Der Salzstock von Gorleben ist von Wasserblasen und potenziell gefährlichen Mineralschichten durchzogen. Die Anti-Atom-Initiativen fordern die Neubewertung des Endlagerprojekts.
VON JÜRGEN VOGES
Weil salziges Wasser in die Schachtanlage Gorleben fließt, hat die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg eine Neubewertung des Endlagerprojekts verlangt.
Bereits seit Jahrzehnten weist die Bürgerinitiative (BI) auf Mängel des Gorlebener Salzstocks hin. Dazu gehören Salzwassereinschlüsse, potenziell wasserführende Schichten sowie die fehlende Abschirmung des Salzstocks zur Oberfläche. "Diese Risiken müssen von unabhängigen Experten neu bewertet werden", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke am Montag der taz. "Für das Gorlebener Endlagerprojekt sind zu lange Wissenschaftler zuständig gewesen, die auch das Desaster im Atommülllager Asse verschuldet haben". Es sei zwar bekannt gewesen, dass bei dem vor neun Jahren vorläufig gestoppten Endlagerbau auch Salzwassereinschlüsse angebohrt worden seien. "Die jetzt genannte Menge von 160.000 Litern Lauge hat uns aber überrascht", sagte der Sprecher der Bürgerinitiative.
Nach Angaben des Bundesamtes Strahlenschutz wurden die 160.000 Liter Lauge tatsächlich schon aufgefangen, bevor im Juni 2000 der weitere Ausbau des Endlagerbergwerks Gorleben durch ein Moratorium gestoppt wurde. Analysen der Lauge hätten ergeben, dass es sich um 240 Millionen alte Flüssigkeiten handele. Verbindungen zwischen den angebohrten Laugenblasen zum Grundwasser um den Salzstock gebe es nicht.
Die Bedenken der Gegner des Endlagerprojekts ergeben sich jedoch aus der Art des Gesteins, aus dem die Lauge ausgetreten ist. Die 160.000 Liter Salzwasser stammen aus verschiedenen Formationen des Minerals Anhydrit, das den Gorlebener Salzstock von oben nach unten durchzieht. Anhydrit ist ein Mineral aus Calciumsulfat, das härter und spröder ist als Salz. "Im Salzbergbau ist Anhydrit als potenziell wasserführende Schicht gefürchtet", sagte der hannoversche Geologe Detlef Appel, der sich seit drei Jahrzehnten mit dem Gorlebener Salzstock befasst. "Im Steinsalz verschließen sich Hohlräume wieder, der sprödere Anhydrit zerbricht, und es entstehen Risse und Trennfugen, in denen sich Flüssigkeiten bewegen können", erläuterte Appel. Anhydritschichten können Wasserspeicher und Wasserleiter sein. "Das ist eine Gefahr", warnte Appel. In einem späteren Endlager Gorleben würde sich die Rissbildung verstärken. Schließlich brächten die Hohlräume des Bergwerks und die Hitze des hochradioaktiven Mülls den Salzstock unmerklich in Bewegung.
Wissenschaftliche Befürworter und Gegner des Endlagerprojekts streiten seit Langem darüber, ob die Gorlebener Anhydritschichten Verbindung nach oben zum Grundwasser haben oder nur aus isolierten Schollen bestehen. Bohrungen an dem Endlager, die diese Frage klären würden, sind technisch nicht möglich.
Quelle: taz.de von JÜRGEN VOGES
VON JÜRGEN VOGES
Weil salziges Wasser in die Schachtanlage Gorleben fließt, hat die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg eine Neubewertung des Endlagerprojekts verlangt.
Bereits seit Jahrzehnten weist die Bürgerinitiative (BI) auf Mängel des Gorlebener Salzstocks hin. Dazu gehören Salzwassereinschlüsse, potenziell wasserführende Schichten sowie die fehlende Abschirmung des Salzstocks zur Oberfläche. "Diese Risiken müssen von unabhängigen Experten neu bewertet werden", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke am Montag der taz. "Für das Gorlebener Endlagerprojekt sind zu lange Wissenschaftler zuständig gewesen, die auch das Desaster im Atommülllager Asse verschuldet haben". Es sei zwar bekannt gewesen, dass bei dem vor neun Jahren vorläufig gestoppten Endlagerbau auch Salzwassereinschlüsse angebohrt worden seien. "Die jetzt genannte Menge von 160.000 Litern Lauge hat uns aber überrascht", sagte der Sprecher der Bürgerinitiative.
Nach Angaben des Bundesamtes Strahlenschutz wurden die 160.000 Liter Lauge tatsächlich schon aufgefangen, bevor im Juni 2000 der weitere Ausbau des Endlagerbergwerks Gorleben durch ein Moratorium gestoppt wurde. Analysen der Lauge hätten ergeben, dass es sich um 240 Millionen alte Flüssigkeiten handele. Verbindungen zwischen den angebohrten Laugenblasen zum Grundwasser um den Salzstock gebe es nicht.
Die Bedenken der Gegner des Endlagerprojekts ergeben sich jedoch aus der Art des Gesteins, aus dem die Lauge ausgetreten ist. Die 160.000 Liter Salzwasser stammen aus verschiedenen Formationen des Minerals Anhydrit, das den Gorlebener Salzstock von oben nach unten durchzieht. Anhydrit ist ein Mineral aus Calciumsulfat, das härter und spröder ist als Salz. "Im Salzbergbau ist Anhydrit als potenziell wasserführende Schicht gefürchtet", sagte der hannoversche Geologe Detlef Appel, der sich seit drei Jahrzehnten mit dem Gorlebener Salzstock befasst. "Im Steinsalz verschließen sich Hohlräume wieder, der sprödere Anhydrit zerbricht, und es entstehen Risse und Trennfugen, in denen sich Flüssigkeiten bewegen können", erläuterte Appel. Anhydritschichten können Wasserspeicher und Wasserleiter sein. "Das ist eine Gefahr", warnte Appel. In einem späteren Endlager Gorleben würde sich die Rissbildung verstärken. Schließlich brächten die Hohlräume des Bergwerks und die Hitze des hochradioaktiven Mülls den Salzstock unmerklich in Bewegung.
Wissenschaftliche Befürworter und Gegner des Endlagerprojekts streiten seit Langem darüber, ob die Gorlebener Anhydritschichten Verbindung nach oben zum Grundwasser haben oder nur aus isolierten Schollen bestehen. Bohrungen an dem Endlager, die diese Frage klären würden, sind technisch nicht möglich.
Quelle: taz.de von JÜRGEN VOGES