Donnerstag, 29. Juli 2010

Rückbau von Atomreaktoren und Kernforschungsanlagen wird drastisch teurer /26.07.10

Nach neuesten Schätzungen wird sich der Rückbau alter Atomanlagen in Deutschland auf mindestens 10,6 Milliarden Euro belaufen. Mitarbeiter des Forschungsministeriums räumten ein, dass bei allen Rückbauprojekten offenbar mit drastischen Kostensteigerungen zu rechnen ist.
Die Beseitigung alter Atomreaktoren und Kernforschungsanlagen wird den Bund noch auf Jahrzehnte Milliarden kosten. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion hervor, die der „Financial Times Deutschland“ (Montagausgabe) vorliegt. Danach schätzt das Bundesforschungsministerium die künftigen Ausgaben des Bundes für den Rückbau alter Atomanlagen auf etwa 5,4 Milliarden Euro bis zum Jahr 2035.

Zusammen mit den bereits angefallenen Kosten summierten sich die Gesamtausgaben auf rund 10,6 Milliarden Euro. Zugleich räume das Ressort erhebliche Risiken ein. Bei praktisch allen Rückbauprojekten sei „in Zukunft mit weiteren Kostensteigerungen“ zu rechnen, heißt es in dem Schreiben. Grund seien die rapide steigenden Kosten für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle.

So kalkuliere die Regierung allein für die Stilllegung und Sanierung des skandalumwitterten Endlagers Asse II mit Gesamtkosten von „mehr als 2 Milliarden Euro“. Allerdings räumten die Beamten von Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) auch ein, die Kosten seien „derzeit nicht belastbar abzuschätzen“. Eine komplette Rückholung des Atommülls aus dem maroden Salzbergwerk werde nach einer ersten Machbarkeitsstudie etwa 3,7 Milliarden Euro kosten.

Beim Rückbau der DDR-Kernkraftwerke in Greifswald und Rheinsberg würden Mehrkosten von 1 Milliarde Euro gegenüber der ursprünglichen Planung erwartet. Auch die Sanierung alter Forschungsanlagen in Karlsruhe werde nach jetzigem Stand 85 Millionen Euro teurer als geplant.

Allein die langen Planungszeiträume seien bereits ein Problem für die Kostenkalkulation, heißt es im Schreiben des Ministeriums. Das geplante Endlager in Gorleben solle beispielsweise bis etwa ins Jahr 2080 für Mülllieferungen geöffnet bleiben. Allerdings sei noch völlig unklar, ob, und wenn ja wann, in Gorleben jemals Müll endgelagert werden kann.

Für den SPD-Haushaltspolitiker Klaus Hagemann sind die 10,6 Milliarden Euro daher „leider nur eine Untergrenze des Jahres 2010“. Angesichts zahlreicher Sanierungsprojekte wie der Asse und dem Endlager Morsleben drohe „ein atomares Fass ohne Boden“, sagte er dem Blatt.
Quelle: focus.de