Nacht am Schacht
Antiatomtreck aus Gorleben erreichte die Asse. Fördertum des maroden Salzstocks bei Wolfenbüttel vorübergehend besetzt. Nächste Station: Morsleben
Von Reimar Paul
Der neuste geht so: Was ist der Unterschied zwischen Gorleben und Asse? In Gorleben vermehrt sich der Atommüll durch Castortransporte, in der Asse wächst er auch so. Schließlich hat sich die Menge des dort eingelagerten Plutoniums in den vergangenen Wochen nur durch einen angeblichen »Übertragungsfehler« des früheren Betreibers auf 28 Kilogramm verdreifacht. Der Witz, der leider keiner ist, wird beim Antiatomtreck der Lüchow-Dannenberger Bauern nach Berlin bei allen möglichen Gelegenheiten und in verschiedenen Variationen erzählt. Beim Stopp des Konvois in den Dörfern rund um das marode Atommüllager Asse höhnen örtliche Aktivisten bei Kundgebungen und Kaffeetafeln immer wieder über die seltsame Atommüllvermehrung im »Zauberberg Asse«. »Unser Mißtrauen gegen die da oben wächst«, sagen sie.
Die Traktoristen aus dem Wendland glauben dagegen schon längst nicht mehr, was Politiker und Industriebosse ihnen erzählen. Das machen auch die Plakate und Transparente deutlich, mit denen sie ihre Maschinen und Anhänger geschmückt haben. »Wer, wenn nicht wir, soll der Atomlobby Einhalt gebieten?« steht da. Oder: »AKW off, sonst gibt es Zoff«.
Am Dienstag nachmittag machte der auf rund 100 Traktoren, Trucks und Begleitfahrzeuge angewachsene Konvoi in der Ortschaft Sickte halt. Die Initiative »Bürgeraktion Sichere Asse« (BASA) hatte Gäste aus dem Wendland zu Kaffee, Sprudel und selbstgebackenem Kuchen eingeladen. Auf dem Platz vor dem Einkaufszentrum herrscht Volksfeststimmung. Samtgemeindebürgermeister Arne Pautsch (CDU) begrüßt den Treck vom »Mobilisierenden Musik-Kampf-Wagen« aus. Der Anhänger dient den Gorleben-Widerständlern seit Jahren als fahrbare Bühne. Kerstin Rudek, die Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, überreicht Pautsch eine Wendlandfahne – orangefarbene Sonne auf grünem Grund. Im Gegenzug erhält Rudek ein gelbes »A« aus Holz, das Symbol der Asse-Gegner.
Während sich in Sickte der Protestzug langsam zur Weiterfahrt rüstet, steht rund 20 Kilometer weiter Udo Dettmann auf einem staubigen Acker in Sichtweite des Atommülllagers Asse. Er telefoniert mit zwei Handys gleichzeitig, tippt dabei auf Landkarten, weist Versorgungsfahrzeuge ein. Dettmann gehört zu den Aktiven der örtlichen Bürgerinitiativen, und das abgeerntete Feld ist das Nachtlager für den Treck. Die »Volksküche« ist auch schon da. Vier junge Männer mit Rastalocken bzw. Pferdeschwänzen putzen Paprika und schälen Kartoffeln.
Auf den Waldwegen rund um das Bergwerk Asse patrouiliert berittene Polizei, auf dem Betriebsgelände ist eine Hundertschaft zusammengezogen worden. So etwas wie am Vorabend werde nicht noch einmal passieren, hatten Beamte angekündigt. Da hatten Treck-Teilnehmer an der Einzäunung des geplanten Endlagers für schwach und mittelradioaktiven Abfall, Schacht Konrad in Salzgitter, gerüttelt und sich mit Polizisten gerangelt.
Nach einer ruhigen »Nacht am Schacht« mit Chormusik, heißer Suppe und Feuern in gelben Blechtonnen starten die Atomgegner am Mittwoch morgen doch noch eine Überraschungsaktion. Traktoren blockieren die Zufahrtsstraße zum Asse-Schacht, etwa 100 Leute öffnen das Tor und dringen auf das Gelände vor, rund ein Dutzend besetzt vorübergehend den Förderturm. Vor dem Zaun protestieren weitere Menschen mit Transparenten: »Stoppt das dreckige Atomgeschäft«, heißt es. Und »Merkel aufpASSEn.« Nach einer halben Stunde ist die Aktion beendet, Polizei und Werkschutz haben sich zurückgehalten. Erneut lassen die Bauern ihre Trecker an, am Mittwoch mittag erreicht der Konvoi Schöppenstedt.
Quelle: jungewelt.de
Bild oben Schacht Konrad: Karin Behr / PubliXviewinG
Eine Foto-Diashow des Trecks gibt es auf PubliXviewing. Klick
Antiatomtreck aus Gorleben erreichte die Asse. Fördertum des maroden Salzstocks bei Wolfenbüttel vorübergehend besetzt. Nächste Station: Morsleben
Von Reimar Paul
Der neuste geht so: Was ist der Unterschied zwischen Gorleben und Asse? In Gorleben vermehrt sich der Atommüll durch Castortransporte, in der Asse wächst er auch so. Schließlich hat sich die Menge des dort eingelagerten Plutoniums in den vergangenen Wochen nur durch einen angeblichen »Übertragungsfehler« des früheren Betreibers auf 28 Kilogramm verdreifacht. Der Witz, der leider keiner ist, wird beim Antiatomtreck der Lüchow-Dannenberger Bauern nach Berlin bei allen möglichen Gelegenheiten und in verschiedenen Variationen erzählt. Beim Stopp des Konvois in den Dörfern rund um das marode Atommüllager Asse höhnen örtliche Aktivisten bei Kundgebungen und Kaffeetafeln immer wieder über die seltsame Atommüllvermehrung im »Zauberberg Asse«. »Unser Mißtrauen gegen die da oben wächst«, sagen sie.
Die Traktoristen aus dem Wendland glauben dagegen schon längst nicht mehr, was Politiker und Industriebosse ihnen erzählen. Das machen auch die Plakate und Transparente deutlich, mit denen sie ihre Maschinen und Anhänger geschmückt haben. »Wer, wenn nicht wir, soll der Atomlobby Einhalt gebieten?« steht da. Oder: »AKW off, sonst gibt es Zoff«.
Am Dienstag nachmittag machte der auf rund 100 Traktoren, Trucks und Begleitfahrzeuge angewachsene Konvoi in der Ortschaft Sickte halt. Die Initiative »Bürgeraktion Sichere Asse« (BASA) hatte Gäste aus dem Wendland zu Kaffee, Sprudel und selbstgebackenem Kuchen eingeladen. Auf dem Platz vor dem Einkaufszentrum herrscht Volksfeststimmung. Samtgemeindebürgermeister Arne Pautsch (CDU) begrüßt den Treck vom »Mobilisierenden Musik-Kampf-Wagen« aus. Der Anhänger dient den Gorleben-Widerständlern seit Jahren als fahrbare Bühne. Kerstin Rudek, die Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, überreicht Pautsch eine Wendlandfahne – orangefarbene Sonne auf grünem Grund. Im Gegenzug erhält Rudek ein gelbes »A« aus Holz, das Symbol der Asse-Gegner.
Während sich in Sickte der Protestzug langsam zur Weiterfahrt rüstet, steht rund 20 Kilometer weiter Udo Dettmann auf einem staubigen Acker in Sichtweite des Atommülllagers Asse. Er telefoniert mit zwei Handys gleichzeitig, tippt dabei auf Landkarten, weist Versorgungsfahrzeuge ein. Dettmann gehört zu den Aktiven der örtlichen Bürgerinitiativen, und das abgeerntete Feld ist das Nachtlager für den Treck. Die »Volksküche« ist auch schon da. Vier junge Männer mit Rastalocken bzw. Pferdeschwänzen putzen Paprika und schälen Kartoffeln.
Auf den Waldwegen rund um das Bergwerk Asse patrouiliert berittene Polizei, auf dem Betriebsgelände ist eine Hundertschaft zusammengezogen worden. So etwas wie am Vorabend werde nicht noch einmal passieren, hatten Beamte angekündigt. Da hatten Treck-Teilnehmer an der Einzäunung des geplanten Endlagers für schwach und mittelradioaktiven Abfall, Schacht Konrad in Salzgitter, gerüttelt und sich mit Polizisten gerangelt.
Nach einer ruhigen »Nacht am Schacht« mit Chormusik, heißer Suppe und Feuern in gelben Blechtonnen starten die Atomgegner am Mittwoch morgen doch noch eine Überraschungsaktion. Traktoren blockieren die Zufahrtsstraße zum Asse-Schacht, etwa 100 Leute öffnen das Tor und dringen auf das Gelände vor, rund ein Dutzend besetzt vorübergehend den Förderturm. Vor dem Zaun protestieren weitere Menschen mit Transparenten: »Stoppt das dreckige Atomgeschäft«, heißt es. Und »Merkel aufpASSEn.« Nach einer halben Stunde ist die Aktion beendet, Polizei und Werkschutz haben sich zurückgehalten. Erneut lassen die Bauern ihre Trecker an, am Mittwoch mittag erreicht der Konvoi Schöppenstedt.
Quelle: jungewelt.de
Bild oben Schacht Konrad: Karin Behr / PubliXviewinG
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