Vor 30 Jahren wurden abgebrannte Brennelemente eingelagert
Von Reimar Paul
Im niedersächsischen Atommüllendlager Asse liegt entgegen offiziellen Beteuerungen doch hochradioaktiver Abfall. Diesen Vorwurf erheben Bürgerinitiativen, atomkritische Wissenschaftler und Politiker der LINKEN. Gleichzeitig wurde bestätigt, dass die radioaktiv belastete Lauge im Bergwerk aus korrodierenden Atommüllfässern stammt.
Dokumente, deren Kopien dem ND vorliegen, zeigen, dass zwischen 1973 und 1976 mindestens 94 Fässer mit kugelförmigen Brennelementen aus einem Versuchsreaktor im Kernforschungszentrum Jülich in die Asse gebracht wurden. Die Fraktion der LINKEN im Niedersächsischen Landtag spricht sogar von »mehreren hundert Fässern mit hochradioaktivem Atommüll« in der Asse. Zwar deklarieren die Begleitpapiere die radioaktiven Kugeln als schwach aktiven Müll, doch der Göttinger Chemie-Professor Rolf Bertram sagt: »Die Grafitkugeln sind bestrahlte Brennelemente und fallen natürlich unter die Rubrik hochradioaktiv.«
Die in Beton eingegossenen Grafitkugeln aus dem Versuchsreaktor enthalten den Papieren aus Jülich zufolge unter anderem die radioaktiven Stoffe Cäsium-134, Scandium-46, Europium-154, Ruthenium-155, Antimon-124 sowie das radioaktive Kohlenstoff-Isotop C-14. Bertram wies gestern zudem daraufhin, dass sich im Endlager Asse rund ein Kilogramm des hochradioaktiven Stoffes Americium-241 befindet. »Americium ist ein Zerfallsprodukt von Plutonium und der stärkste Alpha-Strahler, den es überhaupt gibt«, so der Wissenschaftler. Bertram ist einer von drei Experten, die den Landkreis Wolfenbüttel zum Thema Asse fachlich beraten.
Die Grafitkugeln stammen aus einem von 1959 bis 1966 in Jülich gebauten Prototypen für den später in Hamm errichteten Hochtemperaturreaktor (HTR). Hochtemperaturreaktoren werden mit Gas statt mit Wasser gekühlt. Sowohl der Versuchsreaktor in Jülich als auch der Leistungsreaktor in Hamm wurden nach etlichen Pannen stillgelegt.
Unterdessen bestätigen neue Untersuchungen, dass die bislang ungeklärte radioaktive Vermischung von Salzlauge in der Asse von verrostenden oder undichten Atommüllfässern in mindestens einer Lagerkammer herrührt. Nach dem vom Umweltministerium in Hannover vorgestellten Gutachten der Technischen Universität Clausthal und des Forschungszentrums Jülich hat die Lösung Kontakt mit dem Atommüll gehabt. Die mit Cäsium-137 und anderen radioaktiven Stoffen verstrahlte Lauge tritt seit Jahren in 750 Metern Tiefe auf. Grenzwerte wurden zum Teil um das Zehnfache überschritten. Laugenzuflüsse gibt es zudem in höheren Bereichen des Endlagers, dort dringen täglich etwa zwölf Kubikmeter Flüssigkeit in das Bergwerk ein.
Der Landrat von Wolfenbüttel, Jörg Röhmann (SPD), wirft dem Betreiber des Bergwerkes Versäumnisse vor. Den Umgang mit radioaktiv belasteter Lauge bezeichnete Röhmann als »undifferenziert und planlos«. Er sagte: »Das sind Bergleute, die verstehen bis heute nicht, dass es um hoch gefährliche Atomabfälle geht.«
Die Grünen-Landtagsfraktion sieht sich in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt. »Ganz offenbar lecken die Fässer schon nach 30 Jahren«, sagt Fraktionschef Stefan Wenzel. Zugleich kritisierte er, die Öffentlichkeit werde nur scheibchenweise informiert.
Quelle: Neues Deutschland
Von Reimar Paul
Im niedersächsischen Atommüllendlager Asse liegt entgegen offiziellen Beteuerungen doch hochradioaktiver Abfall. Diesen Vorwurf erheben Bürgerinitiativen, atomkritische Wissenschaftler und Politiker der LINKEN. Gleichzeitig wurde bestätigt, dass die radioaktiv belastete Lauge im Bergwerk aus korrodierenden Atommüllfässern stammt.
Dokumente, deren Kopien dem ND vorliegen, zeigen, dass zwischen 1973 und 1976 mindestens 94 Fässer mit kugelförmigen Brennelementen aus einem Versuchsreaktor im Kernforschungszentrum Jülich in die Asse gebracht wurden. Die Fraktion der LINKEN im Niedersächsischen Landtag spricht sogar von »mehreren hundert Fässern mit hochradioaktivem Atommüll« in der Asse. Zwar deklarieren die Begleitpapiere die radioaktiven Kugeln als schwach aktiven Müll, doch der Göttinger Chemie-Professor Rolf Bertram sagt: »Die Grafitkugeln sind bestrahlte Brennelemente und fallen natürlich unter die Rubrik hochradioaktiv.«
Die in Beton eingegossenen Grafitkugeln aus dem Versuchsreaktor enthalten den Papieren aus Jülich zufolge unter anderem die radioaktiven Stoffe Cäsium-134, Scandium-46, Europium-154, Ruthenium-155, Antimon-124 sowie das radioaktive Kohlenstoff-Isotop C-14. Bertram wies gestern zudem daraufhin, dass sich im Endlager Asse rund ein Kilogramm des hochradioaktiven Stoffes Americium-241 befindet. »Americium ist ein Zerfallsprodukt von Plutonium und der stärkste Alpha-Strahler, den es überhaupt gibt«, so der Wissenschaftler. Bertram ist einer von drei Experten, die den Landkreis Wolfenbüttel zum Thema Asse fachlich beraten.
Die Grafitkugeln stammen aus einem von 1959 bis 1966 in Jülich gebauten Prototypen für den später in Hamm errichteten Hochtemperaturreaktor (HTR). Hochtemperaturreaktoren werden mit Gas statt mit Wasser gekühlt. Sowohl der Versuchsreaktor in Jülich als auch der Leistungsreaktor in Hamm wurden nach etlichen Pannen stillgelegt.
Unterdessen bestätigen neue Untersuchungen, dass die bislang ungeklärte radioaktive Vermischung von Salzlauge in der Asse von verrostenden oder undichten Atommüllfässern in mindestens einer Lagerkammer herrührt. Nach dem vom Umweltministerium in Hannover vorgestellten Gutachten der Technischen Universität Clausthal und des Forschungszentrums Jülich hat die Lösung Kontakt mit dem Atommüll gehabt. Die mit Cäsium-137 und anderen radioaktiven Stoffen verstrahlte Lauge tritt seit Jahren in 750 Metern Tiefe auf. Grenzwerte wurden zum Teil um das Zehnfache überschritten. Laugenzuflüsse gibt es zudem in höheren Bereichen des Endlagers, dort dringen täglich etwa zwölf Kubikmeter Flüssigkeit in das Bergwerk ein.
Der Landrat von Wolfenbüttel, Jörg Röhmann (SPD), wirft dem Betreiber des Bergwerkes Versäumnisse vor. Den Umgang mit radioaktiv belasteter Lauge bezeichnete Röhmann als »undifferenziert und planlos«. Er sagte: »Das sind Bergleute, die verstehen bis heute nicht, dass es um hoch gefährliche Atomabfälle geht.«
Die Grünen-Landtagsfraktion sieht sich in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt. »Ganz offenbar lecken die Fässer schon nach 30 Jahren«, sagt Fraktionschef Stefan Wenzel. Zugleich kritisierte er, die Öffentlichkeit werde nur scheibchenweise informiert.
Quelle: Neues Deutschland