Dienstag, 1. November 2011

Wütend vor dem Sitzungssaal. Nach der Sitzung in Lüchow: Viel Kritik am »Nein» des Landtags-Umweltausschusses zur Castor-Absage /31.10.11

Wütend vor dem Sitzungssaal
Nach der Sitzung in Lüchow: Viel Kritik am »Nein» des Landtags-Umweltausschusses zur Castor-Absage

rg Lüchow. Die Stimmung ist aufgeheizt vor dem Sitzungssaal im Lüchower Kreishaus. Drinnen berät der Umweltausschuss des Niedersächsischen Landtages über einen Antrag, den für Ende November geplanten Castor-Transport nach Gorleben abzusagen - weil durch dessen nukleares Inventar nach Ansicht einiger Experten der Strahlungs- Grenzwert am Zwischenlager überschritten werden könnte.

Vor dem Sitzungsaal warten Pressevertreter und ein gutes Dutzend Castor-Gegner. Und die wollen vor allem die Ausschussmitglieder mit CDU- und FDP-Parteibuch zur Rede stellen. Denn daran, dass der mehrheitlich mit schwarz-gelben Koalitionären besetzte Ausschuss dem Antrag der Opposition zustimmt, glaubt kaum jemand. Weder im noch vor dem Sitzungssaal.

Und in der Tat: Der Ausschuss werde dem Landtag empfehlen, den Antrag abzulehnen, verkündet der Generalssekretär der Niedersachsen-CDU, Ulf Thiele. Am Vormittag hatte der Ausschus das Zwischenlager in Gorleben besucht und sich die Messverfahren und Berechnungen erklären lassen, so Martin Bäumer, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag. Man habe sich erläutern lassen, woher die unterschiedlichen Messwerte kommen, habe sich die Berechnungsmodelle erklären lassen und sei »zu dem Schluss gekommen, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass die vorliegenden Daten falsch» seien und so könne der Transport stattfinden, so Bäumer. Als »ausgesprochen ergiebig an Informationen» bewertete die Lüchow-Dannenberger CDU-Landtagsabgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock den Besuch im Zwischenlager. Es seien »viele berechtigte Fragen zur Siherheitsbewertung beantwortet worden».

Ganz anders interpretierten Miriam Staudte (Grüne) und Kurt Herzog (Linke) die Erkenntnisse aus dem Gorleben-Besuch und den Gesprächen und Beratungen. »Wenn das Umweltministerium sagt, dass die Mess-werte durch einen weiteren Transport nicht überschritten werden, dann können wir das nicht akzeptieren», stellte Staudte heraus. Das Ministerium »als Atomaufsicht jongliert mit Zahlen, die nicht nachvollziehbar sind» und rechne sich »den Prognosewert schön», moniert die Umweltpolitikerin. Und Herzog merkte an, dass er bezweifele, dass sich auf Regierungsseite »auch nur ein Einziger mit den Messwerten intensiv auseinander gesetzt» habe. Das Bundesamt für Strahlenschutz und das Umweltministerium hätten sich nicht mit den Greenpeace-Rechnungen befasst, obwohl sie das zugesagt hätten, so Herzog. Entsprechend sei in der Ausschussitzung in Lüchow »absolut nichts Neues herausgekommen» und der Antrag abgelehnt worden.

Diese Entscheidung sorgte vor dem Sitzungssaal für großen Unmut. Sowohl der CDU-Generalsekretär als auch Bertholdes-Sandrock und Jürgen Auer, CDU-Ratsherr in Dannenberg und Pressesprecher der Zwischenlager-Betreibergesellschaft GNS, werden beschimpft. »Elende Bande», nennt sie ein aufgebrachter Demonstrant, »Atomsäcke» ein anderer, und auch als »asoziale Müll-Mafia» müssen sich die CDU-Politiker beschimpfen lassen.

Unmittelbar nach dem Ende der Ausschussitzung bezeichnete die Anti-Castor-Initiative »X-tausendmal quer» das Vorgehen des Niedersächsischen Umweltministeriums als »Messwert-Mauschelei». Das Vertrauen sei verspielt, so Sprecherin Luise Neumann-Cosel, und die Informationspolitik der Landesregierung »nicht besser als bei Tschernoby und Fukushima». Jochen Stay von »ausgestrahlt» warf niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) vor, zu »tricksen und zu täuschen» und die »Strahlung einfach wegzurechnen», die nachweisbar von seiner Landesbehörde, nämlich dem NLWKN (Landesbehörde für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) gemessen worden war.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz warf Umweltminister Sander »Rechentricks und Täuschung der Öffentlichkeit» und der Landesregierung Untätigkeit vor, und Greenpeace monierte, dass die Entscheidung des Umweltausschusses »auf falsch berechneten Messwerten» beruhe - und die »Einlagerung weiterer Castoren damit unzulässsig» sei.
Quelle: EJZ