Donnerstag, 29. Mai 2008

Moratorium für Gorleben endet spätestens im Oktober 2010 /29.05.08

In der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 wurde neben dem Ausstieg aus der Atomkraftnutzung auch ein Moratorium für das geplante Endlager Gorleben vereinbart. Danach wird zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen die Erkundung in Gorleben für mindestens drei, längstens jedoch zehn Jahre unterbrochen. Seit Beginn des Moratoriums im Oktober 2000 finden deswegen keine weiteren Erkundungen des Salzstocks statt.

Bei diesen Fragen geht es nicht um die Eignung oder Nichteignung von Gorleben, sondern um generelle Fragen, die mit der Endlagerung verbunden sind, so z.B. Isolations- und Nachweiszeitraum, Gasentwicklung, Schutzziele und Sicherheitsindikatoren, Mehrbarrierenkonzept). Der abschließende Synthesebericht des Bundesamtes für Strahlenschutz wurde 2005 veröffentlicht [6]. Danach sind keine eindeutigen Vor- oder Nachteile eines Wirtsgesteins gegenüber einem anderen festzustellen. Deshalb sind Vergleiche zwischen verschiedenen potenziellen Standorten notwendig, um den relativ besten Standort zu identifizieren. Dies gilt auch für Gorleben. Der Standort muss sich danach mit andere Standorten einer vergleichenden Bewertung stellen.

Einer solchen vergleichenden Standortbewertung, wie sie auch vom Bundesumweltministerium gefordert wird, stößt auf Widerstand. Verschiedene Kreise aus der Industrie, Politik und Verwaltung drängen darauf, Gorleben weiter bis zu Ende zu erkunden. Ihnen genügt ein Endlagerstandort, der die für eine Genehmigung erforderlichen Mindestanforderungen erfüllt.

Auf der anderen Seite stehen die Vertreter, die eine neue Standortsuche mit einem Standortvergleich unter Einbezug von Gorleben fordern. Dies wird als dringend nötig angesehen, um die Auseinandersetzungen um Gorleben zu entschärfen und neue Handlungsoptionen zu eröffnen. Zudem sei eine vergleichende Standortbewertung aus methodischen Gründen notwendig und in vielen Ländern bereits Standard, z.B. in der Schweiz und in Schweden. Nur in Deutschland solle an Gorleben, bei dessen Auswahl sicherheitsorientierte Kriterien keine besondere Rolle gespielt hätten, festgehalten werden.

Das Moratorium für das geplante Endlager Gorleben läuft spätestens im Oktober 2010 aus. Tatsächlich bewegt in der Diskussion um die Eignung von Gorleben hat sich nichts. Verantwortliche Politiker haben ihre Entscheidungen ausgesessen. Die Atomlobby versucht in immer wieder neuen Anläufen den in grundwasserkontakt stehenden Salzstock Gorleben als sicher darzustellen.

Der Atomkonsensvertrag vom 14.06.00

Der "Atomkonsens"
Am 14. Juni 2000 unterzeichneten in Berlin Vertreter der vier größten Energieversorgungsunternehmen (VEBA AG, VIAG AG, RWE AG und Energie Baden-Würtemberg AG) und die Bundesregierung eine Vereinbarung, mit der die zukünftige Nutzung der Atomenergie geregelt werden soll. Der Vertrag (1) sichert den Stromkonzernen auf Jahrzehnte kostengünstigen und vor allem auch ungestörten Weiterbetrieb der bestehenden Atomkraftwerke.


- 1 -
Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000


- 2 -
Gliederungsübersicht
I. Einleitung Seite 3
II. Beschränkung des Betriebs der Seite 4 bestehenden Anlagen
III. Betrieb der Anlagen während Seite 6 der Restlaufzeit
IV. Entsorgung Seite 8
V. Novelle des Atomgesetzes Seite 11
VI. Sicherung der Beschäftigung Seite 11
VII. Monitoring Seite 12
VIII. Anhang
Tabelle zu den Strommengen Anlage 1
Erklärung des Bundesumweltministeriums Anlage 2 gegenüber RWE
zum weiteren Verfahren der Nachrüstung des KKW Biblis A
Periodische Sicherheitsüberprüfung Anlage 3
Erklärung des Bundes zur Erkundung des Anlage 4
Salzstockes Gorleben
Summarische Darstellung einer Anlage 5
Novelle des Atomgesetzes


- 3 -
I. Einleitung
Der Streit um die Verantwortbarkeit der Kernenergie hat in unserem Land über Jahrzehnte hinweg zu heftigen Diskussionen und Auseinandersetzungen in der Gesellschaft geführt. Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichen Haltungen zur Nutzung der Kernenergie respektieren die EVU die Entscheidung der Bundesregierung, die Stromerzeugung aus Kernenergie geordnet beenden zu wollen.
Vor diesem Hintergrund verständigen sich Bundesregierung und Versorgungsunternehmen darauf, die künftige Nutzung der vorhandenen Kernkraftwerke zu befristen. Andererseits soll unter Beibehaltung eines hohen Sicherheitsniveaus und unter Einhaltung der atomrechtlichen Anforderungen für die verbleibende Nutzungsdauer der ungestörte Betrieb der Kernkraftwerke wie auch deren Entsorgung gewährleistet werden.
Beide Seiten werden ihren Teil dazu beitragen, dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird. Die Bundesregierung wird auf der Grundlage dieser Eckpunkte einen Entwurf zur Novelle des Atomgesetzes erarbeiten. Bundesregierung und Versorgungsunternehmen gehen davon aus, dass diese Vereinbarung und ihre Umsetzung nicht zu Entschädigungsansprüchen zwischen den Beteiligten führt. Bundesregierung und Versorgungsunternehmen verstehen die erzielte Verständigung als einen wichtigen Beitrag zu einem umfassenden Energiekonsens. Die Beteiligten werden in Zukunft gemeinsam daran arbeiten, eine umweltverträgliche und im europäischen Markt wettbewerbsfähige Energieversorgung am Standort Deutschland weiter zu entwickeln. Damit wird auch ein wesentlicher Beitrag geleistet, um in der Energiewirtschaft eine möglichst große Zahl von Arbeitsplätzen zu sichern.


- 4 -
II. Beschränkung des Betriebs der bestehenden Anlagen
1. Für jede einzelne Anlage wird festgelegt, welche Strommenge sie gerechnet ab dem 01.01.2000 bis zu ihrer Stilllegung maximal produzieren darf (Reststrommenge). Die Berechtigung zum Betrieb eines KKW endet, wenn die vorgesehene bzw. durch Übertragung geänderte Strommenge für die jeweilige Anlage erreicht ist.
2. Die Reststrommenge (netto) wird wie folgt berechnet:
· Für jede Anlage wird auf der Grundlage einer Regellaufzeit von 32 Kalenderjahren ab Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebs die ab dem 01.01.2000 noch verbleibende Restlaufzeit errechnet. Für Obrigheim wird eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2002 vereinbart.
· Weiterhin wird eine jahresbezogene Referenzmenge zu Grunde gelegt, die für jedes Kraftwerk als Durchschnitt der 5 höchsten Jahresproduktionen zwischen 1990 und 1999 berechnet wird. Die Referenzmenge beträgt für die KKW insgesamt 160,99 TWh/a (ohne Mülheim-Kärlich).
· Gegenüber diesen Referenzmengen wird für die Restlaufzeit auf Grund der sich fortsetzenden technischen Optimierung, der Leistungserhöhung einzelner Anlagen und der durch die Liberalisierung u.a. veränderten Reservepflicht zur Netzstabilisierung eine um 5,5 % höhere Jahresproduktion unterstellt.
· Die Reststrommenge ergibt sich durch Multiplikation der um 5,5 % erhöhten Referenzmenge mit der Restlaufzeit.


- 5 -
Die sich so für die einzelnen KKW ergebenden Reststrommengen sind in der Anlage 1 aufgeführt. Diese Reststrommengen werden im Anhang zur Novelle des AtG verbindlich festgelegt; Ziff. II / 4 bleibt unberührt.
3. Die EVU verpflichten sich, monatlich dem Bundesamt für Strahlenschutz die erzeugte Strommenge zu melden.
4. Die EVU können Strommengen (Produktionsrechte) durch Mitteilung der beteiligten Betreiber an das BfS von einem KKW auf ein anderes KKW übertragen. Zwischen den Verhandlungspartnern besteht Einvernehmen, dass die Flexibilität genutzt wird, um Strommengen von weniger wirtschaftlichen auf wirtschaftlichere Anlagen zu übertragen. Deshalb werden grundsätzlich Strommengen von älteren auf neuere und von kleineren auf größere Anlagen übertragen. Sollten Strommengen von neueren auf ältere Anlagen übertragen werden, bedarf dies des Einvernehmens zwischen den Verhandlungspartnern im Rahmen der Monitoring-Gruppe (vgl. Ziffer VII) unter Beteiligung des betroffenen EVU; dies gilt nicht bei gleichzeitiger Stilllegung der neueren Anlage.
5. RWE zieht den Genehmigungsantrag für das KKW Mülheim-Kärlich zurück. Ebenso nimmt das Unternehmen die Klage auf Schadensersatz gegen das Land Rheinland- Pfalz zurück. Mit der Vereinbarung sind alle rechtlichen und tatsächlichen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren sowie mit den Stillstandszeiten der Anlage abgegolten.
RWE erhält die Möglichkeit entsprechend der Vereinbarung 107,25 TWh gemäß Ziff. II/4 auf andere KKW zu übertragen.


- 6 -
Es besteht Einvernehmen, dass diese Strommenge auf das KKW Emsland oder andere neuere Anlagen sowie auf die Blöcke B und C des KKW Gundremmingen und max. 20 % auf das KKW Biblis B übertragen werden.
III. Betrieb der Anlagen während der Restlaufzeit
1. Sicherheitsstandard / Staatliche Aufsicht
Unbeschadet unterschiedlicher Einschätzungen hinsichtlich der Verantwortbarkeit der Risiken der Kernenergienutzung stimmen beide Seiten überein, dass die Kernkraftwerke und sonstigen kerntechnischen Anlagen auf einem international gesehen hohen Sicherheitsniveau betrieben werden. Sie bekräftigen ihre Auffassung, dass dieses Sicherheitsniveau weiterhin aufrecht erhalten wird.
Während der Restlaufzeiten wird der von Recht und Gesetz geforderte hohe Sicherheitsstandard weiter gewährleistet; die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, um diesen Sicherheitsstandard und die diesem zugrundeliegende Sicherheitsphilosophie zu ändern. Bei Einhaltung der atomrechtlichen Anforderungen gewährleistet die Bundesregierung den ungestörten Betrieb der Anlagen.
Zum weiteren Verfahren der Nachrüstung des KKW Biblis A wird auf die in Anlage 2 enthaltene Erklärung des Bundesumweltministeriums gegenüber der RWE AG verwiesen.
Die EVU werden bis zu den in Anlage 3 genannten Terminen Sicherheitsüberprüfungen (SSA und PSA) durchführen und die Ergebnisse den Aufsichtsbehörden vorlegen. Damit wird eine bei der Mehrzahl der KKW begonnene Praxis fortgesetzt.


- 7 -
Die Prüfungen sind alle 10 Jahre zu wiederholen. Die PSÜ entfällt, wenn der Betreiber verbindlich erklärt, dass er den Betrieb der Anlage binnen 3 Jahren nach den in Anlage 3 genannten Terminen einstellen wird.
Die Sicherheitsüberprüfung erfolgt auf der Grundlage des PSÜ-Leitfadens. Bei einer Fortentwicklung des Leitfadens wird BMU die Länder, die Reaktorsicherheitskommission und die Betreiber der KKW beteiligen. Die Pflicht zur Vorlage einer Sicherheitsüberprüfung wird als Betreiberpflicht zur Unterstützung der staatlichen Aufsicht im Rahmen des § 19 AtG gesetzlich normiert. Die Unabhängigkeit und Qualifikation der GRS bleibt gewährleistet. Die Forschung auf dem Gebiet der Kerntechnik, insbesondere der Sicherheit, bleibt frei.
2. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird. Dies gilt auch für das Steuerrecht. Allerdings wird die Deckungsvorsorge durch Aufstockung der so genannten zweiten Tranche oder einer gleichwertigen Regelung auf einen Betrag von 5 Mrd. DM erhöht.


- 8 -
IV. Entsorgung
1. Zwischenlager
Die EVU errichten so zügig wie möglich an den Standorten der KKW oder in deren Nähe Zwischenlager. Es wird gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht, vorläufige Lagermöglichkeiten an den Standorten vor Inbetriebnahme der Zwischenlager zu schaffen.
2. Wiederaufarbeitung
Die Entsorgung radioaktiver Abfälle aus dem Betrieb von KKW wird ab dem 01.07.2005 auf die direkte Endlagerung beschränkt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Transporte zur Wiederaufarbeitung zulässig. Angelieferte Mengen dürfen verarbeitet werden. Die Wiederaufarbeitung setzt den Nachweis der schadlosen Verwertung für die zurückzunehmenden Wiederaufarbeitungsprodukte voraus. Die EVU werden gegenüber ihren internationalen Partnern alle zumutbaren vertraglichen Möglichkeiten nutzen, um zu einer frühestmöglichen Beendigung der Wiederaufarbeitung zu kommen. Die Bundesregierung und EVU gehen davon aus, dass in dem vorgesehenen Zeitraum die noch verbleibenden Mengen transportiert werden können. Sie gehen des weiteren davon aus, dass die Genehmigungsverfahren für Transporte zur
Wiederaufarbeitung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bis zum Sommer 2000 abgeschlossen werden können.


- 9 -
Sollte der Prozess der Abwicklung der Wiederaufarbeitung aus von den EVU nicht zu vertretenden Gründen nicht zeitgerecht durchgeführt werden können, werden beide Seiten rechtzeitig nach geeigneten Lösungen suchen.
3. Transporte
Die EVU können abgebrannte Brennelemente bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bis zur Inbetriebnahme der jeweiligen standortnahen Zwischenlager in die regionalen Zwischenlager sowie bis zur Beendigung der Wiederaufarbeitung ins Ausland transportieren. Beide Seiten gehen davon aus, dass die standortnahen Zwischenlager in einem Zeitraum von längstens fünf Jahren betriebsbereit sind.
Bundesregierung, Länder und EVU richten gemeinsam eine ständige Koordinierungsgruppe zur Durchführung der Transporte ein. Zu den Aufgaben gehört auch die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern.
4. Gorleben
Die Erkundung des Salzstockes in Gorleben wird bis zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen für mindestens 3, längstens jedoch 10 Jahre unterbrochen.
Die Bundesregierung gibt zur Erkundung des Salzstockes Gorleben eine Erklärung
ab, die als Anlage 4 Bestandteil dieser Vereinbarung ist.


- 10 -
5. Pilotkonditionierungsanlage
Die zuständigen Behörden schließen das Genehmigungsverfahren für die Pilotkonditionierungsanlage nach den gesetzlichen Bestimmungen ab. Die Nutzung der Anlage wird auf die Reparatur schadhafter Behälter beschränkt. Ein Antrag auf Sofortvollzug der atomrechtlichen Genehmigung wird nur bei akutem Bedarf gestellt.
6. Schacht Konrad
Die zuständigen Behörden schließen das Planfeststellungsverfahren für den Schacht Konrad nach den gesetzlichen Bestimmungen ab. Der Antragsteller nimmt den Antrag auf sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zurück, um eine gerichtliche Überprüfung im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen.
7. Kosten für Gorleben und Schacht Konrad
Es besteht Einvernehmen, dass die Kosten für Gorleben und Schacht Konrad notwendigen Aufwand darstellen. Die EVU werden daher im Hinblick auf Gorleben
und auf die von ihnen anteilig zu übernehmenden Kosten für Schacht Konrad keine Rückzahlung von Vorauszahlungen verlangen. Grundlage ist die vom Bund abgegebene Zusage zur Sicherung des Standortes Gorleben während des Moratoriums (vgl. in Anlage 4 die Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes in Gorleben). Die Offenhaltungskosten werden von den EVU (bei Schacht Konrad anteilig) übernommen.
Die EVU nehmen zur Kenntnis, dass sich die Bundesregierung um eine vergleichsweise Klärung von Entschädigungsansprüchen des


- 11 -
Bundes gegen das Land Niedersachsen im Zusammenhang mit früheren aufsichtlichen Verfügungen bzw. der Nichterteilung von Zulassungen bemüht. Die EVU erklären, dass sie bezüglich der auf sie entfallenden Anteile keine Rückzahlungsansprüche gegen den Bund geltend machen werden.
8. Entsorgungsvorsorgenachweis
Der Entsorgungsvorsorgenachweis wird an die Inhalte dieser Vereinbarung angepasst.
V. Novelle des Atomgesetzes
1. Die EVU nehmen zur Kenntnis, dass die Bundesregierung die Einführung eines gesetzlichen Neubauverbots für KKW sowie einer gesetzlichen Verpflichtung zur Errichtung und Nutzung von standortnahen Zwischenlagern beabsichtigt.
2. Die Bundesregierung wird auf der Grundlage dieser Eckpunkte einen Entwurf zur Novelle des AtG erarbeiten (siehe dazu die summarische Darstellung in Anlage 5). Die Beteiligten schließen diese Vereinbarung auf der Grundlage, dass das zu novellierende Atomgesetz einschließlich der Begründung die Inhalte dieser Vereinbarung umsetzt. Über die Umsetzung in der AtG-Novelle wird auf der Grundlage des Regierungsentwurfs vor der Kabinettbefassung zwischen den Verhandlungspartnern beraten.


- 12 -
VI. Sicherung der Beschäftigung
Für Bundesregierung und EVU hat die Sicherung der Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft einen hohen Stellenwert. Die mittelfristig angelegte Vorgehensweise und insbesondere die Möglichkeit zur flexiblen Handhabung der Laufzeiten sollen diesem Anliegen Rechnung tragen. Bundesregierung und EVU werden darüber sprechen, wie die Rahmenbedingungen für eine umweltverträgliche und im europäischen Markt wettbewerbsfähige Energieversorgung gestaltet werden können, um den Energiestandort Deutschland zu stärken. Im Ergebnis wollen die Beteiligten erreichen, dass mit Investitionen in Kraftwerke sowie Energiedienstleistungen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in möglichst großem Umfang in unserem Land gesichert werden.
VII. Monitoring
Um die Umsetzung der gemeinsamen Vereinbarungen zu begleiten, wird eine hochrangige Arbeitsgruppe berufen, die sich aus drei Vertretern der beteiligten Unternehmen und drei Vertretern der Bundesregierung zusammensetzt. Unter Vorsitz von ChefBK bewertet die Arbeitsgruppe in der Regel einmal im Jahr - ggf. unter Heranziehung externen Sachverstands - gemeinsam die Umsetzung der in dieser Vereinbarung enthaltenen Verabredungen.


- 13 -
Die Vereinbarung wird paraphiert :
für die Energieversorgungsunternehmen von für die Bundesregierung von
........................................................... ......................................................................
Dr. Walter Hohlefelder, VEBA AG Staatssekretär Dr. Frank-Walter Steinmeier,
Chef des Bundeskanzleramtes
..........................................................
Gerald Hennenhöfer, VIAG AG
.......................................................... ....................................................................
Dr. Gerd Jäger, RWE AG Staatssekretär Rainer Baake,
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit
......................................................... ..................................................................
Dr. Klaus Kasper, Staatssekretär Dr. Alfred Tacke,
Energie Baden-Württemberg AG Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Berlin, den 14. Juni 2000


- 14 -


- 15 -
Anlage 1
Reststrommengen (netto) für die einzelnen KKW
KKW Reststrommenge ab 01.01.2000
(TWh netto)
Obrigheim 8,70 ; Stade 23,18 ; Biblis A 62,00 ; Neckarwestheim I 57,35 ; Biblis B 81,46 ; Brunsbüttel 47,67 ; Isar 1 78,35 ; Unterweser 117,98 ; Philippsburg 1 87,14 ; Grafenrheinfeld 150,03 ; Krümmel 158,22 ; Gundremmingen B 160,92 ; Philippsburg 2 198,61 ; Grohnde 200,90 ; Gundremmingen C 168,35 ; Brokdorf 217,88 ; Isar 2 231,21 ; Emsland 230,07 ; Neckarwestheim 2 236,04 ;
Summe 2.516,05

Mülheim-Kärlich 107,25

Gesamtsumme 2.623,30


- 16 -
Die Tabelle enthält die für die einzelnen KKW festgelegten Reststrommengen, die für jedes KKW wie folgt berechnet wurden:
1. Tagesscharfe Berechnung der Restlaufzeit bei einer Regellaufzeit von 32 Kalenderjahren ab Beginn des kommerziellen Leistungsbetriebes.
2. Berechnung einer Referenzmenge als Durchschnitt der fünf höchsten Jahresproduktionsmengen zwischen 1990 und 1999 für jedes KKW (160,99 TWh/a für die KKW insgesamt).
3. Zuschlag in Höhe von 5,5 % auf die Referenzmenge.
4. Berechnung der Reststrommenge als Produkt aus Restlaufzeit und der um den Zuschlag erhöhten Referenzmenge.


- 17 -
Anlage 2
Erklärung des Bundesumweltministeriums gegenüber RWE zum weiteren Verfahren der Nachrüstung des Kernkraftwerkes Biblis Block A
Die Hessische Aufsichtsbehörde hat am 27.03.1991 nachträgliche Auflagen zur sicherheitstechnischen Nachrüstung von Biblis A erlassen. Das Bundesumweltministerium bekräftigt seine Auffassung, dass für einen mehrjährigen Weiterbetrieb Nachrüstungen als auch ein qualifiziertes Notstandssystem sicherheitstechnisch notwendig sind.
Das Bundesumweltministerium prüft derzeit, inwieweit ein sicherer Betrieb von Biblis A bis zur Realisierung bestimmter Nachrüstungen gewährleistet ist. Das Ergebnis wird dem Betreiber bis spätestens Ende August mitgeteilt.
Die Regelungen der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgern vom 14. Juni 2000 sehen vor, dass Biblis A ab dem 01.01.2000 bis zur Stilllegung maximal 62 TWh produzieren darf.
Das Bundesumweltministerium wird bis spätestens Ende August 2000 gegenüber der hessischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren festlegen; dazu gehören eine Strukturierung der Verfahren und eine Definition der Bewertungsmaßstäbe.
Unter der Voraussetzung einer Erklärung des Betreibers, auf eine Übertragung von Energiemengen auf Biblis A zu verzichten und der Betreiber die noch zu produzierende Energiemenge definitiv festlegt, wird binnen 3 Monaten über ein Nachrüstungsprogramm entschieden, das sowohl den sicheren Betrieb gewährleistet als auch in angemessenem Verhältnis zur Restnutzung steht. Die nachträglichen Auflagen werden in diesem Fall angepasst. Das Bundesumweltministerium wird umgehend die notwendigen Gespräche einleiten.


- 18 -


- 19 -
Übersicht über die Sicherheitsüberprüfungen in den KKW
KKW (Jahr der Inbetriebnahme) Sicherheits- Status-Analyse (SSA)
Probabilistische Sicherheits-Analyse (PSA)
Nächste PSÜ
Obrigheim (1968) 97 98 entfällt, da 1998 durchgeführt
Stade (1972) 8/87 3/97 31.12.2000
Biblis A (1974) 2/91 2/91 31.12.2001
Biblis B (1976) - 8/89 31.12.2000
Neckarwestheim 1 (1976) 12/98 12/94 31.12.2007
Brunsbüttel (1976) - 3/97 30.06.2001
Isar 1 (1977) 10/94 10/92 31.12.2004
Unterweser (1978) 6/90 8/95 31.12.2001
Philippsburg 1 (1979) 8/95 5/98 31.08.2005
Grafenrheinfeld (1981) 10/98 4/96 31.10.2008
Krümmel (1983) 6/98 12/97 30.06.2008
Gundremmingen B/C (84) 12/97 6/93 31.12.2007
Grohnde (1984) - 8/98 31.12.2000
Philippsburg 2 (1984) 10/98 6/98 31.10.2008
Brokdorf (1986) 10/96 6/96 31.10.2006
Isar 2 (1998) 9/99 6/99 31.12.2009
Emsland (1988) 12/98 4/98 31.12.2009
Neckarwestheim 2 (1988) 12/98 7/98 31.12.2009


- 21 -
Anlage 4
Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes in Gorleben
Gemäß § 9 a Abs. 3 des Atomgesetzes hat der Bund die gesetzliche Aufgabe, Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Stoffe einzurichten. Die Bundesregierung bekennt sich zu dieser Aufgabe und erklärt, dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um unbeschadet des Ausstiegs aus der Kernenergie die benötigten Endlagerkapazitäten für radioaktive Abfälle rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.
Als potenzielle Wirtsgesteine für Endlager kommen sowohl Salz als auch andere Gesteinsformationen
wie Granit und Ton in Betracht. 1979 wurde entschieden, für eine mögliche Endlagerung den Salzstock Gorleben zu erkunden. Die dabei bisher gewonnenen geologischen Erkenntnisse stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:
Die Ausdehnung des für die Einlagerung von hochradioaktiven Abfällen vorgesehenen Älteren Steinsalzes hat sich im Rahmen der Erkundung des Erkundungsbereich 1 (EB 1) als größer erwiesen, als ursprünglich angenommen. Der EB 1 reicht allerdings für die prognostizierte Abfallmenge nicht aus.
Die analytisch bestimmten Hebungsraten des Salzstockes lassen erwarten, dass im Hinblick auf mögliche Hebungen auch in sehr langen Zeithorizonten (größenordnungsmäßig 1 Mio. Jahre)nicht mit hierdurch verursachten Gefährdungen zu rechnen ist. Es wurden keine nennenswerten Lösungs-, Gas- und Kondensateinschlüsse im Älteren Steinsalz gefunden. Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstockes Gorleben zwar nicht entgegen.
Allerdings sieht die Bundesregierung im Zusammenhang mit der laufenden internationalen Diskussion die Notwendigkeit, die Eignungskriterien für ein Endlager fortzuentwickeln und die Konzeption für die Endlagerung radioaktiver Abfälle zu überarbeiten. Der Stand von Wissenschaft und Technik und die allgemeine Risikobewertung haben sich in den letzten Jahren erheblich weiter entwickelt; dies hat Konsequenzen hinsichtlich der weiteren Erkundung des Salzstockes in Gorleben. Vor allem folgende Fragestellungen begründen Zweifel:
- Die Beherrschbarkeit von Gasbildung in dichtem Salzgestein in Folge von Korrosion und Zersetzung der Abfälle stellt ein besonderes Problem dar.
- International wird verstärkt die Rückholbarkeit der radioaktiven Abfälle gefordert. Dagegen zielt die bisherige Konzeption auf den dichten Einschluss im Salz.
- Die Geeignetheit von Salz als Wirtsgestein im Vergleich zu anderen, wie Ton oder Granit, ist vor dem Hintergrund der Erkenntnisse in anderen Ländern zu untersuchen.


- 22 -
- Bei der direkten Endlagerung bestrahlter Brennelemente müssen voraussichtlich zusätzliche Anforderungen erfüllt werden, um langfristig die Kritikalität (kritische Ansammlung spaltbarer
Stoffe) auszuschließen.
- Die Internationale Strahlenschutzkommission wird voraussichtlich bald Empfehlungen veröffentlichen, die erstmalig ein radiologisches Schutzziel für unbeabsichtigtes menschliches Eindringen in ein Endlager beinhalten.
Eine weitere Erkundung des Salzstockes Gorleben kann zur Klärung der genannten Fragen nichts beitragen. Deshalb wird die Erkundung des Salzstockes in Gorleben für mindestens 3 Jahre, längstens jedoch für 10 Jahre unterbrochen; es erfolgt eine zügige Klärung der o.g. Fragen.
Das Moratorium bedeutet keine Aufgabe von Gorleben als Standort für ein Endlager. Vielmehr geht es darum, während der Prüfung der konzeptionellen und sicherheitstechnischen Fragen keine Investitionen zu tätigen, die nicht zur Klärung dieser Fragen beitragen können.


- 23 -
Der Bund ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um während des Moratoriums den Standort
Gorleben zu sichern. Dazu gehören die notwendigen rechtlichen Schritte, um die Position des Bundes als Antragsteller zu sichern und das Vorhaben gegen Eingriffe Dritter zu schützen. Der Bund wird die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit die beantragte 10jährige Verlängerung des Rahmenbetriebsplans für das Erkundungsbergwerk erteilt wird. Der Bund wird die Planung durch eine atomrechtliche Veränderungssperre (Rechtsverordnung nach § 9 g AtG) sichern.


- 24 -
Anlage 5
Summarische Darstellung einer Novelle des Atomgesetzes
1. Grundlegende Neuregelungen
1.1. Gesetzeszweck:
- Streichung des Förderzwecks
- Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität geordnet zu beenden und bis zum Zeitpunkt der Beendigung den geordneten Betrieb sicher zu stellen
1.2. Verbot von Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von neuen Kernkraftwerken 1.3. Forschung auf dem Gebiet der Kerntechnik, insbesondere der Sicherheit, bleibt frei
2. Befristung der bestehenden Betriebserlaubnisse
2.1. Erlöschen des Rechts zum Leistungsbetrieb des jeweiligen KKW, wenn die im Anhang zum Gesetz vorgesehene bzw. durch Übertragung geänderte Strommenge für das jeweilige KKW erreicht ist.
2.2. Laufzeitberechnung
- Festlegung einer konkreten Strommenge für jedes KKW in einem Anhang zum Gesetz
- Recht zur Übertragung der jeweiligen Strommengen auf andere Anlagen gemäß der Eckpunkte für einen Energiekonsens
- Zielbestimmung: Alt auf Neu


- 25 -
2.3. Meldepflicht für jedes EVU bzgl. der monatlich erzeugten Strommenge
2.4. Zuständige Behörde für Entgegennahme der Meldungen: BfS
3. Sicherheitsanforderungen
3.1. Beibehaltung des derzeitigen gesetzlichen Sicherheitsstandards
3.2. Gesetzliche Normierung der Pflicht zur periodischen Sicherheitsüberprüfung
4. Entsorgung
4.1. Pflicht zur Errichtung und Nutzung von Zwischenlagern bei den KKW
4.2. gesetzliche Regelung für Zwischenlösungen
4.3. ab 01.07.2005:
- Beschränkung der Entsorgung auf die direkte Endlagerung
- Verbot der Wiederaufarbeitung gem. Ziff. IV / 2
4.4. Beibehaltung der durch die AtG-Novelle 1998 eingeführten „Veränderungssperre“ zur Sicherung des Standortes Gorleben während des Moratoriums (im § 9 g)
4.5. Anpassung des Entsorgungsvorsorgenachweises an die Inhalte der Vereinbarung
5. Aufhebung der Atomgesetznovelle vom April 1998
Die AtG-Novelle vom 6. April 1998 wird aufgehoben, ausgenommen:
- Regelungen zur Umsetzung von EU-Recht
- Veränderungssperre (im § 9 g, s.o. 4.4.)
6. Erhöhung der Deckungsvorsorge


- 26 -


- 27 -
Anmerkungen zur summarischen Darstellung einer Novelle des AtG (Anlage 5)
1. Zu Ziff. 4.1.
Von dieser Verpflichtung wird abgesehen, wenn eine Stillegung der Anlage vorgesehen und zum Zeitpunkt der Stilllegung bei Beachtung der Vereinbarung zu IV. Entsorgung kein Bedarf für eine standortnahe Zwischenlagerung gegeben ist.
2. Zu Ziff. 4.2.
Die Beteiligten waren sich über die Notwendigkeit und den Inhalt der Regelungen im Grundsatz einig.
3. Zu Ziff. 4.5.
Gemeinsames Verständnis ist, dass der Entsorgungsvorsorgenachweis auf Basis der Zwischenlagerung geführt werden soll.
4. Zu Ziff. 5.
Durch die Aufhebung des § 7 Abs. 2 Satz 2 wird nur die von der Vorgängerregierung
beabsichtigte Klarstellungsfunktion aufgehoben.

Sonntag, 4. Mai 2008

Atommüll-Transport nach Gorleben für 2008 genehmigt /30.04.08

Ein Transport mit hoch radioaktivem Atommüll kann in diesem Jahr ins niedersächsische Zwischenlager Gorleben rollen. Das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigte die Fahrt von elf französischen Behältern aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben. Der genaue Termin ist noch unklar. In der Regel rollen die Atommüll-Behälter im Herbst ins Zwischenlager. Diesmal wird ein neuer Behältertyp eingesetzt, weil die Fracht eine höhere Strahlung entwickelt. Ein für 2009 geplanter Transport wurde abgesagt.
Quelle:
focus.de


Neuer Atomtransport von Frankreich nach Deutschland für 2008 erlaubt
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat für dieses Jahr einen weiteren Rücktransport von hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague nach Deutschland genehmigt. Wie ein Sprecher der Behörde in Salzgitter mitteilte, erhielt die Nuclear Cargo + Service GmbH in Hanau die Erlaubnis, elf französische Transportbehälter des Typs TN 85 aus La Hague zum Transportbehälterlager nach Gorleben in Niedersachsen zu transportieren. Atomkraftgegner kritisierten die Genehmigung scharf.

Das BfS habe die Genehmigung nach einer thermischen und mechanischen Prüfung der Transportbehälter durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) erteilt, erklärte die Behörde. Durch Auflagen werde sichergestellt, dass die Grenzwerte für radioaktive Kontaminationen an der Oberfläche der Behälter eingehalten werden. Die Glaskokillen, die 2008 transportiert werden sollen, haben eine höhere Strahlung und entwickeln deshalb mehr Wärme als die bislang verwendeten. Daher sei der Einsatz eines neuen Transportbehältertyps notwendig. Der französische Behältertyp TN 85 sei speziell für den Transport dieser Glaskokillen nach Deutschland konstruiert worden, teilte das BfS mit.

Wann das Transportunternehmen die elf Behälter nach Gorleben bringt, entscheide die Firma selbst, erklärte das Bundesamt weiter. Den konkreten Termin muss die Nuclear Cargo + Service GmbH nach Auflagen des BfS mit den Innenministerien derjenigen Bundesländer abstimmen, die von dem Transport betroffen sind. Die Transportgenehmigung ist bis zum Ende dieses Jahres befristet. Zuvor war ein für 2009 geplanter Transport mit dem neu entwickelten deutschen Behälter Castor HAW 28 M abgesagt worden, weil die erforderlichen Sicherheitsnachweise von der Herstellerfirma nicht rechtzeitig erstellt werden konnten.

Atomkraftgegner nannten die Entscheidung des BfS "nicht nachvollziehbar". Die französischen Behälter seien genauso wenig im Original getestet worden wie die für den abgesagten Transport vorgesehenen deutschen Castoren. "Da wird mit zweierlei Maß gemessen", erklärte der Sprecher von "X-tausendmal quer" in Gorleben. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg (BI) forderte vom Bundesamt für Strahlenschutz die Offenlegung sämtlicher Genehmigungsgrundlagen.

Ursprünglich sollte 2009 der vorletzte Transport hochradioaktiven Mülls aus La Hague stattfinden. In den vergangenen sieben Jahren wurden 75 Behälter per Zug in das niedersächsische Zwischenlager gebracht; die Ladung für 33 weitere wartet noch in La Hague auf den Transport.
Quelle:
AFP

Samstag, 3. Mai 2008

Gorleben-Gegner sehen Parallelen zwischen dem HAW 28 M und dem TN 85 /03.05.08

Atomkraftgegner äußern Sicherheitszweifel am neuen französischen Atommüll-Behälter TN85. Mit dem soll die nächste Fuhre an Atommüll aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) La Hague ins Zwischenlager Gorleben rollen.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat diesen Transport, befristet bis Ende dieses Jahres, gerade genehmigt. Kurz vorher war bekannt geworden, dass es im Zulassungsverfahren für einen neuen deutschen Castor-Behälter Probleme gibt.
Die Gorleben-Gegner sehen Parallelen, fordern Falltests mit Original-Behältern und einen politisch verfügten Stopp des nächsten Gorleben-Transportes. »Die Entscheidung des BfS ist nicht nachvollziehbar», meint Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation »X-tausendmal quer». Denn die französischen Behälter seien genauso wenig im Original getestet worden wie der neue deutsche Castor-Typ HAW 28M, mit dem ursprünglich 2009 transportiert werden sollte. Doch der Transport 2009 wird laut Bundesumweltministerium nicht stattfinden. Es gibt beim HAW 28M offenbar Probleme bei der Computersimulation von Sicherheitstests. »X-tausendmal quer» verweist darauf, dass es Testversuche lediglich mit einem 1:2-Behältermodell gegeben habe. Und der jetzt zum Transport freigegebene TN85 sei sogar nur mit einem Modell im Maßstab 1:3 getestet. Laut Stay hat es einen der wenigen Crashtests mit Originalbehältern 1998 in Großbritannien mit dem Behältertyp NTL 11 gegeben. Dieser habe bei Computersimulationen und bei Fallversuchen mit einem 1:4-Modell die Bedingungen erfüllt - sei dann aber beim Test mit dem Original durchgefallen.

Die hiesige Bürgerinitiative Umweltschutz (BI) verlangt nach der Diskussion der vorigen Tage, sämtliche Genehmigungsgrundlagen offenzulegen. »Es darf nicht sein, dass die Bevölkerung hohen Gefahren ausgesetzt wird, Sicherheitsnachweise aber geheim gehalten werden», meint die BI. Nach den bekannt gewordenen »Schönrechnungen» der Sicherheit des neu entwickelten deutschen Behälters HAW 28 M müssten nun öffentlich nachvollziehbar alle Fakten zum freigegebenen französischen Modell TN 85 auf den Tisch. Konkret möchte die BI wissen, welche Fall- und Brandtests es gegeben habe oder ob »wieder nur fragwürdige Rechenmodelle Genehmigungsgrundlage waren».

Das BfS hat die Erlaubnis erteilt, elf französische Transport Behälter des Typs TN85 mit WAA-Müll ins Zwischenlager Gorleben zu verfrachten. Der Transport wird wohl im Herbst dieses Jahres stattfinden. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) habe für die Zulassung des Behälters eine thermische und mechanische Prüfung der Transportbehälter vorgenommen. Die Glaskokillen mit Atommüll, die jetzt transportiert werden, haben eine höhere Strahlung und entwickeln deshalb mehr Wärme. Deshalb ist es notwendig, neue Behältertypen einzusetzen. Der französische TN85 hat dafür die Prüfhürde bei der BAM und beim BfS genommen; beim HAW 28M stockt bekanntlich das Verfahren. Die Herstellerfirma GNS habe die erforderlichen Sicherheitsnachweise nicht zeitgerecht erstellt, so das BfS.

In einem nicht dementierten Schreiben der BAM an die GNS heißt es schärfer, dass für die Sicherheitsnachweise frei gewählte Parameter in Rechenmodelle eingefügt worden seien, meldete die »Süddeutsche Zeitung».
Quelle:
EJZ

Castor-Typ HAW 28M für 2009 nicht zugelassen? /30.04.08

Ein Leerbehälter des neuen Castor-Typs HAW 28M ist im September 2007 ins Zwischenlager Gorleben geliefert worden. Doch im Zulassungsverfahren knirscht es. Die Bundesanstalt für Materialforschung wirft der Antragstellerin GNS angeblich Defizite bei den Rechenmodellen für die Castor-Sicherheit vor.
Der Castoren-Transport 2009 nach Gorleben ist entgegen anderslautenden Medienberichten noch nicht de­finitiv abgesagt. Dies betont die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), Betreiberin des Zwi­schenlagers in Gorleben. Wenn es eine Genehmigung für den neuen Castor-Behälter HAW 28 M bis September gäbe, wäre ein Transporttermin 2009 zu hal­ten. Es stelle aber auch kein Pro­blem dar, wenn es 2009 keinen Transport gäbe, sagt Jürgen Auer, Pressesprecher der GNS-Tochter BLG in Gorleben. Un­abhängig davon ist jetzt erneut eine Diskussion losgetreten über die Frage, wie sicher Berech­nungen und Prüfungen für Atommüll-Behälter sind.

Denn nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung" gibt es im Zulassungsverfahren für den neuen Behältertypen Probleme. Die Bundesanstalt für Material­forschung (BAM) ist damit be­auftragt. Laut „Süddeutscher Zeitung" hat die BAM in einem Schreiben an die GNS „Defizite des Antragstellers bei grundle­genden Fragestellungen" be­klagt. Diese Defizite seien „eine der wesentlichen Ursachen für die zeitlichen Verzögerungen" im Zulassungsverfahren. Re­chenmodelle für die Castoren seien so verändert worden, dass sie bestimmte Ergebnisse ge­bracht hätten.Die GNS dementiert nicht, dass es ein solches Schreiben gibt. Sprecher Jürgen Auer betont aber, dass man die Inhalte „nicht überbewerten" sollte. Schließlich würden jetzt aufwändigere Rechenverfahren als früher angewandt.

Die Sicherheit der Behälter wird seit jeher vorwiegend an­hand von umstrittenen Rechen­modellen ermittelt. Sie sollen das Verhalten der Behälter bei Unfällen simulieren. Tests mit Original-Castoren werden von Kritikern immer wieder gefor­dert, doch sie finden nicht statt. Auch für den HAW 28 M haben lediglich Tests mit einem l:2-Behälter stattgefunden.

Aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) La Hague sind noch 33 Castor-Behälter für Gorleben zu erwar­ten. Sie sollen planmäßig in den Jahren 2008, 2009 und 2010 in jeweils 11er-Packungen geliefert werden.

Danach wird auch noch WAA-Atommüll aus dem briti­schen Sellafield in Gorleben er­wartet. Er soll aber erst später rollen, so dass ein letzter Trans­port aus La Hague im Jahre 2011 kein Problem wäre, skizziert Auer. Bisher gibt es nur eine „Empfehlung" einer Regierungskommission, den geplanten 2009er-Transport auszusetzen, schrieb die „Süddeutsche".Der neu zu genehmigende Be­hälter ist notwendig geworden, weil sich die Temperaturen des Atommülls über die Jahre erhöht haben . Daher wird die für dieses Jahr geplante Castor-Fuhre mit neuen franzö­sischen Behältern des Typs TN 85 geliefert. Die Behälter werden in La Hague gerade be­laden. Die GNS möchte 2009 aber lieber auf den eigenen neuen Castor zurückgreifen: zum einen womöglich aus Kos­tengründen, zum anderen, weil bereits drei oder vier Behälter produziert seien, so GNS-Sprecher Auer. Vom TN 85 dagegen müssten alle elf Behälter frisch produziert werden.

Das Bundesamt für Strahlen­schutz (BfS) teilt mit, dass es sich die GNS selbst zuzuschreiben habe, wenn die BAM mit den bisherigen Unterlagen nicht zufrieden sei. Die Diskussion über Castor-Sicherheit ist im Wendland ein Dauerbrenner. Bereits 2002 hatte das TV-Magazin „plusminus" darüber berichtet, dass Be­rechnungen für Sicherheitsnachweise von Castor-Behältern möglicherweise fehlerhaft gewe­sen seien. Kritiker sprachen von „massakrierten Stoßdämpfern": Sollte ein Castor aus drei Metern Höhe auf den Boden knallen, würde er reißen und Radioakti­vität entweichen. Das BfS legte daraufhin Gutachten vor, nach deren Berechnungen bei einem Sturz ein Versagen der Behälters auszuschließen sei.
Ein Bericht aus der lokalen
ELBE-JEETZEL-ZEITUNG vom 30.April 08

Castor-Sicherheit schöngerechnet? /04.05.08

Lüchow-Dannenberger Atomkraftgegner fordern die Absage aller Atommüll-Transporte und ein Ende der Zusammenarbeit mit der »Skandal- Firma» GNS. Damit reagiert die Widerstandsinitiative »X-tausendmal quer» auf die Probleme im Zulassungsverfahren für den neuen Castor-Behälter HAW 28M.

Jochen Stay wirft nach den Schilderungen in der »Süddeutschen Zeitung» der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) vor, die Sicherheit der Castor-Behältern »schöngerechnet» zu ha-ben. Man habe »einfach frei gewählte Parameter in Rechenmodelle eingefügt», interpretiert Stay die Nachrichtenlage. Die GNS, Tochter der vier großen Stromkonzerne E.on, RWE, EnBW und Vattenfall, wolle »auf Kosten der Sicherheit ihre Behälter verkaufen, auch wenn diese nicht nachweislich sicher sind». Für Stay ein »Versuch, die Behörden auszutricksen». Von den zuständigen Behörden will Stay wissen, ob die für den in diesem Jahr geplanten Castor-Transport nach Gorleben vorgesehenen französischen Behälter real mit Originalbehältern getestet wurden. Nach EJZ-Informationen fanden diese Tests lediglich mit einem 1:3-Behälter statt. Stay fordert Tests mit Original-Behältern -und wenn es die nicht gebe, sollte das Bundesamt für Strahlenschutz seine Genehmigung zurückziehen. Stay: »Die Zeit der Rechenmodelle bei der Sicherheitsüberprüfung von Castor-Behältern muss jetzt beendet werden». Darüber hinaus fordert »X-tausendmal-quer», der GNS und ihrer Tochtergesellschaft BLG Gorleben die Genehmigung für Transporte und Lagerung von Castor-Behältern insgesamt zu entziehen: weil die im Atomgesetz als Bedingung genannte Zuverlässigkeit nicht mehr vorliege. »Der neueste Skandal um Castor-Behälter zeigt, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit hochradioaktivem Atommüll nicht möglich ist», meint Jochen Stay. Ob Störfälle in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel, ob immer neue »Skandale» rund um die Castor-Transporte - es zeige sich immer wieder: Atomenergie sei zu gefährlich, um sie als Lösung für Energieversorgung der Zukunft zu nutzen. Der lang versprochene Atomausstieg müsse endlich stattfinden. Die Bürgerinitiatuve Umweltschutz fordert ebenfalls »realistische Testreihen» bei Castor-Zulassungen. Es müsse Fall- und Brandversuche mit 1:1-Behältern geben anstelle von Rechenmodellen.
Quelle: EJZ