Montag, 1. September 2008

Belgische Behörden warnen erst eine Woche nach Atomunfall /29.08.08

gelesen bei Focus online
Erst eine Woche nach einem nuklearen Zwischenfall haben die belgischen Behörden die Bevölkerung gewarnt. Aus einer Fabrik in der Nähe von Charleroi trat radioaktives Jod aus.

Nach einem der schwersten nuklearen Zwischenfälle in der Geschichte Belgiens haben die Behörden die Bevölkerung mit fast einwöchiger Verspätung gewarnt. Bereits am vergangenen Wochenende war radioaktives Jod aus einer Fabrik in Fleurus bei Charleroi ausgetreten, die Anwohner erfuhren jedoch erst am Freitag von möglichen Gefahren. Die Polizei warnte die Anwohner des Instituts für Radioelemente (IRE) über Lautsprecher davor, bis auf weiteres kein Obst und Gemüse aus ihren Gärten zu essen und kein Wasser aus Brunnen oder Milch dort weidender Kühe zu trinken.

Die Warnung galt für einen Umkreis von fünf Kilometern um die Fabrik, in der Radioisotope für medizinische Zwecke hergestellt werden. Die belgische Nuklearaufsichtsbehörde (AFCN) stufte den Zwischenfall auf Niveau drei der siebenstelligen internationalen Skala ein – es ist damit der bislang schwerste Zwischenfall dieser Art in Belgien überhaupt. Die Behörden meldeten den Vorfall auch an ihre Kollegen im benachbarten Frankreich. Die Produktion im IRE wurde am Dienstag gestoppt, in ersten Stellungnahmen war allerdings die Rede davon, dass für die Bevölkerung keinerlei Gefahr bestehe.

Nach einer Untersuchung von Gräserproben aus der Umgebung der Fabrik änderte die Aufsichtsbehörde am Donnerstagabend plötzlich ihre Einschätzung. Nach einem Krisentreffen traf die Regierung in Brüssel die Entscheidung, die Anwohner zu warnen und das EU-Notfallsystem zum Informationsaustausch bei radioaktiven Vorfällen (ECURIE) einzuschalten.

„Die Bevölkerung ist beunruhigt, das ist normal“, sagte der Bürgermeister der 20.000-Einwohner-Gemeinde Fleurus, Jean-Luc Borremans. Allerding betonte er, es habe sich um einen Zwischenfall, und nicht einen Unfall gehandelt. Der Bürgermeister der Region Charleroi, zu der Fleurus gehört, zeigte sich dagegen „unzufrieden“ über die späte Warnung.
IRE ist nach eigenen Angaben der weltweit zweitwichtigste Hersteller für Radioisotope, wie sie in der Medizin unter anderem bei bilddarstellenden Verfahren und in der Krebstherapie eingesetzt werden.
Quelle:
Focus online