Sonntag, 24. Januar 2010

DWK überwies 200 Millionen D-Mark /6.01.10

Am Anfang der Gorlebengelder standen Überweisungen der DWK von 200 Millionen D-Mark

Frühere Bundesregierungen haben für den Bau der Atomanlagen in Gorleben zwischen 1979 und 1992 rund eine halbe Milliarde D-Mark, fast eine Viertelmilliarde Euro, an das Land Niedersachsen, den Landkreis Lüchow-Dannenberg und mehrere Kommunen um Gorleben herum bezahlt: die sogenannten Gorlebengelder. So viel war bekannt.

Bisher konnte man davon ausgehen, dass das Geld ausschließlich aus der Bundeskasse stammte. Die Energiewirtschaft zahlte zwar direkt an die Kommunen und den Landkreis für die Ansiedlung von Zwischenlager und PKA. Aber die eigentlichen Gorlebengelder, so schien es, waren ausschließlich öffentliche Mittel.

Nach jetzt bekannt gewordenen Unterlagen lässt sich diese Version nicht mehr aufrecht erhalten. Vielmehr gab die Privatwirtschaft schon von Anfang an Geld für Planung und Bau der Gorlebener Atomanlagen. Zwischen 1978 und 1982 reichte die Deutsche Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) 200 Mio. D-Mark, rund 100 Mio. Euro, als Finanzbeteiligung weiter, in vier Jahresraten à 50 Mio. D-Mark.

Die Empfänger waren der Bund mit 130 Mio. D-Mark, das Land Niedersachsen mit 45,5 Mio. D-Mark und der Landkreis Lüchow-Dannenberg mit 24,5 Mio. D-Mark. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen Bund und DWK teilt das Bundesinnenministerium im Januar 1979 dem niedersächsischen Finanzministerium, Staatssekretär Elvers, mit. Für den Fall, dass das geplante Nukleare Entsorgungszentrum (NEZ) mit Wiederaufarbeitungsanlage doch nicht gebaut wird, gab es in dem Vertrag eine Abmachung: Die Kosten würden »im gegenseitigen Einvernehmen» abgerechnet.

Etwa zeitgleich einigten sich Bundes- und Landesregierung über regelmäßige Zahlungen, die ausdrücklich neben den Kosten für Infrastruktur und Demonstrationsschäden von der Bundeskasse aus erfolgen sollten. Zunächst für vier Jahre wurden ebenfalls 200 Mio. D-Mark vereinbart, gleichfalls in jährlichen Raten à 50 Mio. D-Mark. Das Geld sollte an die Landesregierung gehen. Die Regelung wurde später verlängert. Ein Teil der Zahlungen reichte das Land weiter an Landkreis und Kommunen. Außerdem, so teilte es Staatssekretär Elvers der interministeriellen Arbeitsgruppe für das NEZ mit, sollte das Land mit einer verbesserten Gebührenregelung für die anfallenden Verwaltungarbeiten entschädigt werden. Bei einer Bausumme von 10 Milliarden D-Mark, rund 5 Milliarden Euro, würde das Land 150 Mio. D-Mark als Verwaltungsgebühren innerhalb von zehn Jahren einnehmen.

Auf die Kostenübernahme durch den Bund hatte das Land gedrängt. Ministerpräsident Ernst Albrecht hatte vor der Gorlebenkommission noch 1978 damit gedroht, das Projekt Gorleben platzen zu lassen, wenn die Bundesregierung nicht endlich die notwendigen politischen und finanziellen Voraussetzungen schaffe. Anders als es der frühere Oberkreisdirektor Klaus Poggendorf in seiner Gorleben- Geschichte meint, ist die rechtliche Grundlage dieser Zahlungen nicht erst von der EJZ bei deren Recherche 1992 bestritten worden. Vielmehr war die Rechtsgrundlage schon am Anfang der Zahlungen umstritten. Das Land verwies gegenüber der Bundesregierung auf den Artikel 106 des Grundgesetzes, mit dem die Kasse rechtlich einwandfrei geöffnet werden könnte.

In einem Gespräch zwischen Albrecht und den Bundesministern Baum und Lambsdorff wurde diese Auffassung jedoch schon 1978 bestritten. Finanzstaatssekretär Hähser und Minister Baum meinten, über den Artikel 106 als Rechtsgrundlage müsse man noch einmal sprechen. Gegenüber der EJZ erklärte Baum 1992, er würde Zahlungen wie die Gorlebengelder nicht noch einmal veranlassen.
Quelle: EJZ