Freitag, 27. August 2010

greenpeace-magazin: W wie Wendland, W wie Widerstand /25.08.10

"Gorleben ist wie Unterricht in Demokratie: Ich stehe hier und habe eine Meinung und ich gehe nicht weg", sagt der Öko-Bauer Klaus-Bernd Meyer aus Prießeck. Wie die meisten hier ist der 46-Jährige mit dem Protest gegen das geplante Atommüllendlager aufgewachsen. Seit mehr als 30 Jahren wehren sich im vormals verschlafenen Landkreis Lüchow-Dannenberg Einheimische und Zugereiste, Konservative und Linke einhellig dagegen, Deutschlands Atomklo zu werden. Inzwischen gehen drei Generationen gemeinsam auf die Straße, wenn im Herbst der Castor rollt. Und nicht nur dann. Sieben Hausbesuche im Wendland.

Der abgelegene Landstrich mit seinen kleinen Bauernhöfen ist eine wahre Idylle. Mittelalterliche Rundlingsdörfer und Weißstörche prägen das Bild. Hier gibt es nur wenige Menschen, dafür aber dreimal so viel Biolandwirtschaft wie im Rest des Bundesgebiets. Als es noch zwei Deutschlands gab, stieß der Landkreis Lüchow-Dannenberg im Norden, Osten und Süden an die DDR-Grenze. Er galt als konservativ, strukturschwach, leicht abzuriegeln. Und genau diesen Ort suchte sich der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) 1977 für ein "Nationales Entsorgungszentrum" aus. Der Atommüll des ganzen Landes sollte hierher.

Heute ist Gorleben längst buchstäblich überall und das Wendland ein Zentrum der deutschen Anti-Atombewegung. Tausende von Menschen reisen zu den Castortransporten an. Sie zeigen ihren Unmut darüber, dass die hochradioaktiven Abfälle in einer Lagerhalle nur wenige hundert Meter vom geplanten Endlager im Salzstock stehen und vor der offiziellen Entscheidung schon Fakten schaffen. Es gibt spektakuläre Fernsehbilder von Ankettaktionen auf Bahngleisen und Treckerblockaden. Dieses Jahr soll der Transport Anfang November kommen. Die energiepolitische Großwetterlage spricht für einen heißen Herbst.

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn die Menschen im Wendland leben den Widerstand das ganze Jahr über, jeden Tag. Reporter des Greenpeace Magazins haben die Urgroßmutter der Bewegung, Marianne Fritzen, besucht, den Maler Uwe Bremer, den Bio-Bauern Klaus-Bernd Meyer, die Band Madsen, den Förster Ulrich von Mirbach, den Greenpeace-Atomexperten und Öko-Brauer Mathias Edler und die grüne Europapolitikerin Rebecca Harms. So unterschiedlich diese Menschen auch sind. Eins eint sie: Sie würden niemals aufgeben.