgehalten haben", sagt Lorenz Haase, Oberstaatsanwalt in Dresden.

In der Strafprozessordnung, die die FZA nur verklausuliert erwähnt, heißt es, dass diese nur zulässig sei, "wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre". In Dresden aber waren über 4.000 Beamte im Einsatz, die das Geschehen filmten.

Über die Hintergründe der FZA hält sich die Staatsanwaltschaft sehr bedeckt. Wurde die FZA im Nachhinein beantragt, oder wurde gar in Echtzeit erfasst, wer mit wem per Handy kommuniziert? Über welchen Zeitraum hat sich die Überwachung erstreckt? Wie viele Menschen sind betroffen, und wie viele Namen wurden zu Handynummern ermittelt? Sind die Daten noch gespeichert? Oberstaatsanwalt Haase will sich dazu nicht äußern.

Polizei übernahm Daten in die Akten

Er bestätigt aber, dass in "mehreren Fällen" die erhobenen Daten auch in Ermittlungsakten einflossen, die nichts mit der eigentlichen Straftat, dem schweren Landfriedensbruch, zu tun hatten. Wie bei Christian Leye. Die Polizei habe, nachdem man seine Personalien festgestellt hatte, auf ihn zugelassene Telefonnummern ermittelt. Als seine Mobilfunknummer in den Daten aus der FZA auftauchte, habe die Polizei zudem die Namen der Personen in Erfahrung gebracht, mit denen er Kontakt hatte.

Dass diese Zweckentfremdung juristisch nicht haltbar sein wird, hat auch die Staatsanwaltschaft inzwischen erkannt. "Die Polizei hat die Daten etwa im Fall von Herr Leye in die Akten übernommen. Wir halten das für nicht notwendig und nicht verwertbar", sagt Haase. Seine Behörde hat vergangene Woche den Ermittlern der Polizei untersagt, weiterhin Handydaten in entsprechende Ermittlungsakten zu übernehmen.

Der sächsische Datenschutzbeauftragte, der durch die taz von der Überwachungsaktion erfuhr, hat am Freitag Anfragen an Staatsanwaltschaft, Polizei, Landeskriminalamt und Innenministerium gestellt. Die Grünen im Landtag wollen den Fall parlamentarisch prüfen lassen. "Es ist ja nicht auszuschließen dass die Behörden das gesamte Territorium in Dresden ausspioniert haben", sagte ihr rechtspolitischer Sprecher, Johannes Lichdi.
Quelle: taz.de

Missouri-Überschwemmungen, zwei Atomkraftwerke umspült /23.06.11

Atomreaktoren stehen mitten im Wasser.

Wegen den Missouri-Überschwemmungen werden im US-Bundesstaat Nebraska zwei Atomkraftwerke umspült. Die Behörden behaupten, die Reaktoren seien sicher. Die Bewohner jedoch machen sich Sorgen.

Die Bilder sind erschreckend: Missouri-Fluten, die zwei Atomkraftwerke in Nebraska umspülen; Reaktoren, die mitten in einem See zu stehen scheinen. Die amerikanische Nuklearaufsicht (NRC) zelebriert dennoch Gelassenheit. Ein Sprecher sagte der «New York Times»: «Die nötigen Vorsichtsmassnahmen sind getroffen.»

Die Bewohner in der umliegenden Region machen sich trotzdem Sorgen. Grund: In einem der betroffenen Reaktoren (im seit April abgeschalteten AKW Fort Cahoun) gab es vor kurzem einen Zwischenfall. Anfang Juni brach im Schaltraum des Atomkraftwerkes ein Feuer aus, das die Kühlung des Abklingbeckens für längere Zeit lahmlegte. Die Betreiber gaben einen «Hinweis auf ein unübliches Ereignis» an die Behörden weiter und diese löste die niedrigste von vier Nuklear-Warnstufen aus, wie der «Omaha World Herald» berichtete. Das AKW Fort Calhoun wird seither sehr aufmerksam von der NRC überwacht. Der Flugverkehr über dem Reaktor wurde eingeschränkt. Das AKW liegt rund 30 Kilometer ausserhalb der Stadt Omaha.

Mangelnder Schutz vor Hochwasser

Doch es kommt noch schlimmer. Beim besagten Kraftwerk stellte die NRC einen mangelnden Schutz vor Hochwasser fest. Dies im Rahmen von Kontrollen im Jahr 2010. Die Atomaufsicht bezeichnete den Verstoss gegen die Sicherheitsvorschriften laut der «New York Times» als sehr gross. Die Betreibergesellschaft hat gemäss eigenen Angaben Ausbesserungen vorgenommen und die Sicherheit des Kraftwerks noch einmal getestet. Fazit: Die Sicherheit sei im «äusserst unwahrscheinlichen Fall einer katastrophalen Überschwemmung» gewährleistet.

Probleme gibt es aber nicht nur im AKW Fort Calhoun. Auch die Betreiber der Cooper Nuclear Station, die 110 Kilometer von der Stadt Omaha entfernt ist, sind in Nöten. Da der Missouri einen Wasserpegel von fast 13 Metern erreicht hat, wurde die niedrigste Nuklear-Warnstufe ausgerufen. Steigt das Wasser um weitere 90 Zentimeter, muss das Kraftwerk vom Netz genommen werden.

Notstand ausgerufen

Die Cooper-Betreiber beschwichtigten ebenfalls. Umweltschützer befürchten jedoch, dass sich radioaktives Kühlwasser mit Flusswasser mischen könnte.

Das Hochwasser des Missouri weitet sich immer mehr zu einer Katastrophe aus. Hunderte Menschen mussten bereits evakuiert werden, grosse Flächen wurden überschwemmt. In Nebraska ist die Lage besonders prekär. Der amerikanische Präsident Barack Obama rief den Notstand für den Bundesstaat aus.
Quelle: http://www.20min.ch

Der grüne Kreisverband Lü-Dbg. und die Anti-Atom-Bewegung wollen keinen Konsens/ 23.06.11

Die grüne Kernfrage

Der grüne Kreisverband Lüchow-Dannenberg und die Anti-Atom-Bewegung wollen keinen Konsens. Ein Besuch im Wendland, dem Kernland des Widerstands. VON MATTHIAS LOHRE

LÜCHOW taz | Wären die Grünen eine Rockband, dann wäre so jemand wie Martina Lammers wohl "ihr größter Fan". Im Flur ihres Einfamilienhauses in Lüchow prangt eines der ersten Wahlplakate der Partei: "Demokratie braucht Luft zum Atmen."

Im Bad hängt neben den Handtüchern, an einem grünen Band, eine grüne Trillerpfeife: Man weiß ja nie. Sieben, acht Mal klingelt Lammers Telefon an diesem Dienstagnachmittag. Immer geht es um die gemeinsame Fahrt nach Berlin, zum Sonderparteitag am Samstag. Bis dahin müht sich die Kreisvorsitzende im kleinen Lüchow-Dannenberg, genug Stimmen für ein Wunder hinzubekommen.

Martina Lammers, 44 Jahre, eine kräftige Frau, halblange schwarze Haare, trägt wieder ihren grauen Hosenanzug. Eine Allzweck-Frisur und Allzweck-Kleidung, die zu fast jedem Anlass passen: zu ihrer Arbeit als Lehrerin an einer Grundschule in einem nahe gelegenen Dorf; zum Werkeln in ihrem Haus im 10.000-Einwohner-Städtchen Lüchow, wo noch drei ihrer vier Kinder leben. Der Jüngste, 14 Jahre alt, kommt in die Küche und geht schnell wieder. Auf der Rückseite seines grünen Hemds steht der Schriftzug der Bäuerlichen Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg. Engagement gegen die Atommülllagerung im nahen Gorleben, gegen das Zwischen- wie das geplante Endlager, ist bei den Lammers Familiensache.

Die Grünen sind nun mal keine Rockband

Deshalb nehmen Menschen wie Martina Lammers es persönlich, wenn ihre Parteiführung im 250 Kilometer entfernten Berlin Ja zu Angela Merkels Atomausstieg sagen will. Denn die Grünen sind nun mal keine Rockband. Lammers mag zwar einer ihrer größten Fans sein, aber sie ist auch seit 13 Jahren Grünen-Vorsitzende in Lüchow-Dannenberg. Im am dünnsten besiedelten Landkreis der alten Bundesrepublik findet regelmäßig, wenn im Herbst die Castor-Transporte kommen, seit mehr als drei Jahrzehnten die Anti-Atom-Bewegung zusammen.

Ein Familientreffen von BUND, Campact, Attac, Nabu, Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Bäuerlicher Notgemeinschaft, Gorlebener Gebet – und all den anderen, die die Wut auf den Atommüll eint. Lammers hat sich deshalb ganz genau angeschaut, wozu die Grünen auf ihrem Parteitag Ja sagen sollen. Und deshalb wird sie mit Nein stimmen.

Die Sorge um Gorleben

"Es wäre unehrlich, zuzustimmen", sagt Lammers in ihrer Küche. Die Sonne scheint herein. Ihre Strahlen haben es doch noch durch die Wolkendecken geschafft. Lammers zählt die Ungereimtheiten des Leitantrags des Bundesvorstands auf, den die Partei abnicken soll: Erst kritisierten die Grünen die mangelnde Sicherheit der AKWs – und sollen ihr jahrelanges Weiterlaufen nun gutheißen? Gorleben werde nicht explizit herausgenommen aus der Suche nach einem Endlagerstandort – dabei sei seine Nichteignung nachgewiesen. Die Grünen hier fürchten, die erkundete Endlagerstätte werde doch noch in Betrieb gehen, einfach weil sie allein existiert. Und warum wollen die Grünen einem Ausstieg bis 2022 zustimmen? Sie selbst haben erst vor kurzem für das Ausstiegsdatum 2017 votiert.

"Ich brauche den Konsens nicht unbedingt", sagt Lammers über die Umarmungstaktik der Bundesregierung. "Die Rolle der Grünen ist es, Schwachpunkte aufzuzeigen und zu mahnen."

Spielen die Grünen jetzt good cop, bad cop? Gibt die Parteiführung also die Kompromissbereite, die entschuldigend auf die störrische Anti-AKW-Bewegung verweist, um aus der Regierung weitere Zugeständnisse herauszukitzeln? Ach was, sagt Lammers. "Aber wenn", ergänzt sie, "dann spiele ich gern das Bad Girl."

Auf die nur rund 50 Grünen hier im Landkreis käme es nicht an, wäre dies hier nicht das Wendland. Ein flacher Landstrich, der für soziale Bewegungen und Grüne eine fast mythische Bedeutung gewonnen hat. Fraktionschefin Renate Künast hat hier ein Feriendomizil, Parteichefin Claudia Roth und Parteigeschäftsführerin Steffi Lemke machen bei Sitzblockaden mit. Das Wendland verleiht Glaubwürdigkeit. Wer es sich als Grüner mit denen hier verscherzt, hat ein Problem.

Erstunterzeichnerin und Rednerin für die Globalalternative

Lammers Telefon klingelt wieder. "Ja, morgen um 17 Uhr ist die Demo gegen die Abschiebung", sagt sie in ihr Handy. "Und du weißt, dass ich jetzt als Erste unter dem Globalalternativantrag stehe?" Sie ist sichtlich stolz. Vor wenigen Stunden hat Lammers erfahren: Noch vor dem populären Schlachtross Hans-Christian Ströbele ist sie jetzt die Nummer eins unter den Unterzeichnern des Antrages, der den Zustimmungskurs zu Fall bringen soll. Deshalb wird sie auch die Rede halten beim Parteitag in Berlin. "Mittlerweile glaube ich", sagt Lammers, "dass es eine Mehrheit gegen ein Ja gibt." Es könnte am Samstag wieder einen historischen Aufstand der Parteibasis geben, und die Wendländer wären mittendrin.

Sie muss los. Für den Abend hat sie eingeladen ins nahe gelegene Dorf Gedelitz: eine Veranstaltung, bei der örtliche Grüne mit Vertretern der Initiativen ins Gespräch kommen wollen. "Nehme ich den Grünen-Pulli fürs Foto?", fragt sich Lammers laut beim Aufstehen. Sie entscheidet sich für den grünen Schal. "Ohne wäre das jetzt irgendwie nicht …"

Auf der Fahrt von Lüchow nach Gedelitz geht es durch mehrere Dörfer. Entlang der Straße stehen etliche restaurierte Backsteinhäuser. Auf Feldern grasen Kühe, im Hintergrund drehen sich große Windräder. Hierher kamen seit den 70ern viele Linke aus den westdeutschen Großstädten. Wegen der schönen Aussicht. Wegen der Zonenrandförderung. Wegen der Nähe zur Transitstrecke aus West-Berlin. Und wegen der Anti-Atom-Proteste. Ein Idyll mit vielen großen gelben X aus Holzbrettern: dem Erkennungsmerkmal.

"Rebecca" und "Trittin"

Am Abend in der einzigen Gaststätte des Dörfchens soll es um eine Frage gehen: Welchen Atomausstieg wollen wir? "Wir" - dieses Wörtchen ist sehr wichtig für die hiesigen Grünen. Denn dass sie sich dazu zählen dürfen, zum Widerstand, das war lange Zeit nicht sicher. Nach dem rot-grünen Atomausstieg im Jahr 2000 trat die gesamte, siebenköpfige Ratsfraktion der Grünen aus Protest aus. Und mehr als die Hälfte der Parteimitglieder verließ die Partei. Im Bund ließ sich die Partei für den damaligen Kompromiss mit den Betreiberkonzernen feiern, hier aber gilt er bis heute als Verrat. Claudia Roth nennen sie "die Claudia", die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms, eine von hier, ist "Rebecca". Jürgen Trittin aber, der den damaligen Konsens als Bundesumweltminister verantwortete, heißt hier bis heute nur "Trittin".

Wenige sind gekommen zum Treffen ins alte Gasthaus Wiese. Während der Castor-Transporte ist hier immer volle Bude. Heute spielen ein paar alte Herren lautstark Karten, während im Saal nebenan auf knarzigen Dielen und an Holztischen 20 Engagierte tagen. Männer und Frauen in legerer Kleidung, vor allem Ältere. Man kennt sich, man duzt sich. Lammers leitet die Sitzung vom Kopfende. Schnell sind sich alle einig: Die hiesigen Grünen müssen Front machen gegen eine Zustimmung zum Leitantrag des Bundesvorstands. Lammers nickt immer wieder. Ganz ihre Meinung.

Am Tisch sitzt auch eine kleine, alte Frau. Ihre dicke graubraune Wolljacke wirkt wie eine bequeme Panzerung. Mit fester Stimme sagt sie: "Wenn die Grünen uns jetzt verraten, dann sind sie auch verraten." Schließlich seien in seltener Einmütigkeit etliche Verbände gegen den schwarz-gelben Atomausstieg: Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW), Campact, BUND, Nabu und so weiter. Jeder hier kennt die resolute Rednerin: Marianne Fritzen, 87 Jahre. Auf dem alten Grünen-Wahlplakat in Lammers Haus ist sie zu sehen: eine kleine, skeptisch blickende Frau vor einer Reihe Polizisten in Gorleben. 32 Jahre ist das her. 2000 verließ Fritzen wegen des Atomkonsenses die Partei. Damals kam Minister Trittin extra aus Berlin angefahren, um die Gründe für ihren Austritt zu hören. Sie hat diesen Schritt bis heute nicht bereut, sagt sie.

Einer ist sauer

Nur einer stört das Idyll der Gleichgesinnten. Jürgen Stolp, etwa Mitte 50, will sich für seine Grünen-Mitgliedschaft nicht des Verrats bezichtigen lassen. Auch nicht von Fritzen, der Galionsfigur des Widerstands. Ja, sagt er laut, 2001 sei er beinahe aus der Partei ausgetreten und auch aus der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Aber er habe es sich nicht so einfach gemacht. Kompromisse seien schwer, aber jemand müsse sie nun mal schließen. Stolp ist sauer.

Am Rand sitzt Wolf-Rüdiger Marunde. Der Cartoonist mit dem vollen schwarzgrauen Haar ist eines der wenigen Nichtparteimitglieder am Tisch, er ist Mitglied der Bäuerlichen Notgemeinschaft. Mit ruhiger Stimme sagt der 57-Jährige in die Runde: "Wenn ihr dem zustimmt aus strategischen Gründen, dann seid ihr nicht mehr meine Freunde." Lachen am Tisch, dabei sind Marundes Worte ernst gemeint. Die Runde geht nach zwei Stunden auseinander. Die Sonne ist noch immer nicht untergegangen. Stolp und Marunde – das Parteimitglied und der Mann aus der Bewegung – treffen kurz aufeinander. Marunde lächelt und sagt: "Na, du Verräter?"
Quelle: taz.de

Dienstag, 14. Juni 2011

Blockade vor dem Salzstock Gorleben /14.06.11

Seit dem heutigen Mittag blockieren etwa 40 Aktivist_innen die Zufahrt zum Erkundungsbergwerk Gorleben. Die Forderung lautet "Gorleben stoppen!". Ein Tripod mit einer Kletteraktivistin steht im Mittelpunkt des Geschehens. Mahnwache am Salinasgelände."Der Schwarzbau Gorleben muss umgehend beendet werden und der Castortransport für November diesen Jahres gehört abgesagt", kommentiert Kerstin Rudek von der BI das Geschehen.

Wer kann, der kommt.

weitere Infos: http://www.gorleben-versalzen.de/
Foto: http://www.castortv.de/

Sonntag, 12. Juni 2011

Fotos: Rückenwind für Gorleben-Gegner /12.06.11

Gorleben versalzen - 12. Juni 2011
Unter dem Motto "Gorleben Versalzen" haben Atomkraftgegner aus dem Wendland am Pfingstsonntag mehrfach die Salzhalde des so genannten Erkundungsbergwerks in Gorleben gestürmt. In der Nacht brachten sie auf dem aufgeschichteten Salz die Aufschrift "Das Salz zurück in die Erde" an. Der Schriftzug in weißer Farbe maß 70 mal 8 Meter. Bei Tag wurde das Werk von rund 800 Protestierern bejubelt.
Fotos: www.PubliXviewinG.de

Die Bilder können honorarfrei verwendet werden. Belegexemplar oder Angabe des Links erbeten. Bitte verwenden Sie als Copyrightvermerk den in den IPTC-Daten genannten Namen. Für Texte verwenden Sie bitte das Agenturkürzel pxv

--------------------------------------------------------------------------------------
Rückenwind für Gorleben-Gegner

12. 06. 2011

Die Gorleben-Gegner/innen verspüren Rückenwind: mehr als 800 Menschen folgten am Pfingstsonntag dem Aufruf der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) zu einer Demonstration. Kurz zuvor hatten laut ZDF-Politbarometer 71% der Befragten für einen Neustart in der Endlagersuche votiert.
“Die Debatte um den Atomausstieg wurde nach dem Super-GAU in Fukushima heftig geführt, ausgeblendet wurde jedoch das Atommülldilemma”, kritisiert die BI. Unter der Parole “Gorleben versalzen” will eine regionales Bündnis in Norddeutschland unterstreichen, dass eine vergleichende Untersuchung verschiedener möglicher Wirtsgesteine mit dem Joker “Gorleben” nicht länger akzeptiert wird. “Bisher raschelte es nur im Blätterwald, als nach dem Grünen Ministerpräsidenten Baden- Württembergs, Winfried Kretschmann, auch der CSU-Chef Horst Seehofer seine Blockadehaltung zu einer Endlagersuche in Bayern aufgab. Aber passiert ist nichts, außer dass in Gorleben im Drei-Schicht-Betrieb weiter gebaut wird”, kritisiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.”Gorleben ist kein regionales Problem. Neben Morsleben und der Asse II steht Gorleben für das Scheitern der deutschen Entsorgungspolitik”, unterstrich die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek.
Die bunte Demo-Karawane zog demonstrativ mit Schubkarren an der polizeilich gut gesicherten Baustelle des sogenannten “Erkundungsbergwerks” vorbei und umrundete die aufgefahrene Salzhalde. Dort hatten Aktivisten den Zaun überwunden und mit Lettern auf dem Salzberg die Forderung markiert, “das Salz gehört in die Erde”. Den Zaun hatten die einige Aktivisten aufgedröselt, die Polizei nahm 27 Atomkraftgegner, die mit Anti-Atom-Fahnen und zum Teil auch mit Schubkarren auf den Salzberg gelangten, fest, eine Frau verletzte sich bei der Aktion am scharfen Gestein.
Bis Donnerstag sollen mit Mahnwache und demonstrativen Spaziergängen die Aktionen fortgesetzt werden.
Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06 we
Quelle: http://www.bi-luechow-dannenberg.de/chronologisch/pressemitteilungen/ruckenwind-fur-gorleben-gegner

Video Gorleben: 800 Teilnehmer und 27 Festnahmen /12.06.11

Video: Graswurzel.tv 3.24min, Schnitt: Marco Kühne, Suse Neubronner Kamera: Marco Kühne

Ersten Meldungen zufolge, seien bei der Demonstration am Pfingstsonntag in Gorleben etwa 800 Personen beteiligt gewesen. Atomkraftgegner haben gegen den Ausbau des Salzstocks in Gorleben zum Lager für hoch radioaktive Abfälle demonstriert. Unter dem Motto «Gorleben versalzen» hätten Gruppen aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg das geplante Endlager mit Schubkarren umrundet, sagte ein Sprecher der Bürgerinitiative. An verschiedenen Stellen wurde der Drahtzaun durchtrennt. Einzelnen Demonstranten gelang es, auf eine Salzhalde zu steigen. Die Bürgerinitiative zählte rund 800 Teilnehmer und 27 Festnahmen, nach Polizeiangaben waren es 500 Teilnehmer. Gegen ein Dutzend Teilnehmer werde wegen Landfriedensbruch und Sachbeschädigung ermittelt.
Quelle: u.A.: http://www.bild.de/regional

Die Aktionen "Gorleben versalzen" gehen noch bis zum 17. Juni. Das Camp in Gedelitz freut sich über weitere Teilnehmer.
Weitere Infos unter: http://www.gorleben-versalzen.de/

Gestern Nacht 1. Aktion zu "Gorleben versalzen" . /12.06.11

Um Mitternacht trafen sich gestern Nacht 24 Leute im Gorlebener Wald, nahe der Salzhalde. Sie hatten mehrere riesige Schablonen dabei, auf denen stand:
“Das Salz zurück in die Erde“. Ein Buchstabe hatte dabei etwa die Größe einer Person. Der Schriftzug war gerade auf den Salzberg gemalt, da rückte die Polizei mit Fahrzeugen an und leuchteten zunächst den Wald aus. Der etwa 35 Meter lange Schriftzug wurde entdeckt und die Aktivisten vorübergehend festgenommen. Nach Feststellung der Personalien konnten die Salzbergbemaler gehen. Eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch und „Sachbeschädigung“ wurde angekündigt. Die Aktivisten möchten mit ihrer Aktion genau das deutlich machen, was auf dem Schriftzug zu lesen ist: „- Das Salz zurück in die Erde-. Gorleben ist als Endlager aus mehreren Gründen ungeeignet. Es muß eine alternative Standortsuche erfolgen. Sofort“.
Fotos folgen.

Die Aktionswoche „Gorleben versalzen“ geht noch bis zum 17. Juni. Es gibt ein Camp in Gedelitz, nahe Gorleben. Weitere Infos unter: http://www.gorleben-versalzen.de/








4 Fotos : www.publixviewing.de

Donnerstag, 2. Juni 2011

13. Castor rollt am 24.-??. Nov. 2011 nach Gorleben

13. Castor rollt im Herbst nach Gorleben (vermutl. am 24.-??. Nov. 2011)

Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt neuen Atommülltransport. Aktivisten starten Mobilisierung zu Protesten
Von Max Eckart

Das Timing war aus Sicht von Regierung und Atomindustrie wohl eher suboptimal. Mitten in die Debatte um die Ernsthaftigkeit des Atomausstiegs und einen möglichen Neustart bei der Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Atommüll platzte am Mittwoch die Meldung, daß ein weiterer Castortransport nach Gorleben rollen soll. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) genehmigte den Transport von elf Behältern mit Glaskokillen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague. Darin eingeschmolzen sind stark strahlende Abfälle, die in La Hague als Rückstände beim Re­cycling abgebrannter Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken entstanden sind.

Der nun genehmigte ist der 13. und angeblich letzte Castortransport aus Frankreich nach Gorleben. Weitere Fuhren aus der britischen Plutoniumfabrik Sellafield ins Wendland sind angekündigt, aber noch nicht terminiert. Die Firma »Nuclear Cargos + Service«, Spediteur des Atommülls, hatte am 18. Februar den Castortransport aus La Hague beim BfS beantragt. Sie muß den konkreten Transporttermin nun mit den Innenministerien der beteiligten Länder abstimmen. Die Genehmigung erlischt am 31. Januar 2012. Atomkraftgegner rechnen fest mit einem Termin im November. In den vergangenen Jahren rollten die Transporte immer in diesem Monat. Ein Grund: Das dann oft schlechte Wetter soll Umweltschützer vom Demonstrieren und Blockieren abhalten.

Das Kalkül ging allerdings insbesondere im vergangenen Jahr nicht auf. Tausende Atomkraftgegner konnten den Castortransport im November 2010 durch Massenblockaden auf Schienen und Straßen aufhalten. Bauern ketteten sich an Betonpyramiden, trieben eine Schafherde auf die Transportstrecke und blockierten mit ihren Traktoren und umgesägten Bäumen den Nachschub der Polizei. Die Kosten für den Schutz der Fuhre summierten sich für das Land Niedersachsen auf 33,5 statt der kalkulierten 22 Millionen Euro.

Die Atomkraftgegner aus dem Wendland haben zu massenhaftem Protest auch gegen den nächsten Transport aufgerufen. Die Kampagne steht unter dem Motto »Jetzt schlägt’s 13«, teilte die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg mit. Bereits bei der am Donnerstag eröffneten und bis Pfingsten laufenden »Kulturellen Landpartie« im gleichnamigen Kreis soll kräftig für Demonstrationen und Aktionen gegen den Atommülltransport geworben werden. Die Umweltschützer befürchten, daß die Castortransporte Gorleben als künftigen Standort für ein Endlager festschreiben sollen.

Auch gegen die im vergangenen Jahr wieder aufgenommene Erkundung des Salzstocks Gorleben – die BI spricht von einem Weiterbau des Endlagers – soll es Proteste geben. Ab Mitte August wollen die Atomgegner die Baustelle ein ganzes Jahr lang blockieren. An jedem Tag soll eine andere Initiative die Blockade organisieren. In einem Flugblatt der Gruppe »gorleben365« heißt es: »Wir fordern die sofortige Beendigung aller Arbeiten im Salzstock Gorleben. Um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen, werden wir ab dem 14. August den Baustellenverkehr zum Endlagerbergwerk für 365 Tage blockieren.« Die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek kündigte am Donnerstag auch für das Pfingstwochenende Protestaktionen in Gorleben an.
Quelle: http://www.jungewelt.de

Merkels Energiewende: Kasse machen vor dem Abschalten /31.05.11

Von Stefan Schultz
Der Atomausstieg kommt, aber vorher können E.on, RWE und Co. mit ihren Meilern noch kräftig Geld verdienen: Dank des neuen Atomgesetzes dürfen alle noch aktiven AKW bis 2021 oder gar 2022 durchlaufen. Selbst in der CDU gibt es Unmut über diese Lösung.

Hamburg - Der Atomausstieg wird wohl mit einem Mal stattfinden - zu Beginn des kommenden Jahrzehnts. Laut einem Entwurf des Atomgesetzes, der SPIEGEL ONLINE vorliegt, erteilt die Regierung den Energiekonzernen keine Auflagen, neuere AKW bereits vor 2021 abzuschalten.

Für den Ausstieg werden lediglich drei Daten genannt:

Die Betriebserlaubnis der sieben älteren AKW (Biblis A, Neckarwestheim 1, Biblis B, Brunsbüttel, Isar 1, Unterweser, Philippsburg 1) und das pannenanfällige AKW Krümmel erlischt einen Tag nach Inkrafttreten des schwarz-gelben Atomgesetzes.
Die Betriebserlaubnis für sechs weitere AKW (Grafenrheinfeld, Gundremmingen B, Philippsburg 2, Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf) endet am 31. Dezember 2021.
Die Betriebserlaubnis für die AKW Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 ist bis zum 31. Dezember 2022 begrenzt.

Damit gehen die älteren sieben Meiler und Krümmel etwas früher vom Netz als nach dem rot-grünen Atombeschluss geplant. Die verbleibenden neun AKW laufen zum Teil deutlich länger (siehe Grafik).



Rot-Grün hatte 2001 festgelegt, dass Atomkraftwerke in Deutschland rund 32 Jahre laufen. Die damalige Regierung hatte jedem Kraftwerk eine gewisse Strommenge zugeteilt, die es maximal produzieren darf, ehe die Betrieberlaubnis erlischt: die sogenannte Reststrommenge. Sollte ein AKW nach 32 Jahren noch Reststrommengen übrighaben, konnte es diese auf modernere Kraftwerke übertragen.

Schwarz-Gelb hat diese Regelung ohne Änderungen beibehalten. Das bedeutet: Ältere Kraftwerke dürfen ihre Reststrommengen stets auf neuere übertragen. Stillgelegte AKW dürfen ihre Reststrommengen auf alle AKW übertragen - das gilt auch für die acht Meiler, die 2011 vom Netz gehen. Das schon länger stillgelegte AKW Mülheim-Kärlich darf seine Reststrommengen auf die AKW Gundremmingen B, Gundremmingen C, Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 und Brokdorf übertragen.

Ärger ist programmiert

Da die acht Meiler, die derzeit schon vom Netz sind, dauerhaft abgeschaltet werden, führt das dazu, dass die neueren neun Anlagen zum Teil deutlich länger laufen als die angepeilten 32 Jahre. Das AKW Grafenrheinfeld etwa könnte nun länger als 38 Jahre laufen - ungeachtet aller Sicherheitsbedenken.

Nach Berechnungen des Öko-Instituts reichen die noch vorhandenen Reststrommengen, um die neun moderneren AKW bis Ende des Jahrzehnts durchlaufen zu lassen. Hinzu kommt, dass Atomkraftwerke zweitweise für Wartung vom Netz müssen - und dass sie immer dann, wenn Wind- und Solaranlagen viel Energie in die Netze speisen, ihre Stromproduktion herunterdimmen müssen.

Der Grund: Ökostrom hat in deutschen Netzen Vorfahrt. Die Netzbetreiber müssen den Erzeugern von Wind- und Solarstrom ihre Elektrizität bevorzugt abnehmen, ehe sie Atom- oder Kohlestrom durch die Leitungen lassen. Je mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, desto stärker wird die Kernkraft verdrängt.

"Unterm Strich bedeutet das, dass die neun moderneren AKW bis nahezu Ende 2021 durchlaufen können", sagt Felix Matthes, Energieexperte vom Ökoinstitut. Dadurch entstehe eine gefährliche "Ausstiegsklippe". Um diese zu vermeiden, müsse man die aktuellen Reststrommengen der 17 AKW um rund 35 Prozent kürzen.

Im Bundesumweltministerium stößt die laut Atomgesetz-Entwurf angestrebte Lösung nicht auf Begeisterung. Es gab dort Überlegungen, die verbleibenden Meiler gestaffelt abzuschalten. Auch die Ethikkommission hatte Kanzlerin Merkel eine schrittweise Abschaltung der neun verbleibenden AKW empfohlen.

Die Grünen sind ebenfalls empört: "Tatsache ist: Vor dem 31.12.2021 ist keine weitere Stilllegung geplant", kritisierte Fraktionschef Jürgen Trittin. Kanzlerin Angela Merkel sei dabei, "die historische Chance zu verspielen, den seit Jahrzehnten schwelenden Atomkonflikt in einem echten Konsens zu lösen".

Ärger ist also programmiert - zumal das Atomgesetz in seiner aktuellen Form noch weiteres Konfliktpotential birgt: Das Gesetz tritt erst in einigen Wochen in Kraft - das Moratorium der Bundesregierung für die sieben Altmeiler indes läuft Mitte Juni aus. Theoretisch könnten die Energiekonzerne ihre Methusalemmeiler also noch einmal hochfahren.
Quelle: http://www.spiegel.de

„INAMILLIONYEARS“ startet Blog /31.05.11



„INAMILLIONYEARS“ startet Blog und eine neue Kampagne zu 25 Jahren Reaktorunglück in Tschernobyl „I Remember Chernobyl“.

Alle 25 Jahre passiert statistisch ein GAU. Diese Berechnung und Annahme hat sich vor fünf Wochen bestätigt. Die Anzahl der Stunden, die alle Kernkraftwerke auf der Welt laufen müssen und nach denen ein GAU statistisch passieren kann, war erreicht. Erschreckend. Ein neues Bild hat sich am ersten Märzwochenende in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt: Die Explosion von Fukushima. Auf Grund dieser Ereignisse haben wir uns entschlossen, einen Blog (Link - www.blog.inamillionyears.com - ) als Ergänzung zur www.inamillionyears.com Website zu eröffnen. Es gibt doch zu viele interessante Geschehnisse und wichtige Informationen, als dass wir als Fotografen und Filmemacher jeweils mit unserem Medium adäquat darauf reagieren können. Dieser Blog gibt uns die Möglichkeit zusätzliche Informationen zum Widerstand gegen Atomenergie mit mehr Aktualität zu kommunizieren. Dabei wird weiterhin der Schwerpunkt auf
Fotografie und Film liegen.

Gleichzeitig haben wir eine neue Aktion gestartet: „I Remember Chernobyl“. Hier werden Menschen aus allen Teilen der Welt in kurzen ein bis zweiminütigen Videostatements ihre persönlichen Erinnerungen an die Tage nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl veröffentlichen. Nach dem Unglück am 26. April 1986 gab es ähnlich zu den Geschehnissen heute in Fukushima, Japan, eine große Verunsicherung, da nur wenige Informationen an die Öffentlichkeit gelangten - oftmals erst nach Tagen wurden zurückliegende Ereignisse und deren Gefahren für die Bevölkerung bekannt. Die Bilder aus Fukushima in Japan haben bei vielen Zeitzeugen wieder Erinnerungen an die Zeit nach der Kernschmelze in Tschernobyl ausgelöst: an Ängste, Maßnahmen, Gespräche, Konsequenzen. Heute, 25 Jahre später, wollen wir die Halbwertszeit der Erinnerungen an Tschernobyl verlängern und mit kurzen Videostatements die Geschichten aus dieser Zeit veröffentlichen und dadurch wachhalten.

Daher rufen wir dazu auf: Erzähle auch du uns deine Geschichte zu Tschernobyl !

Über unsere Internetseite bzw. über unseren Blog kann jeder und jede, die einen Internetanschluß, einen Computer und eine Kamera hat, sein Statement an uns schicken:

Hier wird beschrieben, wie es funktioniert und es ist ganz einfach:
http://blog.inamillionyears.com/?page_id=242
Blogadresse: http://blog.inamillionyears.com/

Weiterhin sind unsere Bilder und Multimediastücke über den Widerstand gegen das Atomare Zwischenlager in Gorleben auf unserer Seite zu sehen:

http://www.inamillionyears.com

Kontakt:
presse@inamillionyears.com
+49 172 4123 694

Folgen Sie uns auf:
Twitter
Facebook und Youtube