Unterschriftensammlung
Atomgegner strahlen weiter
Mit Aktionen und Argumenten wollen AKW-Gegner während der Koalitionsverhandlungen Druck machen. 40.000 Unterschriften binnen dreier Tage haben sie gesammelt.
VON MALTE KREUTZFELDT
BERLIN taz | Für die Energiekonzerne sind die Wege zur Macht nicht weit: Ob Unter den Linden oder in der Friedrichstraße - RWE, Eon, EnBW und Vattenfall unterhalten im Regierungsviertel große Repräsentanzen. Von dort aus überwachen die Lobbyisten, dass ihre Interessen in den anstehenden Koalitionsverhandlungen berücksichtigt werden.
Um dem etwas entgegenzusetzen, eröffnen nun auch die Atomkraftgegner eine "ständige Vertretung" in der Hauptstadt. Zwar sind die Räumlichkeiten in einer ehemaligen Schule im Stadtteil Weißensee, die als Büro, Lager und Schlafquartier dienen, weniger nobel als die Konzern-Repräsentanzen. Doch ausgerüstet mit reichlich Material aus dem Protest-erfahrenen Wendland wollen die Atomkraftgegner von dort aus ordentlich Druck machen. "Wir werden die Koalitionsverhandlungen permanent belagern", sagt Jochen Stay von der Organisation Ausgestrahlt (http://www.ausgestrahlt.de/).
Starten sollen die Aktionen zum Beginn der Gespräche zwischen Union und FDP am Montag mit einem "Warmlaufen" rund um den Verhandlungsort, zu dem mehrere hundert Menschen erwartet werden. Parallel wird in ganz Deutschland am "längsten Transparent der Welt" gearbeitet, das anschließend in Berlin zusammengenäht und am 10. Oktober erstmals entrollt werden soll.
Entmutigt wirken die Atomkraftgegner angesichts des eindeutigen Wahlausgangs jedenfalls nicht. "Die Auseinandersetzung ist mit dem Wahltag nicht beendet, sondern sie beginnt erst", sagte Christoph Bautz vom Online-Netzwerk Campact. "Alle Umfragen belegen, dass die Mehrheit der Menschen und sogar der Anhänger von Schwarz-Gelb am Atomausstieg festhalten will." Einen offenen Brief mit der Forderung "Nicht rütteln am Atomausstieg" hätten innerhalb von nur drei Tagen über 40.000 Menschen unterschrieben, berichtete Bautz.
Auch Jochen Stay setzt darauf, dass die Parteien ihre Position noch ändern. "Merkel wird sich entscheiden müssen, ob sie wie angekündigt die ,Kanzlerin für alle'' sein will - oder doch nur die Kanzlerin der Atomlobby." Mit der Anti-Atom-Bewegung habe die Kanzlerin schließlich Erfahrung: Während ihrer Zeit als Umweltministerin mussten die Castor-Transporte gestoppt werden. Zudem wurde das Endlager Morsleben damals gerichtlich gestoppt und zwei AKWs stillgelegt.
Neben öffentlichem Druck setzen die Atomkraftgegner auf die Kraft der Argumente: "Die Laufzeitverlängerung hilft den erneuerbaren Energien nicht", betont Thorben Becker, Energieexperte beim BUND. "Im Gegenteil stellt sie eine große Gefahr für ihren weiteren Ausbau dar." Zudem seien viele Atomkraftwerke schlicht überflüssig, sagt Jochen Stay. Obwohl im letzten Jahr ständig vier bis sieben Reaktoren vom Netz waren, exportiere Deutschland Strom. "Vermutlich muss die neue Regierung - ähnlich wie bei den Staatsfinanzen - erst mal einen Kassensturz machen, um die Realität zur Kenntnis zu nehmen."
Quelle: taz.de
Atomgegner strahlen weiter
Mit Aktionen und Argumenten wollen AKW-Gegner während der Koalitionsverhandlungen Druck machen. 40.000 Unterschriften binnen dreier Tage haben sie gesammelt.
VON MALTE KREUTZFELDT
BERLIN taz | Für die Energiekonzerne sind die Wege zur Macht nicht weit: Ob Unter den Linden oder in der Friedrichstraße - RWE, Eon, EnBW und Vattenfall unterhalten im Regierungsviertel große Repräsentanzen. Von dort aus überwachen die Lobbyisten, dass ihre Interessen in den anstehenden Koalitionsverhandlungen berücksichtigt werden.
Um dem etwas entgegenzusetzen, eröffnen nun auch die Atomkraftgegner eine "ständige Vertretung" in der Hauptstadt. Zwar sind die Räumlichkeiten in einer ehemaligen Schule im Stadtteil Weißensee, die als Büro, Lager und Schlafquartier dienen, weniger nobel als die Konzern-Repräsentanzen. Doch ausgerüstet mit reichlich Material aus dem Protest-erfahrenen Wendland wollen die Atomkraftgegner von dort aus ordentlich Druck machen. "Wir werden die Koalitionsverhandlungen permanent belagern", sagt Jochen Stay von der Organisation Ausgestrahlt (http://www.ausgestrahlt.de/).
Starten sollen die Aktionen zum Beginn der Gespräche zwischen Union und FDP am Montag mit einem "Warmlaufen" rund um den Verhandlungsort, zu dem mehrere hundert Menschen erwartet werden. Parallel wird in ganz Deutschland am "längsten Transparent der Welt" gearbeitet, das anschließend in Berlin zusammengenäht und am 10. Oktober erstmals entrollt werden soll.
Entmutigt wirken die Atomkraftgegner angesichts des eindeutigen Wahlausgangs jedenfalls nicht. "Die Auseinandersetzung ist mit dem Wahltag nicht beendet, sondern sie beginnt erst", sagte Christoph Bautz vom Online-Netzwerk Campact. "Alle Umfragen belegen, dass die Mehrheit der Menschen und sogar der Anhänger von Schwarz-Gelb am Atomausstieg festhalten will." Einen offenen Brief mit der Forderung "Nicht rütteln am Atomausstieg" hätten innerhalb von nur drei Tagen über 40.000 Menschen unterschrieben, berichtete Bautz.
Auch Jochen Stay setzt darauf, dass die Parteien ihre Position noch ändern. "Merkel wird sich entscheiden müssen, ob sie wie angekündigt die ,Kanzlerin für alle'' sein will - oder doch nur die Kanzlerin der Atomlobby." Mit der Anti-Atom-Bewegung habe die Kanzlerin schließlich Erfahrung: Während ihrer Zeit als Umweltministerin mussten die Castor-Transporte gestoppt werden. Zudem wurde das Endlager Morsleben damals gerichtlich gestoppt und zwei AKWs stillgelegt.
Neben öffentlichem Druck setzen die Atomkraftgegner auf die Kraft der Argumente: "Die Laufzeitverlängerung hilft den erneuerbaren Energien nicht", betont Thorben Becker, Energieexperte beim BUND. "Im Gegenteil stellt sie eine große Gefahr für ihren weiteren Ausbau dar." Zudem seien viele Atomkraftwerke schlicht überflüssig, sagt Jochen Stay. Obwohl im letzten Jahr ständig vier bis sieben Reaktoren vom Netz waren, exportiere Deutschland Strom. "Vermutlich muss die neue Regierung - ähnlich wie bei den Staatsfinanzen - erst mal einen Kassensturz machen, um die Realität zur Kenntnis zu nehmen."
Quelle: taz.de