Montag, 16. Juli 2007

Vattenfall legt Zwischenbericht zu Pannen im AKW Krümmel vor / 16.07.07

Ohnsorg-Theater im Atomkraftwerk Krümmel
Der Krümmel-Betreiber Vattenfall hat der schleswig-holsteinischen Atomauf­sicht einen Zwischenbericht zu Pannen in der Anlage am 28. Juni und ihrer Aufarbeitung vorgelegt. Hier die wichtigsten Aussagen aus dem 250-seitigen Bericht mit Text, Tabellen und Fotos. Die Auszüge sind nicht nach dem zeitlichem Ablauf geordnet. Die Seitenangaben beziehen sich auf den Hauptbe­richt.


Wasserstand gesunken: Eine der Wasserpumpen des Reaktors fiel aus. Den Schilde­rungen zufolge sank der Pegel im Reaktor-Druckbehälter in zehn Minuten deutlich. Das Wasser kühlt die Brennstäbe im Behälter. Der Pegel stand zwi­schenzeitlich bei weniger als 12 Metern und musste auf etwa knapp 14 Meter angehoben werden. Die kritische langfristi­ge Versorgung sei aber gesichert gewesen, heißt es. Zugleich stieg der Druck im Behälter an. Ventile wurden geöffnet - erst automatisch, dann von Hand. Dieses Öffnen führte zu einem Druckabfall im Behälter um über zwei Drittel von 65 Bar auf 20 Bar. (Seite 2)

Kommunikationsproble­me: Der Bericht erwähnt ein Missverständnis zwischen dem Schichtleiter und dem Reaktor­fahrer. Es geht um das Bedie­nen der Ventile, die nach dem Ausfall einer Wasserpumpe denwachsenden Druck im Behältersenken sollten. Der Reaktorfah­rer habe zwei Ventile geöffnet und minutenlang offen gelas­sen, statt sie abwechselnd zu öffnen und zu schließen, wie dies der Schichtleiter wollte. „Dies wurde von dem Reaktor­fahrer so nicht verstanden." Ob es eine direkte und klare An­weisung gab, wird allerdings nicht explizit erwähnt. Der Druck sei in kurzer Zeit starkabgesackt. (Seite 16)

Brandgas im Kontrollge­bäude: 10 Minuten nach Aus­bruch des Brandes war die Sprinkleranlage im Trafo-Haus leer. Die Feuerwehr konnte ein Ausbreiten des Rauches nicht mehr verhindern. Giftiges Gas gelangte auch in das Kontroll­gebäude: Die Luftzufuhr des Kontrollgebäudes mit der Leitwarte filterte zwar den Rauch heraus, zog aber giftiges Brand­gas an. Die Brandmelder spran­gen an, gingen von einem Feuer im Inneren aus und lösten den „Entqualmungsbetrieb" aus, der noch mehr Brandgas in das Schaltanlagengebäude und zur Schaltwarte pumpte. Die Be­schäftigten mussten in die Steuerung der Entlüftung ein­greifen. Der Reaktorfahrer setzte Atemschutz auf, blieb aber unverletzt. (Seite 8)

Anwesende im Kontroll­gebäude: Bei den Schilderun­gen zu den Anwesenden im Schaltanlagengebäude schwärzt Vattenfall in der offen zugänglichen Version des Be­richts vier Zeilen. Ob es hier um Datenschutz wegen etwaiger Namen geht, ist nicht zu er­kennen. In Funktion benannt, tauchen acht Mitarbeiter vom Reaktorfahrer bis zum Runden­gänger auf. Zudem seien Be­schäftigte von Fremdfirmen im Haus gewesen, ohne Funktion bei der Warte. Nach dem Alarm kamen weitere Mitarbeiter ins Gebäude. Vattenfall spricht von 37 Personen, die darauf „im Maximum" während der Pan­nen im Schaltanlagengebäude waren oder dazustießen. Dies wird abgeleitet aus Daten der Türkontrolle. 10 Leute sind im Normal-Betrieb im Leitstand nötig, vor dem Bericht hatte Vattenfall von rund 20 Anwe­senden gesprochen. (Seite 15)

Interne Aufklärung: Der Konzern äußert sich auch zu seinen Bemühungen, das Ge­schehen firmenintern aufzuklä­ren. Vattenfall setzt auf eine so genannte MTO-Analyse, die das Zusammenspiel von Maschine und Mitarbeiter untersucht. MTO steht für Mensch-Technik-Organisations-Systeme. „Das MTQ-Verfahren selbst be­inhaltet aber zwingend ein vor­rangig internes Zusammentra­gen von Informationen." Dies sei absolut notwendig um „wer­tungsfreie" Erkenntnisse zu sammeln. „Eine externe Ver­nehmung verhindert die Durch­führung des (...) vorgesehenen MTO-Verfahrens." Weiter: „Die vorgestellte Vorgehensweise wurde von der Aufsichtsbehör­de nicht bezweifelt." Vattenfall verweigerte Behörden zunächst Personenangaben. (Seite 14)

Computerausfall: Das Computersystem von Krümmel erlitt laut dem Bericht bei der Störung einen Datenverlust. „Die Auswertung der Störung war durch Probleme bei der Datenarchivierung der Prozess­rechneranlage erschwert." Zeit­abläufe mussten mühsam re­konstruiert werden, um ein vollständiges Bild zu liefern. (Seite 4)
http://www.vattenfall.de/www/vf/vf_de/225583xberx/225613dasxu/225933bergb/226503kerng/226173kraft/226263kernk/855255aktue/index.jsp?WT.ac=content