Sonntag, 7. Februar 2010

Nach Unfall Gronauer Urananreicherungsanlage stilllegen /1.02.10

Urenco die Lizenz entziehen
Atomkraftgegner fordern nach Unfall in Gronauer Urananreicherungsanlage deren Stilllegung

Über 200 Menschen demonstrierten am Samstag in der Innenstadt von Gronau nahe der deutsch-niederländischen Grenze gegen Urananreicherung – viele Einheimische nahmen an der Protestaktion teil. Anti-Atom-Initiativen aus dem Münsterland sprachen sich erneut für die Stilllegung der Uranfabrik und einen sofortigen Atomausstieg aus. Unterdessen ist der bei einem Zwischenfall vor knapp zwei Wochen verstrahlte Mitarbeiter der Anlage aus dem Krankenhaus entlassen worden.

In der Gronauer Urananreicherungsanlage war es am 21. Januar zu einem schweren Zwischenfall gekommen, bei der ein Arbeiter radioaktiv kontaminiert wurde. In einem als »leer und gewaschen« gekennzeichneten Behälter hatten sich noch etwa 1,6 Kilogramm des in der Gronauer-Anlage verarbeiteten Stoffs Uranhexafluorid befunden. Der Mitarbeiter, der den Behälter auf Dichtigkeit prüfen wollte, stieß auf die radioaktiven Rückstände, die ihn an Hand und Beinen kontaminierten. Wie schwedischen Medien zu entnehmen ist, soll der falsch deklarierte Behälter aus einem Brennelementewerk der Firma Westinghouse in Västerås, rund einhundert Kilometer nordwestlich von Stockholm, stammen – die Firma ist im Besitz des japanischen Toshiba-Konzerns.
Einen solchen Unfall kann es wieder geben

Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umweltschutz Gronau forderte in seiner Rede auf der Demonstration die Staatsanwaltschaft Münster dazu auf, umfassend gegen die Betreiberfirma der Gronauer Atomanlage, die Urenco Deutschland GmbH, zu ermitteln und sich nicht nur auf den schwedischen Westinghouse-Konzern zu konzentrieren. Eingangskontrollen für in Gronau angelieferte Atom-Behälter würden fehlen und der Arbeitsschutz in der Urenco-Anlage sei mangelhaft, kritisierte Buchholz. »Da die Urenco aus dem Unfall keine Konsequenzen gezogen hat, fordern wir einen Lizenzentzug durch die Atomaufsicht«, erklärte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland vor den Protestierenden. Ein Unfall wie am 21. Januar könne immer wieder passieren, so der Atomkraftgegner. Das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium hat angekündigt, am heutigen Montag einen umfassenden Bericht zum Unfallhergang vorzulegen.

Unterdessen wurde der verstrahlte Urenco-Mitarbeiter am vergangenen Freitag aus der Nuklearmedizinischen Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf entlassen, das sich auf dem Campus des Forschungszentrums Jülich befindet. Dort war der 45-Jährige nach einer langen Odyssee durch mehrere Krankenhäuser gelandet.
Pannen in der Rettungskette

Wie bekannt wurde, war es nach dem Unfall zu gravierenden Fehlern in der Rettungskette gekommen: Ein für Strahlenunfälle entwickelter Notfallplan wurde nicht aktiviert. Erst nach der Einlieferung in ein Gronauer Hospital stellte man die Kontamination des Arbeiters fest. Aus Platznot wurde der Patient daraufhin in ein Krankenhaus im benachbarten Ochtrup gefahren. Dort fiel einige Stunden später die Entscheidung, den Patienten in das über 40 Kilometer entfernte Uniklinikum Münster zu verlegen. Von dort ging es einige Tage später in die Spezialklinik nach Jülich.

Obwohl die Urananreicherungsanlage seit 25 Jahren in Betrieb ist, wurde das Krankenhaus in Gronau noch nicht in den Notfallplan der Urenco integriert. Der verstrahlte Mitarbeiter muss indes mit Spätfolgen der Verstrahlung rechnen: Auch nach der Entlassung wollen die Ärzte den Urin des Mannes noch eine Woche lang auf Spuren von Uran untersuchen.
Quelle: http://www.neues-deutschland.de