Mittwoch, 16. Dezember 2009

Gegen polizeiliche Anonymität /15.12.09

Gegen polizeiliche Anonymität
Dannenberger Stadtrat will sich im Gespräch mit der Polizei über Castor-Einsätze informieren

Wenn atommüllbeladene Castor-Behälter ins Zwischenlager Gorleben verfrachtet werden, ist Dannenberg Frontstadt. Denn die Jeetzelstadt ist Standort einer Anlage, die für die Transporte derzeit unverzichtbar ist: des Castor-Verladebahnhofes im Ortsteil Breese in der Marsch.

Wenn der Castor kommt, dann ziehen Schüler demonstrierend durch die Straßen, und die Bahnstrecke nach Lüneburg, auf der der Transport zum Verladebahnhof rollt, wird im Dannenberger Stadtgebiet mit Stacheldraht und »Hamburger Reitern» in eine Hochsicherheitszone verwandelt. Hundertschaftsweise werden dann in Dannenberg Einsatzkräfte von Bereitschafts- und Bundespolizei eingesetzt und treffen dabei - auch - auf Bürger der Stadt Dannenberg. Und das mache diese Einsätze zu einem Thema für den Dannenberger Stadtrat, betonte am Montag während der Ratssitzung in der »Alten Landdrostei» in Tramm Ratsfrau Elke Mundhenk (Grüne).

Ihre Fraktion hatte nämlich den Antrag eingebracht, Vertreter der niedersächsischen und sachsen-anhaltinischen Polizei einzuladen, um mit ihnen über eben diese Castor-Einsätze zu sprechen. Hintergrund des Gesprächswunsches ist die Anfrage Dannenberger Bürger an ihren Stadtrat. Die Jeetzelstädter hatten kritisiert, dass die während der Castor-Transporte eingesetzten Polizeikräfte nicht identifizierbar seien, einer »Polizeiwilkür» damit Tür und Tor geöffnet werde. Und sie hatten den Rat gebeten, sich der Angelegenheit anzunehmen. »Natürlich sind wir nicht für die Polizei zuständig», räumte Mundhenk in der Debatte um diesen Tages-ordnungspunkt ein. »Aber wir sind immer für die Interessen unserer Bürger zuständig», stellte die Ratsfrau heraus. Daher halte sie es für durchaus berechtigt, Polizeivertreter zu einem Gespräch einzuladen und sich die Gründe für »das anonyme Auftreten» der Einsatzkräfte darlegen zu lassen...

...Während der Sonderratssitzung sollen auch Bürger die Möglichkeit haben, Fragen an die Polizei-Vertreter zu stellen. Darin wiederum glaubte Barbara Felber (CDU), den »Ausdruck» eines »Tribunal-Gedankens» zu erkennen. Es gebe bereits »gute Ansätze im Austausch zwischen Bürgern und Polizei», stellte die Ratsfrau heraus und verwies auf die zu Castor-Zeiten eingerichteten Info-Büros der Polizei in Dannenberg und Lüchow. Kurt Herzog (GLW) hingegen unterstützte den Antrag der Grünen. »Ich erlebe diese Problematik ständig.» Die »Weigerung der Polizei, Namensschilder zu tragen», mache bei einem Fehlverhalten der Beamten eine Identifikation unmöglich, und »das geht so nicht.» Nach längerer, ausgesprochen sachlich geführter Debatte sprach sich der Rat einstimmig dafür aus, Vertreter der Polizei zu einem Austausch zu bitten.

Wer eingeladen wird - im Gespräch sind Lüchow-Dannenbergs ehemaliger Polizeichef Peter Huber und der Leiter der Polizeidirektion Lüneburg, Friedrich Niehörster - und wann die Sitzung stattfinden soll, ist noch nicht endgültig geklärt.

Bei der Polizeidirektion Lüneburg betont man unterdessen, dass in Niedersachsen Polizeibeamte nicht verpflichtet seien, im Einsatz Namensschilder zu tragen. Allerdings sei es seit dem Neuerlass der Bekleidungsvorschrift vor drei Jahren »ausdrücklich erwünscht», so eine Sprecherin der Behörde. Was im »Normaldienst» auch fast durchgehend geschieht, scheitere bei Einsätzen wie dem während der Castor-Transporte jedoch an der Praktikabilität: »An der Schutzausrüstung ist das Anbringen von Namensschildern problematisch», heißt es von der Polizeidirektion. Vorgeschrieben sei für die Uniformen lediglich die Kennzeichnung mit dem niedersächsischen Landeswappen.
Quelle:EJZ